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Das Vermächtnis von Thrandor - Der Auserwählte

Das Vermächtnis von Thrandor - Der Auserwählte

Titel: Das Vermächtnis von Thrandor - Der Auserwählte Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Mark Robson
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hatte. Der Entschlüsselung dieses Rätsels um Shalidar würde sie sich in ihrer freien Zeit noch widmen.
    Im Palast herrschte eine gewisse Anspannung, die angesichts der Sicherheitslage nicht weiter überraschte. Die Kundgebungen in der Stadt nahmen an Zahl und Umfang
zu, und Femke wusste mittlerweile von mindestens drei Anführern verschiedener Fraktionen, die nicht abgeneigt waren, Kaiser von Shandar zu werden. Femke fragte sich, ob sie wohl angenehmere Auftraggeber wären. Doch auch nur einen Gedanken an Verrat zu verschwenden, war in ihrem Gewerbe lebensgefährlich. Sie schlug sich das besser aus dem Kopf.
    Die Tür zum Arbeitszimmer des Kaisers öffnete sich und einer der kaiserlichen Bediensteten winkte sie herein.
    »Seine Kaiserliche Majestät wünscht dich zu sehen«, sagte er steif, neigte den Kopf, als sie eintrat, und schloss dann die Tür von außen.
    Mittlerweile war ihr das Unwohlsein, das sie überkam, wenn sie dem Blick des Kaisers begegnete, schon vertraut, und sie entging ihm durch einen tiefen Knicks.
    Auf dem Tisch des Kaisers stapelten sich Bücher, Schriftrollen und Notizzettel, einige in der Handschrift des Kaisers, die meisten jedoch in einer flüchtigen spinnenartigen Schrift, die Femke nicht kannte. Merkwürdigerweise lag zuoberst eine solche Notiz, die wirkte, als sei sie nicht vollständig. Wer gab denn dem Kaiser einen unfertigen Bericht?
    Wie ein Maler, der einen Augenblick auf der Leinwand einfängt, machte sich Femke ein geistiges Bild von allem, was sie vor sich sah: Die Papiere waren über den Tisch verstreut, die Schreibfeder und das geöffnete Tintenfass offenbar eben noch in Gebrauch gewesen. Die Karte von Shandar lag ausgebreitet über den Schriftrollen und mitten in diesem Durcheinander stand der Kristallkelch mit dem Rotwein.
    Femke hatte zwar nur den Bruchteil einer Sekunde für ihre Bestandsaufnahme benötigt, doch dem Kaiser war ihr Blick aufgefallen. Scheinbar beiläufig schob er die Papiere
zusammen, achtete aber darauf, dass nun ein Papier mit seiner eigenen Handschrift obenauf lag. Er verbarg etwas vor Femke. Aber immerhin ist er der Kaiser und ich bin die Spionin, dachte sie für sich. Was der Kaiser auf seinem Schreibtisch hatte, war allein seine Sache. Femke sollte für ihn spionieren und nicht etwa ihn ausspionieren.
    Als sich der Kaiser wieder aufrichtete, blitzte aus seinen Augen die Kälte, die Femke so beunruhigte, während er sie um ihren Bericht bat.
    »Eure Kaiserliche Majestät, die Kundgebungen nehmen an Größe und Häufigkeit zu. Eine der gestrigen Versammlungen, die von Eurem jüngeren Bruder Gouverneur Mariza einberufen wurde, endete mit Unruhen. Mehrere Stadtwächter und wohl doppelt so viele Aufständische wurden schwer verletzt. Im Lauf dieser Woche wurden bei Straßenschlachten mindestens vier Menschen getötet. Wenn es nicht gelingt, die Bevölkerung zu besänftigen, wird diese Zahl sicher noch steigen.«
    »Mariza ist ein Dummkopf«, unterbrach der Kaiser sie kalt. »Aber du hast schon recht – ein Dummkopf mit einer ansehnlichen Gefolgschaft. Hast du Kenntnisse darüber, ob sich noch jemand als künftiger Kaiser sieht?«
    »Ja, Eure Majestät, es gibt noch mindestens zwei weitere Männer, beides Gouverneure.«
    »Was für eine Überraschung!«, entgegnete der Kaiser sarkastisch. »Komm schon, Femke, wer?«
    »Sammaris und Daraffa, Eure Majestät. Es scheint, dass beide hier in der Stadt eine beträchtliche Zahl Anhänger haben. Die Bevölkerung ist Euch nicht wohlgesonnen, Eure Majestät. Die Stadtwächter bemühen sich nach Kräften, die Unruhen einzudämmen, aber einiges deutet darauf hin, dass Ihr auch in ihren Reihen Feinde habt.«
    Der Kaiser nahm den Weinkelch und führte ihn an die
Lippen. Dann lächelte er Femke mit einer Zuversicht an, die sie an seiner Stelle bestimmt nicht hätte aufbringen können.
    »Ich habe dir und deinen Fähigkeiten schon immer größte Wertschätzung entgegengebracht, Femke. Du bist hartnäckig, erfindungsreich und ehrlich. Ich bewundere das, und daher werde ich dich mit einer besonders wichtigen Aufgabe betrauen, aber dazu kommen wir gleich. Sei zunächst gewiss, mein Kind, dass ich das, was du unausgesprochen lässt, lesen kann wie jeden schriftlichen Bericht. Du fragst dich, warum ich die Aufstände nicht von Anfang an im Keim erstickt habe. Glaube mir, ich habe es erwogen. Es hat mir in den Fingern gejuckt, die jämmerlichen Putschversuche meiner Möchtegernrivalen niederzuschlagen und das Klagelied der

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