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Das verbotene Eden 02 - Logan & Gwen

Das verbotene Eden 02 - Logan & Gwen

Titel: Das verbotene Eden 02 - Logan & Gwen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Thomas Thiemeyer
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war.
    Der Inquisitor entblößte seinen Oberkörper. Das Buch offen vor sich aufgeschlagen, den Raum von einigen wenigen Kerzen beleuchtet, griff er nach der mit Lederbändern umwickelten Geißel. Er trat einen Schritt zurück, erhob sein Gesicht zum Himmel und schloss die Augen. Dann ließ er das Marterinstrument auf seinen Rücken fahren.
    Der Schmerz raubte ihm den Atem. Als die neun flammenden Zungen seine Haut durchschnitten, war es, als würden alle gepeinigten Seelen der Hölle aufschreien. Er selbst hätte am liebsten mitgeschrien, doch er wollte dem Antichrist dieses Vergnügen nicht gönnen. Er presste ein unartikuliertes Zischen zwischen seinen Lippen hervor. »Vater unser, der Du bist im Himmel.«
    Wieder schlug er zu.
    »Geheiligt werde Dein Name.«
    Ein weiterer Hieb.
    »Dein Reich komme.«
    Klatsch.
    »Dein Wille geschehe.«
    Noch ein Schlag.
    »Wie im Himmel so auch auf Erden.«
    Zack.
    Mittlerweile strömten die Tränen nur so über seine Wangen. Sein Rücken fühlte sich an, als stünde er in Flammen. Der Boden um ihn herum war mit Blutspritzern bedeckt. Noch immer hielt er die lederne Knute fest umklammert, doch er spürte, wie seine Hände zitterten. Er war nicht mehr der Jüngste. Die Geißelungen belasteten seinen Kreislauf mehr und mehr. Doch nichts war heilsamer als der Schmerz. Wenn er heute Nacht wieder nicht schlafen konnte, so würde er sich daran erinnern, dass es nur einer einzigen Verfehlung bedurft hatte, um das Höllenfeuer in Gang zu setzen.
    Marcus Capistranus ließ die Geißel sinken. Er hatte keine Kraft mehr für einen weiteren Durchgang. Er musste seine Gedanken auf die anstehende Mobilmachung konzentrieren. Späher berichteten, dass bei den Frauen ungewöhnlich hohe Truppenaktivitäten herrschten. Reiterinnen wurden aus allen Teilen des Landes zusammengezogen und versammelten sich in Glânmor. Natürlich konnte niemand mit Bestimmtheit sagen, was hinter den Mauern der Stadt vor sich ging, aber das war auch nicht notwendig. Die Frauen rüsteten ihre Truppen für den Krieg, das war alles, was Capistranus wissen musste.
    Unter Schmerzen kleidete er sich wieder an und läutete dann die Glocke. Sofort erschien sein Kammerdiener.
    »Euer Eminenz?«
    »Wisch das weg«, sagte Capistranus und deutete auf das Blut. »Und lass die Geißel reinigen.«
    »Jawohl, mein Herr. Soll ich den Medicus rufen?«
    »Nicht nötig. Mein Körper ist immer noch in der Lage, allein damit fertig zu werden. Was du tun kannst, ist, mir Papier und Feder zu bringen. Ich muss eine Aufstellung unserer Reserven vornehmen. Eine Arbeit, die ich schon viel zu lange vor mir hergeschoben habe.«
    »Sehr wohl, mein Herr.«
    »Und sieh zu, dass du die Führer der Heiligen Lanze hierherholst. Ich möchte sie in die Pläne zur Verteidigung unserer Stadt einweihen. Uns stehen harte Wochen bevor.«
    »Wird es sehr schlimm werden?«
    Capistranus schüttelte missbilligend den Kopf. Eigentlich gingen den Kammerdiener solche Dinge nichts an, aber offenbar war der Mann wirklich besorgt.
    »Ich will dir nichts vormachen, Heinrich, aber die Dinge stehen schlecht. Seit Alexander die anderen Clans unter seine Fuchtel gebracht hat, geht uns der Nachschub aus. Versorgung, Rekruten, Proviant – es fehlt an allem. Wenn es stimmt, was mir die Späher berichten, rotten sich die Frauen in großen Verbänden zusammen. Gut möglich, dass sie uns von mehreren Seiten angreifen. Wenn das geschieht, sehe ich schwarz. Gewiss, wir können ihnen Verluste zufügen, aber sie schlagen?« Er wackelte mit dem Kopf. »Schlagen können wir sie nur mit Hilfe der Clans.«

42
    D ie Tage vergingen. Gwen hielt das Haus in Ordnung, während die anderen ihrer Arbeit nachgingen und die neue Bequemlichkeit genossen. Sich morgens, mittags und abends an einen gedeckten Tisch setzen zu können war ein Luxus, den die drei Männer sichtlich genossen, auch wenn sie das Gwen gegenüber nicht zugaben. Besonders Gunnar verschanzte sich hinter Einwortsätzen, knappen Grunzlauten und harschen Gesten. Gwen spürte jedoch, dass er den störrischen Patriarchen nur spielte. In Wirklichkeit war er ein guter Mann.
    Während er und Logan in der Schmiede arbeiteten, wurde Dachs zu Gwens ständigem Begleiter. Er zeigte ihr, wo alles war, unterwies sie in den Grundzügen der Zeichensprache und spielte mit Füchschen. Gwen erzählte ihm im Gegenzug Geschichten – vor allem Märchen –, von denen der Junge gar nicht genug bekommen konnte. »Hänsel und Gretel«, »Der Teufel mit

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