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Das Verlies der Stuerme

Das Verlies der Stuerme

Titel: Das Verlies der Stuerme Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Boris Koch
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knurrte Yanko schwer atmend und legte seinen Arm um Nica. »Das hätte ich nicht zugelassen.«
    »Ich weiß.« Sie lächelte.
    Und Ben dachte, dass man Heldentaten vielleicht nicht immer vollbringen musste – manchmal reichte es auch, sie zu versprechen. Er führte sie weiter auf den Platz, an dem die Gastwirtschaft Zum Drachen der Ordensritter stand. Auch dort herrschte noch allerlei Leben, doch niemand belästigte Nica.
    Neugierig wurde sie gemustert, jedoch nicht angesprochen, nicht einmal gefragt, ob sie irgendjemandes Jungfrau werden wollte.
    Einer plötzlichen Eingebung folgend ging Ben weiter bis in die breite Warenstraße, in der alle größeren Händler der Stadt eine Niederlassung hatten. Die breiten Gebäude mit den verzierten Säulen und riesigen Fenstern hätten Ben niemals auf die Idee gebracht, dass die Händler in Rhaconia wegen des Ordens schlechte Geschäfte machten. Selbst die kleinste Niederlassung wirkte größer und prächtiger als jedes Geschäft in Trollfurt. Hier boten sie von Sonnenaufgang bis Sonnenuntergang die unterschiedlichsten Waren aus fernen Ländern feil.
    »Weißt du, welches Finta gehört?«, fragte Nica, und Ben deutete auf ein vierstöckiges Bauwerk mit blau geäderten Marmorsäulen und Wänden aus poliertem rotem Stein; die Klinken der mächtigen doppelflügligen Tür waren aus Gold,
die Tür selbst aus geschwärzter Eiche und ihr Rahmen mit detaillierten Schnitzereien verziert.
    »Verschuldet, hm?«, brummte Yanko. »Scheint einträglich zu sein, das Schuldenmachen.«
    »Hab ich auch schon gesagt«, betonte Ben.
    Gegenüber von Fintas Niederlassung blieb Nica vor einer breiten Fensterfront voll exotischer Kleidung stehen. Manche der ausgestellten Röcke und Kleider schienen mit schimmernden Silberfäden durchwirkt zu sein, die Jacken und Mäntel besaßen Knöpfe aus Edelstein, und eine Bluse hatte einen unschicklich tiefen Ausschnitt.
    »Scheint auch ein verschuldeter Händler zu sein.« Lachend deutete Yanko auf die breite Zierleiste aus Silber über dem Fenster, aus der Schemen gestanzt worden waren, die die Geschichten zahlreicher gefahrvoller Meeresüberquerungen erzählten.
    »Schaut es euch später an«, sagte Ben und zerrte seine Freunde weiter. »Erst kümmern wir uns um das, wofür wir gekommen sind.«
    »Und das wäre?«
    »Da.« Er deutete auf eine Schreibstube fast ganz am Ende der Straße, an die er sich gerade wieder erinnert hatte. Tagsüber war hier alles mit Menschen überfüllt gewesen, kein Ort, an dem man leicht etwas klauen konnte. Doch in der Nacht war die Straße so verlassen wie die geschlossenen Geschäfte.
    Die Schreibstube wirkte in ihrer Schlichtheit und ohne all den Pomp der anderen Häuser fast schäbig und unscheinbar. Sie war nur wenige Schritt schmal, jedoch ebenfalls vier Stockwerke hoch und schloss nahtlos an die Handelsniederlassungen rechts und links an. Die Tür war massiv und mit Eisen beschlagen, das Fenster im Erdgeschoss vergittert.

    »Und was sollen wir hier?«, fragte Yanko.
    »Na, hinein«, sagte Ben. »Kannst du das Schloss knacken?«
    »Wieso ich?«
    »Dein Vater ist Schmied in Trollfurt.«
    »Und du bist der Taugenichts von Trollfurt. Wer sollte da eher …?«
    »Lasst mich mal.« Nica drängte sich an ihnen vorbei und zog eine Ziernadel aus dem Haar. Eine Weile stocherte sie damit im Schloss herum, während die Jungen sie anstarrten. Doch das Schloss wollte nicht aufspringen.
    »Lasst es uns von hinten probieren«, sagte Ben schließlich, der schon in Falcenzca gute Erfahrungen mit Hinterhöfen gesammelt hatte. Suchend liefen sie einmal um den Block und fanden tatsächlich auf der Parallelstraße einen geöffneten Gasthof, durch den sie unbeachtet huschen konnten. Auf der Rückseite erstreckte sich ein schmaler Hof, der durch einen mannshohen Bretterzaun von den Nachbarn zu beiden Seiten abgegrenzt war. Behände kletterte Ben hinüber. Yanko half zuerst Nica hinauf, und während sie sich drüben auf den Boden fallen ließ, folgte er ihnen. Mehrere Zäune überwanden sie auf diese Weise, dann hatten sie die Rückseite der Schreibstube erreicht. Auch hier war das Fenster im Erdgeschoss vergittert und die abgeschlossene Tür massiv.
    »Und jetzt?« Yanko sah Ben an, als wolle er sagen: Alles deine Idee.
    »Helft ihr mir da rauf.« Nica deutete zum ersten Stock hoch, wo ein Fenster halb offen stand.
    »Warum du?«
    »Ich bin die Leichteste.«
    Dies zu bestreiten, wagte natürlich keiner der Jungen. Also stieg Yanko auf das hoch

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