Das Vermächtnis des Kupferdrachens ("Drachenkronen"-Trilogie) (German Edition)
schon einige ihrer Artgenossen herumrupften. Mit einem Jauchzen stürzte sich der Drache auf das Federvieh, das sich beleidigt aufkreischend in Sicherheit zu bringen suchte. Covalin ließ die Tiere entkommen und wandte sich neugierig dem grauen Bündel auf der Erde zu. Mit der Schnauze drehte er es um. Nachdenklich sah er in ein kleines, bartloses Gesicht mit blicklosen Augen. Er stupste den Zwerg in die Seite, doch der regte sich nicht. Hilfesuchend sah Covalin zu Rolana, die gerade vom Pferd stieg.
Er ist noch kleiner als Thunin, aber er ist kaputt. Mach ihn wieder heil!
Rolana kniete sich nieder. Beißender Verwesungsgeruch nahm ihr fast den Atem. »Der arme Zwerg liegt schon mindestens zwei Tage tot in der Sonne. Da kann ich nichts mehr machen, tut mir Leid.«
Covalin betrachtete ihn noch immer aufmerksam. Warum ist er wohl kaputtgegangen? »Das interessiert mich auch!« Thunin bückte sich zu dem Toten herab.
Es war ein junger Zwerg, bleich, von Hunger und Krankheit ausgemergelt, die Kleider zerfetzt, nicht nur von den Schnäbeln der Geier. Auch Gesicht und Beine zeigten Verletzungsspuren, die er sich schon vor dem Tod zugezogen hatte. Es war ein trauriger Anblick, der die Freunde tief berührte.
Thunin zeigte auf eine große Wunde über der Schläfe. »Schätze mal, dass ihn dieser Schlag umgebracht hat.«
Lahryn beugte sich herab und schob die Ärmel des Toten hoch. Am linken Handgelenk waren tiefe, eiternde Wunden und zahlreiche Narben zu sehen, um das rechte schmiegte sich ein Eisenreif mit einem Stück Kette.
»Er ist ziemlich lange gefangen gehalten und nicht gerade gut behandelt worden. Seht euch die Narben an – er muss den Eisenreif monatelang getragen haben.«
Rolana sah den Magier fragend an. »Wo mag er nur herkommen? Gibt es eine Strafkolonie oder etwas Ähnliches in der Nähe?«
»Ich glaube nicht. Außerdem geht es hier vermutlich um etwas ganz anderes.«
Die Nase dicht am Boden suchte Thunin nach Spuren und sagte schließlich: »Sieht ganz so aus, als sei er verfolgt worden, und zwar von einem Reiter und etwas mit ziemlich großen Füßen, einem Oger oder einem Zyklopen, schätze ich. Dort drüben sind Abdrücke von einem Wolf. Bei dieser Übermacht hatte der Zwerg natürlich keine Chance. Solche Feiglinge! Einen einzelnen, noch dazu wahrscheinlich unbewaffneten Zwerg mit so einer Übermacht zu verfolgen!«
Ibis winkte Thunin. »Das dort drüben solltest du dir mal ansehen. Wenn ich mich nicht irre, war hier mehr als ein Zwerg.«
Thunin zeichnete mit seinem kurzen, dicken Finger nachdenklich einen kleinen Fußabdruck nach. »Mindestens zwei. Sie sind abgehauen und wurden gejagt. Den armen Kerl da haben die Verfolger umgebracht, den anderen vermutlich eingefangen und weggeschleppt.«
»Die Frage ist nur, wohin?« Lahryn runzelte die Stirn. »Meint ihr, das Ganze könnte etwas mit den Überfällen auf die Zwergendörfer im Süden zu tun haben? Nina hat von Zyklopen und Ogern erzählt.«
»Du meinst, der Zwerg könnte aus Pantha stammen?«, fragte Cay erstaunt.
Thunin nickte eifrig. »Ja, das ist gut möglich. Doch irgendwas stimmt hier nicht, das habe ich im Gefühl. Oger töten ihre Opfer meist. Sie machen keine Gefangenen. Außerdem ist es merkwürdig, dass sie mit Zyklopen zusammen auf Raubzug gehen. Ich sage euch, mich juckt’s, die Axt zu schwingen. Ich glaube, wir sind da auf etwas ganz Großes gestoßen.«
Rolana erhob sich und klopfte sich den Staub von den Kleidern. »Was sollen wir jetzt tun? Peramina hat uns den Auftrag gegeben, Covalin so schnell wie möglich zu den nördlichen Vulkanbergen zu bringen ... Andererseits aber geschieht hier Unrecht. Und da können wir doch nicht einfach weiterreiten!«
»Ich finde, wir sollten nachsehen, was da für eine Gaunerei vor sich geht«, sagte Cay und legte die Hand an den Schwertgriff. »Covalin kommt mit uns. Wir werden schon aufpassen, dass ihm nichts passiert.«
Ibis’ Augen funkelten unternehmungslustig. »Wenn ich’s mir recht überlege, begann unsere Reise gerade langweilig zu werden. Es geht zwar nur um Zwerge, aber immerhin«, fügte sie gedehnt hinzu und sah zu Thunin hinüber, doch der hatte die Provokation entweder nicht gehört oder beschlossen, nicht nach diesem Knochen zu schnappen. Die Elbe zuckte mit den Schultern. »Also, gehen wir jetzt endlich? Vielleicht warten Schätze auf uns!«
Rolana hielt die Elbe zurück. »Erst begraben wir den Zwerg! Ich werde für ihn beten, und dann machen wir uns auf
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