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Das Vermächtnis des Ratsherrn: Historischer Roman (German Edition)

Das Vermächtnis des Ratsherrn: Historischer Roman (German Edition)

Titel: Das Vermächtnis des Ratsherrn: Historischer Roman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Joël Tan
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Gefühl! Auch ich hadere mit meinem Schicksal, wenn ich daran denke, dass mein Ziehsohn jetzt an gräflichen Tafeln speist, während ich frieren muss, doch was bleibt mir schon anderes übrig, als das zu akzeptieren? Gottes Wege sind unergr…«
    »Ach, hört schon auf damit. Eure frommen Reden haben mir in der Vergangenheit schon genug Scherereien eingebracht. Und wenn ich mich recht erinnere, könnte auch Eure Situation gesegneter sein.«
    Everard erwiderte nichts. Er wollte sich nicht versündigen, doch in Gedanken musste er seinem Gegenüber recht geben.
    Während der kurzen Redepause erinnerte sich Johannes wieder daran, dass Everard in der Kirche nur erzählt hatte, dass er die Pilgerreise nach Rom abzubrechen gezwungen war, jedoch nicht, wohin des Weges er nun ging. Darum fragte er: »Was habt Ihr jetzt vor?«
    »Ich werde die einzige Möglichkeit ergreifen, die ich noch habe. Rom wird ein unerreichtes Ziel bleiben, stattdessen ziehen wir jetzt nach Sandstedt. Schließlich kann ich weder zurück nach Plön zu Graf Gerhard II., noch kann ich wieder nach Hamburg. Der Rat würde mich sofort in Gewahrsam nehmen und sehr wahrscheinlich niemals mehr freilassen. Das will ich nicht riskieren.«
    »Hmm, wahrscheinlich habt Ihr recht. Hamburg wäre keine gute Idee und Plön auch nicht – obwohl der Graf sehr wahrscheinlich gerade andere Sorgen hat als Euch.«
    »Was meinst du damit?«, fragte Everard erstaunt.
    Johannes nickte, ohne eine Miene zu verziehen. »Habe ich es mir doch gedacht, dass Ihr davon noch nichts wisst. Auf meinen Reisen durch die Lande ist mir zu Ohren gekommen, dass zwischen Gerhard II. und Johann II. eine Fehde ausgebrochen ist.«
    »Eine Fehde? Wie ist das geschehen, und warum ausgerechnet jetzt?«
    »Genaueres konnte ich auch nicht herausfinden, und Ihr wisst ja auch, wie das ist. Von Stadt zu Stadt verändern sich die Einzelheiten so stark, dass man gar nicht mehr sicher ist, was man glauben soll. Alles, was ich weiß ist, dass es sich wohl um eine Ehrenkränkung handelt, die Johann II. widerfahren ist.«
    »Das ist ja höchst interessant …«, sagte Everard mit einem Mal auffällig in sich gekehrt. Doch bevor er weiter auf diese Neuigkeit eingehen konnte, meldete sich Kuno unvermittelt zu Wort.
    Bislang hatte er geschwiegen und einfach nur versucht, den verworrenen Intrigen zu folgen, doch irgendwann ergab alles Gehörte, zusammen mit dem, was der Geistliche ihm kürzlich über Walther erzählt hatte, ein stimmiges Bild. In seiner ungestümen Art warf er seine Gedanken einfach dazwischen und unterbrach so die Unterhaltung der beiden Männer. Schließlich bot sich ihm hier die Möglichkeit, der wenig aufregenden Zukunft in dem armen Sandstedt doch noch zu entgehen. »Wenn ich recht verstehe, Vater, dann wünscht Ihr Euch also Rache an Eurem Ziehsohn Walther, und du, Johannes, wünschst dir Rache an dessen Gemahlin, deiner Schwester Runa, richtig?«
    Beide Männer waren einen Augenblick lang irritiert ob der barschen Unterbrechung, doch sie nickten; trafen Kunos Worte ihre Wünsche doch ganz klar im Kern.
    »Und was wäre, wenn ich Euch jetzt sage, dass es einen Weg gibt, Rache zu nehmen?«
    »Was plapperst du für einen Unsinn, Junge?«, fragte Everard schroff und schüttelte den Kopf. »Hast du nicht zugehört? Walther steht in der Gunst des Grafen von Kiel …«
    »… genau, und dieser hat einen Feind, nämlich seinen Vetter Gerhard II., oder?«
    »Worauf willst du hinaus, Kuno?«, fragte Johannes weit interessierter. Er witterte geradezu, dass der Dieb nicht dumm war und etwas Wichtiges zu sagen hatte.
    »Es stimmt zwar, dass wir nichts gegen Walther ausrichten können, solange er in des Grafen Gunst steht, doch was wäre, wenn es uns gelänge, uns jemandem anzuschließen? Jemand Mächtigem, der ebenso auf den Fall Walthers aus wäre?«
    »Wer soll das schon sein? Etwa Graf Gerhard II.? Du hast nicht richtig zugehört. Er würde mich sofort festnehmen lassen, wenn ich es auch nur wagen würde, Plön zu betre….« Der Geistliche stockte und riss die Augen ein Stück auf. In seinem Kopf begannen die Gedanken zu rasen. Plötzlich verstand er, was Kuno meinte. Warum war er die ganze Zeit über nicht selbst darauf gekommen? Mit deutlich herauszuhörender Anerkennung sagte er: »Das ist ein geradezu teuflischer Plan, Kuno. Und nicht minder überragend!«
    »Ich verstehe kein Wort. Würde mich vielleicht jemand aufklären?«, forderte Johannes jetzt mit einer eindeutigen Handbewegung. Auf

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