Das Vermächtnis von Thrandor - Der Auserwählte
sehen, doch Selkor hatte sie bereits entdeckt. Beunruhigte Selkor das Zusammentreffen womöglich mehr, als er zugeben wollte, fragte sich Perdimonn.
»Gib deine Suche nach Perdimonn auf, Selkor, oder du wirst diesen Tag bis in alle Ewigkeit bereuen.«
»Warum sollte ich das tun, du alter Narr? Bist du von Sinnen?
Jahrelang habe ich auf mein Ziel hingearbeitet, bin weiter gereist als du in deinem langen Leben, Akhdar. Heute werde ich zum Auserwählten, und es gibt nichts, was du dagegen tun kannst«, erwiderte Selkor zornig.
»Macht euch bereit, es geht los«, murmelte Perdimonn den anderen zu.
Und tatsächlich beschwor Selkor in rascher Folge alle drei ihm zugänglichen Schlüssel herauf. Perdimonn schwenkte den falschen Stab des Dantillus, um ihn abzulenken, während er in Wahrheit eine Formel für den Ring des Nadus vorbereitete. Er hoffte inständig, Selkor möge den Unterschied nicht bemerken.
Mit einem Gebrüll, gewaltiger als das von tausend Löwen, baute sich vor den Hütern eine Flammenwand auf. Morrel blies sie mit einem heftigen Windstoß zu Selkor zurück. Perdimonn hatte geahnt, dass Selkor sein Lieblingselement Feuer als Erstes einsetzen würde, und Morrel vorgewarnt. Selkor entging dem Flammentod nur, indem er mit Darkweavers Amulett einen magischen Schutzschild errichtete.
Von mehreren Stellen der Stadtmauer hagelten Feuerblitze auf Selkor herab, die jedoch verglichen mit seiner Feuerwand nur wie Glühwürmchen wirkten. Arred wollte ja auch lediglich den Eindruck erwecken, dass auf der Stadtmauer Verstärkung stand.
Auch Perdimonn schmetterte mit dem Ring des Nadus Feuerstöße auf Selkor. Jeder Einzelne wäre wohl tödlich gewesen, doch den Schutzschild konnten sie nicht durchdringen. Perdimonn wusste das sehr wohl, doch auch seine Angriffe dienten nur der Ablenkung.
Selkor blieb beim Feuer, verlegte sich jedoch auf Blitze, denen Arred mit entschlossener Miene und geballten Fäusten jeweils einen eigenen Blitz entgegenschickte. Jedes Mal, wenn zwei Blitze krachend und zischend aufeinandertrafen,
gingen die Bewohner von Mantor verängstigt in Deckung.
Perdimonn ging dazu über, Selkor mit Angriffen von der Mauer her abzulenken. Sorgfältig gezielte Feuerstöße, die er durch den angeblichen Stab des Dantillus leitete, ließen zudem rund um Selkor Steine und Erde in die Luft spritzen.
Der shandesische Magier änderte erneut seine Taktik. Er wandte sich dem Fallow zu und breitete beschwörend die Arme aus. Das Flusswasser baute sich zu einer Wand auf, die auf die vier Magier zudonnerte. Doch da hob Rikath die Hand. Die Wassermassen, turmhoch und breit wie drei Häuser, kamen zum Stillstand und änderten, wie von Riesenhand geknetet, ihre Form.
In einem unsichtbaren Kampf ihrer Willenskräfte bewegten die beiden Magier das Wasser mal in die eine, mal in die andere Richtung. Rikath blieb ruhig und gefasst, während Selkor schwitzte und sich abmühte. Hin und wieder schleuderte er einen Feuerstrahl gegen die Stadtmauern und den vermeintlichen Akhdar, doch jeder seiner Angriffe wurde von dem einen oder anderen Hüter abgewehrt.
»Gib auf, Selkor. Du kannst diesen Kampf nicht gewinnen!«, rief Perdimonn. »Du wirst den letzten Schlüssel nicht erringen. Niemals wirst du der Auserwählte sein.«
»Erzähl das deinem Gott, egal, welcher es ist!«, schrie Selkor zurück und schleuderte ihm einen weiteren brennenden Lichtblitz entgegen. Arred wehrte ihn mit einem Blitz ab, der unter ohrenbetäubendem Krachen mit Selkors zusammenprallte.
Nach diesem letzten Angriff gab Selkor auch die Wassermassen frei, die Rikath umgehend zurück ins Flussbett leitete.
Selkor hielt seinen Schutzschild aufrecht, warf sein Pferd herum und galoppierte in Richtung der Fallowbrücke davon.
Perdimonn sah ihm wortlos nach. Dann betrachtete er das versengte Gras und die aufgewühlte Erde um sie herum. Die Stadtmauer war von schwarzen Brandflecken überzogen. Nun, da die Schlacht vorüber war, tauchten hinter der Brustwehr die Köpfe neugieriger Stadtbewohner auf, die nachsehen wollten, wer diesen aufregendsten magischen Kampf seit Darkweavers Zeiten eigentlich ausgefochten hatte.
Perdimonn vergewisserte sich, dass Selkor die Brücke überquert hatte und weiterritt, ohne sich noch einmal umzusehen. Er nahm seine eigene Gestalt an und wandte sich mit einem tiefen Seufzer an die anderen Hüter.
»Das ging doch besser als erwartet.«
In Shandrim wimmelte es nur so von Soldaten und Stadtwächtern. Schon in den Vororten
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