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Das verborgene Kind

Das verborgene Kind

Titel: Das verborgene Kind Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Marcia Willett
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kleiner Bursche, der sich gut entwickelte – und Rosie liebte ihn über alles. Seinetwegen hatte sie Bab beinahe abgelegt; nur wenn sie unglücklich oder müde war, griff sie zum Trost noch immer nach dem Hasen.
    Imogen dachte daran, wie sie sich einmal eingebildet hatte, dass das Stofftier Nick ähnele, und zog eine beschämte Grimasse. Zwischen ihr und Jules lief es sehr viel besser, obwohl sie immer noch Momente erlebte, in denen eine SMS von Nick oder seine Stimme sie aufheiterten. Er war ihr ein Trost, den sie noch nicht aufgeben mochte. Sie griff nach einem Kleidungsstück und warf einen Blick über die Schulter, um sich zu vergewissern, dass Rosie nichts tat, was sie nicht tun sollte. Noch ein Vorteil der Scheune war, dass der kleine Garten nur aus einem einfachen Areal aus Pflastersteinen und Rasen bestand. Die Feriengäste hatten nur einen Platz gebraucht, wo sie grillen und die herrliche Heidelandschaft der Umgebung auf sich wirken lassen konnten, während sie ihre verkohlten Würstchen verspeisten, und Im war das nur recht. Die dichte Buchenhecke und das stabile Tor sorgten dafür, dass sowohl Rosie als auch das Hündchen in Sicherheit waren, und es gab keine Blumenbeete, die man aufwühlen oder wo man sich schmutzig machen könnte. Perfekt.
    Wenn man es richtig bedachte, hätte das Sommerhaus ihnen eine ganze Menge Probleme bereitet. Imogen war erstaunt darüber, wie froh sie inzwischen war, dass sie nicht darauf bestanden hatte, dort einzuziehen. Die Scheune war einfach praktisch für Jules, denn seine Praxis lag kaum zehn Minuten entfernt. Ihn freute, dass ihr die Scheune so gefiel, und es war ziemlich süß, wie er eines Abends mit dem Welpen aufgetaucht war, obwohl sie schon glaubte, wegen ihrer Unentschlossenheit beim Thema Wohnort habe sie die Chance auf einen Hund verwirkt.
    »Sie hatten ihn für uns reserviert«, hatte Jules erklärt und ihr das zappelnde Bündel entgegengestreckt. »Er ist ein Geschenk zum Einzug.«
    Natürlich war sie überwältigt gewesen von Liebe, schlechtem Gewissen und Reue. In dieser Nacht hatten sie zum ersten Mal seit ewigen Zeiten wieder miteinander geschlafen, während der Welpe, der seine Mutter vermisste, in seinem neuen Körbchen erbärmlich jaulte.
    Die Websters, die ein Stück weiter am Fahrweg im Gutshaus lebten, waren nette Nachbarn. Sie waren lieb und freundlich und überglücklich, dass ihr geschätzter Tierarzt und seine Familie in der Scheune lebten. Sie liebten Rosie über alles und verwöhnten sie nach Strich und Faden. Und Mrs Webster – Jane – war immer bereit, für eine Stunde oder länger auf die Kleine aufzupassen, was wundervoll war.
    Imogen hängte das letzte Kleidungsstück auf, sah entzückt über die Goat Bridge auf die Heide hinaus und lauschte dem klaren, übersprudelnden Gesang einer Feldlerche. Unter ihr balancierten zwei hübsche Exmoor-Schafe auf einem Felsvorsprung, und sie sah eine Herde Rotwild gemächlich auf den grasigen Abhängen von Roosthitchen äsen.
    Die Wäsche wehte im kräftigen, warmen Westwind; Strümpfe, Hemden und Jeans tanzten auf der Leine und schienen sich mit gestreckten Zehen, langen Armen und strampelnden Beinen nach den Chains aufmachen zu wollen. Hinter Imogen quietschte Rosie. Sie war auf den Hof hinausgekrabbelt, und der Welpe leckte ihr begeistert das Gesicht.
    »Wie willst du ihn nennen?«, hatte Jules gefragt – und Im hatte das weiche, warme Bündel im Arm gehalten und die Wange an sein Fell geschmiegt.
    »Ich weiß es nicht«, hatte sie geantwortet. »Noch nicht. Es ist zu früh.«
    Daher hieß er immer noch »Hündchen« oder »Wau-wau« für Rosie, weil sich noch kein richtiger Name angeboten hatte.
    Imogen rettete Rosie und hob sie hoch in die Luft, als im Haus ihr Handy klingelte. Das schlechte Gewissen zog ihr das Herz zusammen: wahrscheinlich Nick. Er hatte mit Alice immer noch keinen Ausgleich oder eine Lösung gefunden und suchte Zuspruch; sie konnte ihn unmöglich ignorieren. Schließlich war er so nett und verständnisvoll gewesen, als sie nicht an Jules herangekommen war.
    Durch den Hauswirtschaftsraum ging sie nach drinnen. Rosie trug sie auf dem Arm, und der kleine Hund sprang hinter ihr her. Das Innere der ehemaligen Scheune war unglaublich; immer noch verschlugen ihr die gewaltigen Ausmaße, die hohe Balkendecke, die riesigen – jetzt blank polierten – Tore, durch die einst die Karren gefahren waren, und die große, aus Stein gemauerte Kaminecke den Atem. Sie setzte Rosie auf den

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