Das Vermächtnis von Thrandor - Der Auserwählte
findest, der aus der Arena geflohen ist. Finde ihn und unterstütze ihn auf jede erdenkliche Art.«
Femke war verblüfft. »Ihn unterstützen, Eure Majestät? Wobei?«
»Er versucht, den Zauberlord Shanier zu finden und zu töten. Hilf ihm, dieses Ziel zu erreichen, und bring mir dann zum Beweis seines Erfolgs ein Zeichen. Der thrandorische Kämpfer hat einen Goldring bei sich, den ich ihm gegeben habe. Wenn er Shanier getötet hat, bring mir den Ring. Erst dann ist deine Aufgabe erledigt.«
Femke war wahrhaft überrascht und neugierig, aber gleichzeitig auch verletzt. Das klang eher nach einer Aufgabe für einen Auftragsmörder. Femke war in erster Linie Spionin. Sie verstand sich am besten darauf, in Shandrim Intrigen aufzudecken. Warum schickte der Kaiser nicht Shalidar? Und wozu das Zeichen? Vertraute der Kaiser ihr nicht mehr? Hatte er deshalb etwas in dem Stapel Papiere vor ihr verborgen? Gab es etwa einen neuen Spion, von dem Femke nichts wusste und der ihre Stellung übernehmen sollte? Femke hatte eine Unzahl von Fragen, die sie dem Kaiser gern gestellt hätte, doch natürlich tat sie nichts dergleichen. Er hatte ihr einen Auftrag erteilt. Nun lag es an ihr, zu beweisen, dass er sich auf sie verlassen konnte.
»Es wird geschehen, wie Ihr befehlt, Eure Majestät«, antwortete sie. »Gibt es noch etwas, Eure Majestät?«
»Nein, Femke. Das ist alles. Viel Glück und möge Shand deine Schritte beflügeln.«
Femke verbeugte sich und schritt rückwärts zur Tür. Ihre Gedanken überschlugen sich geradezu. Als sie sich umdrehte, um den Raum zu verlassen, fuhr Femke vor Schreck zusammen, als sie sich buchstäblich Aug in Aug mit Shalidar wiederfand.
»Tut mir leid«, entschuldigte er sich mit seiner Flüsterstimme. »Ich wollte dich nicht erschrecken. Ist Ihre Kaiserliche Majestät heute in guter Stimmung?«
»So gut wie eh und je«, erwiderte Femke, die innerlich ihren Schreck abschüttelte und einen Schritt zur Seite machte.
Shalidar legte ihr eine Hand auf die Schulter und hielt sie so zurück. »Er hat dich wohl auf eine Reise geschickt?«, hauchte er offensichtlich amüsiert.
»Was? Woher …«
Shalidar lachte leise und schüttelte den Kopf. »Du willst mir doch nicht erzählen, dass du nicht schon selbst draufgekommen bist, was hier los ist? Ich dachte, ihr Spione wisst alles!«
Femke schüttelte seine Hand ab und schob sich an ihm vorbei. Von Shalidar würde sie sich nicht reizen lassen. Sie marschierte an ihm vorbei, als sei er Luft.
»Ach, und Femke«, rief ihr Shalidar krächzend hinterher, »mach dir nicht die Mühe, mir weiterhin zu folgen. Das bringt dich auch nicht weiter.«
Femke drehte sich weder um noch verlangsamte sie ihre Schritte, doch innerlich kochte sie vor Wut. Er hatte gewusst, dass sie ihm folgte. Darum also hatte sie nichts herausfinden können. Shalidar verfügte offensichtlich über Informationen, die ihre Spitzel nicht ausgegraben hatten. Zudem hatte er sie zwei Tage lang absichtlich an der Nase herumgeführt. Femke fluchte innerlich.
Sie wusste natürlich, dass Shalidar einer der Besten seines Fachs war. Hätte sie sich da nicht denken können, dass er merkte, wenn er verfolgt wurde? Sie fragte sich, ob sie langsam nachließ. Warum schickte der Kaiser sie aus der Stadt und warum wusste ein Auftragsmörder noch vor ihr darüber Bescheid? Wenn der Kaiser wollte, dass jemand diesem
Thrandorier Bek unter die Arme griff, warum hatte er dann nicht gleich nach seinem Verschwinden jemanden hinter ihm hergeschickt? Soweit Femke gehört hatte, konnte dieser Thrandorier genauso gut schon lange tot sein, denn der Kämpfer Serrius hatte ihn schwer verletzt.
»Zu viele Fragen und keine einzige Antwort«, murmelte Femke verzagt. Achselzuckend machte sie sich auf den Weg in die kaiserliche Schatzkammer, um das Gold abzuholen, wie vom Kaiser verlangt. Wenigstens brauchte sie bei diesem Auftrag nicht leben wie eine Bettlerin. Wenn der Kaiser ihr schon seine Schatzkammer öffnete, galt es, möglichst viel herauszuholen.
»Da ist sie also«, erklärte Perdimonn zufrieden. »Mantor, die Hauptstadt von Thrandor.«
»Ich habe sie mir irgendwie größer vorgestellt.« Arred musterte enttäuscht die Stadtmauer in der Ferne.
»Na ja, das war sie bis vor Kurzem auch. Aber die Nomadensippen aus der Einöde Terachim haben den im Tal gelegenen neueren Teil der Stadt geplündert und niedergebrannt. Die Leute hatten wohl noch keine Gelegenheit, die Trümmer wegzuräumen, geschweige denn die
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