Das Vermächtnis des Kupferdrachens ("Drachenkronen"-Trilogie) (German Edition)
verschwenderisch prächtigen Portal.
»Keine Wachen zu sehen«, flüsterte Saranga und wollte den Schutz des Gebüschs schon verlassen, als Vertos sie am Ärmel zurückzog.
»Die braucht er auch nicht! Was glaubst du wohl, was das für ein Zaun ist? Eine magische Sperre! Wenn wir ihr zu nahe kommen, weiß er sofort, dass ihm unerwünschter Besuch ins Haus steht. Nein, ohne ein bisschen Gegenmagie kommen wir da nicht rein.«
Schweigend wartete Saranga und beobachtete, wie Vertos seine Vorbereitungen traf. Sie wusste, dass sie ihn in dieser Phase nicht stören durfte. Kaum hörbar sang er fremd klingende Worte und zeichnete die dazugehörenden Zeichen in die Luft.
»So, jetzt können wir gehen.« Die Zufriedenheit in seiner Stimme war nicht zu überhören.
»Was hast du gemacht?«
»Ich habe ein antimagisches Kraftfeld um uns gezaubert. Deshalb können uns seine Detektoren jetzt nicht mehr erkennen. Ihre Strahlen werden abgelenkt und treffen uns nicht mehr. Sehen kann er uns natürlich trotzdem noch. Wir müssen also in Deckung blEiben.«
»Warum machst du uns nicht wieder unsichtbar?«
»Ganz so praktisch fand ich das beim letzten Mal nicht. Außerdem entdecken uns seine Detektoren, auch wenn wir unsichtbar sind, und beide Zauber aufrechtzuerhalten ist zu anstrengend. Ich muss ein paar Reserven haben, falls es zum Kampf kommt.«
Im Schutz der Büsche und Bäume näherten sie sich mit äußerster Vorsicht von Süden her dem Haus. Alles blieb ruhig. Eng an die Hauswand gedrückt umrundeten sie das prächtige Gebäude. An der Ostseite war ein Stall angebaut, durch dessen Türritzen ein schwacher Lichtschimmer drang. Gerade als Saranga um die Ecke bog, öffnete sich die Stalltür, und ein großer, korpulenter Mann in brauner Kutte trat in den Lichtschein. Blitzschnell duckte sich Saranga hinter einen Busch und zog auch den Magier in Deckung. Mit angehaltenem Atem warteten sie, bis der Priester vorübergegangen war. Er sah nicht nach rechts oder links und trottete mit verklärtem Gesichtsausdruck auf eine schmale Seitentür zu. Saranga huschte ihm nach. Als er einen seltsam geformten Stein in die dazu passende Nische neben dem Türrahmen schob und die Tür sich mit einem leisen Klicken öffnete, sprang Saranga heran, legte dem völlig überraschten Mann die Dolchklinge an die Kehle und schob ihn ins Haus. Vertos folgte. Erst als sie den Steinschlüssel an sich genommen hatten, schlossen sie die Tür leise hinter sich.
Der dicke Mönch riss die Augen weit auf und keuchte vor Angst. Vergeblich versuchte er, dem Druck der stählernen Klinge an seiner Kehle zu entgehen. Saranga hielt ihn mit eisernem Griff fest. Er war zwar einen halben Kopf größer als sie, doch ihm fehlte die Kraft regelmäßig trainierter Muskeln. Vertos stellte sich dicht vor ihn und bohrte den Zeigefinger in den gewölbten Bauch des Mönchs.
»Keinen Laut! Sonst schneidet die Dame dir mit Freude die Kehle durch.«
Der Dicke versuchte zu nicken, doch die Klinge hinderte ihn daran.
»Wenn du machst, was wir dir sagen, werden wir dir nichts tun. Aber wehe, du versuchst zu schreien!« Vertos machte eine kunstvolle Pause, ehe er fortfuhr. »Du wirst uns jetzt in die Bibliothek führen! Wo ist Yleeres?«
»In seinem Studierzimmer unter der Kuppel«, piepste der verängstigte Priester.
»Sind die alten Bücher, die er kürzlich erworben hat, in der Bibliothek?«
»Ja, in einem kleinen Nebenraum. Ich führ euch hin.«
Der plötzliche Eifer in seiner Stimme ließ Saranga aufhorchen. »Keine Mätzchen!«, knurrte sie ihn so böse an, wie sie konnte, und drückte zur Bekräftigung den Dolch noch etwas fester in den schwammigen Hals ihres Opfers, das sofort wieder sehr kleinlaut wurde.
Langsam zogen sie mit ihrem Gefangenen durch die menschenleeren Gänge. Sie hatten keine Zeit, die prächtigen Mosaiken, die Deckengemälde und die verschwenderisch mit Blattgold belegten Säulen zu bewundern. Ein paar Mal mussten sie sich in eine Nische zurückziehen, wenn ein Bediensteter vorbeieilte. Sie mieden die pompöse Haupttreppe und gelangten stattdessen über eine enge Stiege nach oben. Endlich blieb der Mönch vor einer mit Schnitzereien versehenen Tür stehen. Die abgebildeten Runen, Folianten und Schriftrollen, die zaubernden Magier und in Bücher vertieften Priester ließen keinen Zweifel daran aufkommen, was hinter der Tür zu erwarten war. In der Wand neben dem Portal war eine Vertiefung, die an die Schlüsselnische der Seitentür erinnerte. Mit
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