Das Vermächtnis von Thrandor - Der Auserwählte
junge Frau hast du jedenfalls ein untrügliches Gespür für Ärger im großen Stil. Wie hast du es nur geschafft, eine so hinterhältige und gerissene Intrige aufzudecken?«
»Mit Geschick und Glück, vermute ich, Eure Kaiserliche Majestät.« Femke warf ihm den Titel mit einem Schulterzucken und einem verschmitzten Lächeln hin.
»Wahrscheinlich hat Shalidar mit einem meiner Kommandanten gemeinsame Sache gemacht. Ich kann mir auch schon ganz gut vorstellen, wer es war. Aber die Kaiserliche Majestät kannst du dir sparen«, erklärte Surabar entschieden. »Wie käme ich dazu, mir den kaiserlichen Mantel umzulegen? Ich bin Soldat, kein Politiker.«
»Ich bitte um Verzeihung, dass ich Euch mit Shalidar in
Verbindung gebracht habe. Zugegeben, mich haben meine Schlussfolgerungen selbst überrascht, weil sie nicht zu dem passen wollten, was ich über Euch wusste. Sir, bei allem gebotenen Respekt, Ihr seid eine Symbolfigur. Shandar braucht genau so einen Kaiser wie Euch. Wenn Ihr jetzt den Thron besteigt, werden die Menschen Eurer Führung bereitwillig folgen.«
»Das mag ja alles sein, aber ich bin weder von adeliger Geburt noch dürstet es mich nach Macht.«
»Um ehrlich zu sein, Sir, ich glaube, Ihr habt gar keine andere Wahl. Vallaine hat seine politischen Gegner heute Morgen erbarmungslos beseitigt. Es gibt wohl kaum noch geeignete Kandidaten. Es sei denn, der Kommandant, mit dem sich Shalidar verbündet hat, würde einen starken Kaiser abgeben.«
Zu ihrer Überraschung lachte der General kurz auf. »Ha! Wenn ich mit meiner Vermutung richtig liege, handelt es sich bei dem Verschwörer um Kommandant Vammus. Dem hat sein Vater diese Stellung verschafft, in der Hoffnung, dass ein Mann aus ihm würde. Aber Vammus ist ein Stümper und ein Narr, der andere die Schmutzarbeit für sich erledigen lässt. Es würde zu ihm passen, einen Auftragsmörder anzuheuern, und mich würde nicht sonderlich überraschen, wenn er es gar nicht auf den Kaiser abgesehen hätte, sondern auf mich.«
»Nun, Sir, wir werden nicht lange geheim halten können, was heute hier geschehen ist. Ich jedenfalls wäre erfreut, Euch als neuen Kaiser zu sehen. Vielleicht entscheidet Ihr Euch wenigstens, vorübergehend das Amt zu übernehmen, bis Ihr den Stab an jemand Geeigneten übergeben könnt. Wenn Ihr Euch dazu durchringen würdet, könnte ich dafür sorgen, dass man sich in den Straßen von Shandar noch vor Einbruch der Dunkelheit von Eurem
Aufstieg zur Macht erzählt. Die Menschen wären begeistert.«
Der General tippte sich mit dem Finger an die Lippen und dachte mit gerunzelter Stirn über Femkes Lageeinschätzung nach. Er ging zum Schreibtisch des Kaisers und sah auf die Leiche Lord Vallaines hinab, dessen offene Augen auch noch im Tod bösartig zu funkeln schienen. Surabar seufzte tief.
»So ungern ich es zugebe, Femke – du hast recht. Das Reich hat in jüngster Zeit schwer unter Vallaines Einfluss zu leiden gehabt. Ich könnte manche Fehlentwicklung rückgängig machen und für einen geeigneten Nachfolger den Weg bereiten. Gut, ich besteige den kaiserlichen Thron. Aber die Leute sollen wissen, dass ich nur bis auf Weiteres regiere.«
»Eure Kaiserliche Majestät!« Femke machte einen tiefen Knicks und beugte das Haupt. »Darf ich vorschlagen, dass Ihr diesen Umstand vorerst für Euch behaltet? Es steht sonst zu befürchten, dass sämtliche Vertreter des höheren und niederen Adels Euch die Tür einrennen und sich als künftiger Kaiser bewerben. Wie wäre es, wenn Ihr den Titel erst einmal annehmt, ohne etwas über eine mögliche Nachfolge verlauten zu lassen? Wenn niemand weiß, was Ihr vorhabt, könnt Ihr in aller Ruhe suchen.«
»Sehr gut, Femke, das klingt vernünftig. Weißt du, ich kenne nur wenige Kommandanten, die es mit deiner Urteilskraft aufnehmen können. So soll es geschehen. Geh und verbreitete in der Stadt, dass Kaiser Surabar die Amtsgeschäfte übernommen hat und sich nun einiges ändern wird.«
»Jawohl, Eure Majestät. Mit Vergnügen.«
»Schnell, Calvyn, durchs Felsentor«, drängte Perdimonn. »Wir haben jetzt keine Zeit für Erklärungen. Aber eine Sache musst du noch erfahren, bevor wir uns an den Aufstieg machen.«
Die Hüter eilten bereits durch den Torbogen, während Calvyn seinen Freunden zum Abschied zuwinkte und Bek die Hand schüttelte. Ehe er den Hütern folgen konnte, kam Jenna herbeigerannt und nahm ihn fest in die Arme.
»Wenn du glaubst, dass ich dich da hochklettern lasse, ohne dir einen
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