Das Vermaechtnis der Hexen
die erste und mächtigste Hexe auf der Welt war. Sie experimentierte gerne und schuf den Trank der Unsterblichkeit. Aber als mehrere Zauberer und Hexen dies herausfanden, verfolgten sie Marie. Sie trieben sie bis in die Berge und verloren dann ihre Spur. Lidle Marie erschuf einen Spiegel und speicherte dort ihre Erinnerungen und ihre Seele. Man hörte nie wieder von ihr.
Sie ließ einen Mann und eine Tochter zurück. Aber ihre Tochter war keine allzu talentierte Frau gewesen. Zweihundert Jahre danach, kam ein junges Mädchen, ihr Name war Caroline, in diese Höhle und fand jenen Spiegel. Es war ihr siebzehnter Geburtstag und eine Stimme, so erzählt man sich, sagte ihr, sie solle in diese Höhle gehen.
Caroline trat an den Spiegel heran und Lidle Marie erschien. Marie erzählte ihr alles, was sie wusste und dann zeigte sie Caroline ihre rechte Hand. Beide hatten eine Mondsichel in ihrer Handfläche abgebildet. Einige Jahre später baute sie eine magische Truhe. Dort legte sie alle wichtigen Erinnerungen und ein Bild von sich hinein. Caroline starb in hohem Alter und ließ auch einen Mann und zwei Töchter zurück. Eine davon gebar vier Töchter. Die jüngste Tochter, Mirel, fand an ihrem Geburtstag, in der Nähe dieser Höhle, ein magisches Band und einen Diamanten.
Neugierig ging sie in die Höhle hinein und erschrak vor dem Spiegel und vor der Truhe. Mirel versuchte die Truhe zu öffnen, aber es gelang ihr nicht. Dann wandte sie sich dem Spiegel zu und Lidle Marie erklärte ihr, dass der Diamant der Schlüssel dazu sei. Sie solle aber die Truhe nicht öffnen, sondern die Schnur und den Diamanten miteinander verbinden und ihr Ich darin aufbewahren. Das tat sie und starb mit
80 Jahren. Ihr Mann starb schon im Alter von sechzig Jahren und ihre Töchter lebten ihr eigenes Leben. Dann war die jüngste von ihnen schwanger und sie bekam ein Mädchen. Die kleine wurde Cameron genannt, war richtig putzig und neugierig. Sie wollte unbedingt die Welt erforschen.
Cameron beschloss an ihrem siebzehnten Geburtstag, einen Spaziergang zu machen und fand, wie ihre Vorfahren davor, diese besondere Höhle sowie einen großen Spiegel, eine Truhe und ein Amulett. Auch sie wurde von Lidle Marie unterrichtet.
Cameron entschied, ein Buch zu schreiben. Ein Buch über alles, was ihr ab ihrem siebzehnten Geburtstag bis vor ihrem Todestag, passiert war. Alle vier Gegenstände waren dort sicher gelagert. Kein Mensch fand sie.
Bis eines Tages ein junges Mädchen, deine Grandma, eine Weltreise unternahm und diese Gegenstände fand. Das war ziemlich schwierig gewesen. Sie hatte bloß Geschichten darüber gehört und gelesen, aber keiner nannte den Ort oder wusste, wo er war.«
Ich fand diese Geschichte sehr interessant. Dann fiel mir etwas ein. »Haben alle den Namen Malke behalten?« Mom lächelte mich an. »Sie hatten meistens andere Namen, aber alle, die zu einer mächtigen Hexe heranwuchsen, waren eine richtige Malke.«
»Und alle hatten Töchter?«
Mom nickte. »Jetzt kennst du diese Geschichte und wir fangen mit dem Ritual an, das dich zu einer richtigen Hexe machen wird ...«
Das Ganze verlief ziemlich unspektakulär. Ein paar Worte, ein bisschen Kerzenlicht, aber als sie fertig waren, spürte ich einen kurzen stechenden Schmerz in meiner Handfläche. Ich sah hinab. Eine Mondsichel war dort »eingezeichnet«. Anders kann ich es nicht sagen. Ich blickte überrascht auf.
»Du hast eine Mondsichel an deiner Hand. Nicht wahr?«
Ich konnte bloß nicken. Sie streckte den rechten Arm aus und zeigte mir ihre Handfläche. Grandma tat dasselbe. Sie hatten beide einen runden Mond darauf.
Wieso ... ist mir das nicht aufgefallen, wollte ich sagen, doch mir versagte die Stimme. Stattdessen fragte ich: »Was bedeutet eine Hexe zu sein? Hokus Pokus Fidibus oder wie?«
Mom lächelte leicht. »Zuerst musst du wissen, dass du niemals ohne Grund jemanden oder irgendetwas verzaubern beziehungsweise verletzen darfst. Genauso wenig darfst du deine Kräfte missbrauchen. Wenn das dennoch einmal passieren sollte, dann wirst du dich vor dem hohen Rat verantworten müssen, aber dazu kommen wir später noch.«
»Wir sind normale Hexen Vanessa. Alle die mächtig sind, so wie du, haben eine Mondsichel und nun geh in dein Zimmer. Ruh dich aus ... Jas wartet auf dich.«
Ohne ein weiteres Wort ging ich aus dem Raum, die Treppe hinauf und in mein Zimmer.
Jas wartete schon auf meiner Couch.
»Hi.« Ich war immer noch ziemlich aufgeregt und setzte mich neben
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