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Das verlorene Land

Das verlorene Land

Titel: Das verlorene Land Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: J Birmingham
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durchgeschwitzt, schmutzig und nass, und es juckte sie überall.
    »Sieht ganz so aus, als würden sie eine Art gepanzerte Einsatztruppe zusammenstellen, um gegen die Straßenzüge weiter nördlich vorzugehen«, sagte Rhino und schüttelte die Regentropfen von seiner Gore-Tex-Armeejacke.
    Alle möglichen Arten von gepanzerten Fahrzeugen, darunter sogar einige Panzer rollten durch die Straßen um den kleinen Park herum. Im Nordosten war nicht viel zu erkennen, aber die lauten Donnerschläge und die Blitze
deuteten darauf hin, dass dort irgendetwas Unerfreuliches ablief.
    »Na, das ist ja wirklich großartig«, erwiderte Julianne locker. In ihrer Regenjacke fühlte sie sich relativ trocken. »Am besten machen wir uns auch auf den Weg Richtung Norden, vielleicht kommen wir ja per Anhalter ein Stück weiter … das war übrigens sarkastisch gemeint«, fügte sie hinzu. »Nur für den Fall, dass du den Gedanken, auf einem Panzer mitzufahren, womöglich lustig findest.«
    Rhino schaute weiter durch das Fernglas und sparte sich eine Antwort.
    »Vielleicht sollten wir Richtung Fluss gehen«, schlug sie jetzt wieder ernsthafter vor und trat von der Dachkante zurück, um sich den Weg durch das nasse Pflanzengestrüpp zu einem Aussichtspunkt ein Stück weiter weg zu bahnen. An dieser Stelle wuchsen die Pflanzen nicht so üppig, weil sie die Hälfte des Tages im Schatten eines Dachaufbaus lagen. Die Straße unter ihnen war verstopft mit zahllosen Autowracks und Müllcontainern. Es sah aus, als würde ein kleiner Fluss sich durch die Straße ergießen. An der Ecke zur Seventh Avenue bemerkte sie etwas Außergewöhnliches, dort sprudelte eine Art Geysir aus dem U-Bahn-Eingang. Sie fragte sich, ob die ganze Stadt nicht irgendwann zusammenbrechen und im Fluss, der um sie herum strömte, versinken würde.
    »Nee, nach Westen können wir nicht«, sagte Rhino und bewegte dabei ein Stück Kautabak von einer Seite des Mundes auf die andere. Julianne bereitete sich auf das unvermeidliche Ausspucken des Tabaksafts vor und …
    Da war es auch schon.
    Es schüttelte sie jedes Mal vor Ekel, wenn er das tat, aber da er nun mal keine Zigarren rauchen durfte, weil man sie in der Dunkelheit dann bemerken konnte, bestand er darauf, seine Nikotin-Ration in Form von »Stangen«, wie er sie nannte, zu sich zu nehmen.

    »Das wird nichts, Miss Julianne«, fuhr er fort. »Ich habe Lewis eine ganze Weile ausgequetscht, um herauszufinden, wer welche Teile der Stadt kontrolliert, und er hat mir gesagt, dass die Gegend nördlich der Achtzehnten und westlich der Achtzigsten von den Serben, Russen, Tschetschenen und Rastas umkämpft wird. Da wollen wir bestimmt nicht zwischen die Fronten geraten.«
    Eine enorme Explosion rund zwei Kilometer weiter nördlich schickte einen grellen Feuerball in den Himmel, der funkensprühend zerbarst.
    »Ich denke, ich muss wohl nicht deutlich darauf hinweisen, dass ich mit diesen Kaputtniks dort drüben nichts zu tun haben will, oder?«
    »War das jetzt wieder sarkastisch gemeint, Miss Julianne?«
    »Ja, sarkastisch. Ich fürchte, im Augenblick habe ich nur noch die niedrigste Form von Humor zu bieten. Traurig, wenn man bedenkt, dass ich mal eine Eins im Rhetorik-Kurs in Cambridge hatte.«
    »Und ich dachte immer, Sie hätten sich irgendwie durchs College gemogelt.«
    »Durchgemogelt und durchgevögelt, aber ich verfüge trotzdem über einige Grundkenntnisse. Das liegt mir gewissermaßen im Blut. Mein Daddy hat sich immer auf sein Köpfchen verlassen, jedenfalls bis zu dem Tag, an dem er sich das Gehirn rausgepustet hat.«
    Rhino nahm das Fernglas herunter und trat zu ihr an die Stelle, wo das Grünzeug weniger dicht wucherte. Julianne kannte einige der Pflanzen, die hier oben wild sprossen, japanischer Ahorn war darunter, der seine Kübel gesprengt hatte und nun große Teile des Rasens okkupierte. Auch Tomatenstauden und so was Ähnliches wie Zucchini waren zu sehen, aber das meiste sah einfach nur aus wie Unkraut und wild wucherndes Durcheinander. Rhino spuckte den Rest seines Kautabaks aus, riss eine kleine
Tomate ab und biss hinein. Dann verzog er das Gesicht und spuckte wieder aus.
    »Eklig.«
    Das Trommelfeuer der schweren Waffen begann erneut, Sekunden später zuckte Julianne zusammen, als ein Kampfjet aus den Wolken nach unten stieß und eine Reihe Bomben fallen ließ, deren Detonationen die ganze Stadt erzittern ließen. Dann verschwand das Flugzeug mit laut aufheulenden Triebwerken in den Wolken. Das Trommelfeuer

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