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Das Vermächtnis der Feuerelfen

Das Vermächtnis der Feuerelfen

Titel: Das Vermächtnis der Feuerelfen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: PeP eBooks
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bist.«
    »Und wer bin ich?« Caiwen schaute ihre Mutter erwartungsvoll an.
    »Du bist ein Teil von mir, aber nicht nur, denn du bist auch die Tochter deines Vaters. So wie du mein Erbe in dir trägst, trägst du auch das seine in dir. Beides zusammen macht dich zu etwas Einzigartigem.«
    »Das sind schöne Worte, aber sie sagen mir nichts. Wer ist mein Vater?«
    »Das darf ich dir nicht verraten.« Ihre Mutter schüttelte den Kopf. »Ich habe es geschworen.«
    »Na wunderbar.« Caiwen wollte in diesem kostbaren Augenblick nicht mit ihrer Mutter streiten, aber sie spürte hilflose Wut
in sich aufsteigen. »Das heißt, ich bleibe unwissend und fürchte mich weiter.«
    »Furcht ist nicht immer der schlechteste Begleiter«, sagte Elethiriel sanft. »Sie zwingt uns zur Vorsicht und bewahrt uns davor, übereilt zu handeln. Nimm sie an als einen Teil deiner selbst, nur so kannst du lernen, sie zu überwinden.«
    Caiwen dachte einen Augenblick über die Worte nach. Dann fragte sie: »Werde ich zurückkehren?«
    »Das kann selbst ich dir nicht sagen.« In den Worten ihrer Mutter schwang eine Trauer mit, die Caiwen fast körperlich spürte. »Ich wünschte, ich könnte es, aber auch wir, die zwischen den Welten leben, können nicht in die Zukunft sehen. Was sein wird, liegt allein in deinen Händen.«
    »Und in denen des Schicksals.« Caiwen seufzte. Dann blickte sie wieder ihre Mutter an, deren Konturen allmählich undeutlich wurden. »Glaubst du, wir sehen uns wieder?«
    »Ganz sicher.« Elethiriel lächelte. »Irgendwann. Doch jetzt muss ich gehen, der Morgen naht.« Sie strich Caiwen mit feucht-kühler Nebelhand noch einmal sanft über die Wange. »Hab Vertrauen, Aniye-Nenetihil!«, rief sie, während sie langsam auf den Wald zuschwebte. »Ich wünsche dir das Glück, das mir nicht vergönnt war. Verzage nicht, und denke immer daran, was ich dir gesagt habe. Dann wird alles gut.«
    »Mutter!« Caiwen schluchzte auf. »Mutter bleib hier! Bitte!« Verzweifelt zerrte sie an ihren Fesseln, um ihrer Mutter zu folgen, aber ihre Gestalt hatte sich bereits zwischen den Bäumen aufgelöst. Nur ihre Stimme hallte noch nach, die ein leises »Hab Vertrauen« in den aufsteigenden Morgennebel wob.

DIE TOTE STADT
    A m dritten Tag nach dem Kampf auf der Lichtung ließen
    Caiwen und die Krieger den Wald hinter sich und gelangten auf eine Anhöhe, von der aus sie in der Ferne den Ozean und eine gewaltige Hafenstadt sehen konnten.
    Es war spät am Nachmittag und bitterkalt. Wolken, aus denen kein Schnee fiel, hingen bleiern und bedrohlich über dem Land, während Nebel die Ebene zu ihren Füßen in dunstiges Grau hüllte. Die wogenden Schwaden ließen die knorrigen Bäume im Tal wie Geister erscheinen, aber Caiwen beachtete sie kaum. Sie hatte nur Augen für die Stadt, deren Häuser so dicht gedrängt standen, dass die Straßen dazwischen nicht zu erkennen waren.
    Arvid!
    Der Anblick raubte ihr den Atem. Niemals hätte sie es für möglich gehalten, dass es einen Ort gab, an dem so viele Menschen auf so engem Raum beieinanderlebten. Die Vorstellung machte ihr Angst und ließ sie wünschen, sie müsste die Stadt nicht betreten.
    Entgegen ihren Befürchtungen hatten die Männer sie anständig behandelt. Wie zuvor Durin schienen auch sie in ihr nicht mehr als eine Ware zu sehen, die sie unbeschadet abzuliefern hatten. Sie mussten großen Respekt haben vor der Frau, die sie ausgeschickt hatte. Oder große Furcht.

    Hüte dich vor Maeve und Nimeye …
    Die mahnenden Worte ihrer Mutter schlichen sich wie von selbst in Caiwens Geist und lenkten ihre Gedanken wieder auf die Stadt und die Frage, was sie dort erwarten mochte. Was würde geschehen, wenn sie Maeve gegenüberstand? Was, wenn man sie zu Nimeye brachte?
    Caiwen fröstelte, als sie an ihre Großmutter dachte. Wie Finearfin hatte auch ihre Mutter keinen Zweifel daran gelassen, dass Nimeye eine abgrundtief böse Frau war, die ihr Gefängnis niemals wieder verlassen durfte. Deshalb musste sie, Caiwen, verhindern, dass Nimeye sie benutzte, um wieder über das Zweistromland herzufallen. Und dann war da noch der Kristallkelch …
    Caiwen schluckte hart, als sie daran dachte, welch ungeheure Aufgabe ihre Mutter ihr übertragen hatte. Wie selbstverständlich schien diese davon auszugehen, dass sie dort weitermachte, wo sie selbst einst gescheitert war. Aber konnte sie das überhaupt?
    War sie bereit, die Herausforderung anzunehmen und Nimeye die Stirn zu bieten?
    Caiwen kämpfte um eine Antwort.

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