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Das Vermächtnis von Thrandor - Der Auserwählte

Das Vermächtnis von Thrandor - Der Auserwählte

Titel: Das Vermächtnis von Thrandor - Der Auserwählte Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Mark Robson
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und so blieb ihr nichts anderes übrig, als Lisa zu drängen.
    »Ich bin dir sehr dankbar für den Kuchen und den Dahl, aber ich muss jetzt wirklich weiter«, erklärte sie entschuldigend.
    »Was, meine Liebe? Ach so, ja, natürlich. Wo habe ich nur meinen Kopf? Komm mit, ich bringe dich nach oben«, erwiderte Lisa, stellte die Schüsseln ab, die sie in den Händen hielt, raffte seitlich die Röcke hoch und rauschte an Femke vorbei.
    Das Gästezimmer hatte sich seit dem letzten Mal kaum verändert. Allerdings schienen zu den Figürchen und Tierchen aus Glas und Holz, die sämtliche Regale der Kammer füllten, noch ein oder zwei hinzugekommen zu sein.
    Lisa verbringt ihr ganzes Leben mit Kochen und Abstauben, dachte Femke, als sie den Schlüsselbund, den sie um den Hals trug, unter dem Wams hervorzog. Es hingen gut zehn Schlüssel daran, doch Femke wusste genau, welchen sie brauchte. Es war ein kleiner Messingschlüssel, dessen Kopf mehrfarbig emailliert war und die Form eines Schmetterlings hatte.
    Lisa rückte den einen oder anderen ihrer Schätze zurecht und verließ dann den Raum. Femke öffnete den Schrank und wühlte in den Kleidern, die sie darin aufbewahrte. Die Sachen rochen etwas muffig, waren aber sauber und trocken. Femke stellte sich eine Stadtwächteruniform zusammen. Sie hatte die Kleider erst einmal getragen, doch da sie seither nicht zugenommen hatte, würden sie noch passen. An der Rückwand des Schranks lehnte ein Schwert samt Scheide. Einen Bogen hatte sich Femke nie besorgt, da sie bislang keinen gebraucht hatte. Leider trugen wegen der vielen Gefechte in der Stadt mittlerweile alle Stadtwächter
einen Bogen. Femke fragte sich, ob es auffallen würde, dass sie keinen hatte.
    Sie packte die Uniform in einen Rucksack, der sich ebenfalls im Schrank befunden hatte, nahm das Schwert unter den Arm und wollte den Schrank gerade wieder zuschließen, als ihr einfiel, dass sie noch etwas vergessen hatte, ohne das ihre Tarnung unvollständig wäre.
    Sie wühlte ihre Sachen durch, bis sie fand, wonach sie suchte: zwei lange Verbandsrollen. Femke hatte zwar keine üppige Figur, musste jedoch trotzdem ihre weiblichen Rundungen verbergen, wenn sie als junger Mann durchgehen wollte. Mit den Leinenstreifen konnte sie sich die Brust abbinden und auf diese Art männlicher erscheinen.
    Als auch die Verbände verstaut waren, schloss Femke den Schrank ab und setzte sich den Rucksack auf den Rücken. Nun galt es, aus dem Haus zu kommen, ohne dass ihr Lisa eine weitere Mahlzeit aufdrängte. Leise schlich sich Femke die Treppe hinunter und huschte in den Gang.
    »Vielen Dank, Lisa. Bis bald!«, rief sie in die Küche, und noch bevor die Dame des Hauses antworten konnte, war sie durch die Haustür geschlüpft und band ihr Pferd los. Sekunden später saß sie im Sattel und ritt davon.
    Die Verkleidung hatte sie sich besorgt, aber wo sollte sie jetzt hin? Da die üblichen Verstecke und Nachtlager nicht infrage kamen, musste sie sich etwas anderes überlegen. Sie brauchte einen nahe gelegenen Ort, wo sie niemand vermutete. Frauen trugen in Shandrim kein Schwert, und deshalb war Femke im Moment genau das, was sie nicht sein wollte: auffällig.
    Der einzige Ort, der ihr einfiel, war ein Gasthaus nur zwei Straßen weiter. »Zum Goldenen Feuerdrachen« gehörte einem Mann, dessen Art genauso anmaßend war wie der Name seines Gasthauses. Femke hatte noch nie dort
übernachtet, jedoch schon beobachtet – als sie bei einem Auftrag jemandem in die Gaststube gefolgt war -, wie der Wirt mit aufgesetzter Freundlichkeit seine Gäste umgarnte. Der unterwürfige Mann mit dem Gesicht eines Wiesels hatte die Angewohnheit, sich dauernd die Hände zu reiben, was seine unangenehme Erscheinung nur noch verstärkte.
    »Zum Goldenen Feuerdrachen« wäre unter anderen Umständen der letzte Ort gewesen, den sich Femke für eine Übernachtung ausgesucht hätte. Gerade das aber machte ihn zum idealen Unterschlupf, da niemand sie dort vermuten würde. Femke schickte ein Stoßgebet zum Himmel, dass sie auf der kurzen Strecke zum Gasthaus keinen Soldaten begegnen möge, und nahm den direkten Weg. Sei es, dass ihr Gebet erhört wurde oder dass sie einfach Glück hatte – wenige Minuten später stand sie unbeschadet vor dem Goldenen Feuerdrachen.
    Femke band ihr Pferd am Pfosten vor dem Gasthaus fest, nahm den Rucksack ab, klemmte sich das Schwert unter den Arm und betrat den Gastraum. Da es noch früher Nachmittag war, waren keine Gäste da und auch den

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