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Das verlorene Land

Das verlorene Land

Titel: Das verlorene Land Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: J Birmingham
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Triebe wucherten. In zwanzig Jahren, dachte Miguel, würde das alles hier wieder ein dichter Wald sein.
    Aronson pfiff trillernd wie ein Nachtvogel, und fünf Schatten hoben sich aus dem Gras vor ihnen. Miguel war beeindruckt. Er hatte nicht erwartet, dass die Mormonen
sich hier versteckt hielten, und er hätte sie niemals bemerkt, wenn er nicht besonders aufmerksam gewesen wäre. Sie hatten nicht einmal das Gras niedergedrückt und nur einen kaum sichtbaren Pfad hinterlassen, als sie darüber gegangen waren. Er bemerkte die Umrisse von Willem D’Age und hörte seine gedämpfte, ängstliche Stimme.
    »Was habt ihr gesehen, Bruder Aronson? Leben unsere Frauen noch? Geht es ihnen gut?«
    »Sie leben noch«, sagte Miguel, bevor der andere mit seinen Äußerungen Panik unter seinen Freunden verbreitete oder sie in blinde Wut versetzte. »Und sie werden auch weiterleben, wenn wir einen kühlen Kopf bewahren.«
    Die Männer umringten die Kundschafter. Miguel hielt sich zurück, während Aronson einen knapp gefassten, klaren Bericht von dem, was sie gesehen hatten, lieferte. Es gelang ihm, das Unbehagen zu unterdrücken, das er verspürt hatte, als er die Frauen gesehen hatte, und er hielt sich diesbezüglich gegenüber seinen Freunden zurück. Trotzdem reagierten sie empört.
    »Diese Mistkerle, glauben die etwa, unsere Frauen seinen ihr Eigentum?«, ereiferte sich D’Age.
    »Sie behandeln sie sehr schlecht«, sagte Aronson.
    »Dann sollten wir sofort losgehen und sie befreien«, meldete sich eine weitere Stimme. »Wir werden die Rache des Herrn über sie bringen.«
    Der so gesprochen hatte, war noch sehr jung. Miguel kannte ihn, es war der Junge namens Orin. Er fuchtelte mit einem Militärgewehr herum, und Miguel konnte im schwachen Licht des Mondes und der Sterne erkennen, dass er aufgebracht war und angespannt wie ein Bogen, der zu lange sehr gedehnt worden war. Er legte eine Hand auf die des Jungen, damit er aufhörte, die Waffe hin und her zu schwenken.
    »Hör zu, Junge«, sagte er leise, aber sehr bestimmt. »Das ist kein Spiel. Wir werden diese Männer heute Nacht
töten. Oder sie werden uns töten. Es ist kein Spaß. Nimm deine Waffe weg, bis sie wirklich gebraucht wird. Es wird früh genug Blut vergossen werden.«
    Miguel hob sein eigenes Gewehr, seine heiß geliebte Winchester, und zeigte sie dem Jungen.
    »Mit dieser Waffe habe ich auf fünf Männer geschossen. Sie sind jetzt alle tot. Verstehst du? Du sollst nicht so mit deinem Gewehr herumfuchteln. Es ist kein Spielzeug. Jedes Mal, wenn ich mit dem hier auf jemanden gezielt habe, habe ich auch getroffen, verstanden?«
    Der aufgebrachte Junge schwieg, ebenso die anderen Männer.
    »Gut«, sagte Miguel. »Dann können wir ja alles vorbereiten.«
     
    Miguel hörte das Muhen der Kühe, noch bevor er ihren Geruch wahrnahm, dann wechselte der Wind die Richtung, und er roch die altbekannten Ausdünstungen der Tiere. Sie stiegen ihm in die Nase, in die Kehle, der typische Gestank von frischer Scheiße an den Schuhen. Miguel lächelte dünn. Er ging nicht davon aus, dass die Road Agents, die die gestohlenen Tiere bewachten, schlau genug waren, seinen speziellen Geruch in der Nachtluft zu bemerken. Wenn man zu so einer Aufgabe abkommandiert wurde, während die anderen eine Party feierten, dann gehörte man zu den niederen Chargen einer Gruppe. Sehr wahrscheinlich waren die Wachposten Neulinge ohne besondere Fertigkeiten. Trotzdem würde er ihnen genügend Beachtung schenken, wie es bei Männern angebracht war, die ohne Skrupel töten würden, wenn sie die Gelegenheit dazu hatten.
    Diese Gelegenheit würden sie niemals bekommen.
    Zwei Stunden lang hatte er sie jetzt beobachtet, während sie ihre Runden um das Footballfeld gegangen waren, das direkt neben einer Umgehungsstraße lag, die um den
südwestlichen Teil der Stadt verlief. Die Umzäunung des Sportplatzes hatte kaum gelitten in den drei Jahren, in denen sich niemand darum gekümmert hatte. So hatten die Road Agents einen brauchbaren Ort gefunden, an dem sie ihre jüngst gestohlene Rinderherde unterbringen konnten, während sie sich im nicht weit entfernten Hy Top Club vergnügten. Der Nachtclub lag schätzungsweise zehn oder fünfzehn Minuten zu Fuß von hier entfernt, je nachdem, wie groß das Risiko war, das man eingehen wollte – immerhin konnte man sich leicht einen Knöchel verstauchen, wenn man durch die umliegenden verwucherten Gärten lief.
    Der Lärm des wüsten Gelages war in den letzten zwanzig

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