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Das Vermächtnis von Thrandor - Der Pfad der Jägerin

Das Vermächtnis von Thrandor - Der Pfad der Jägerin

Titel: Das Vermächtnis von Thrandor - Der Pfad der Jägerin Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Mark Robson
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sinnloser Kampfeslust verfolgten, zu schätzen.
    Doch seine Werkstatt würde noch manch detailfreudiges und fantasievolles Stück verlassen, dachte er traurig.
Keiner der vielen Lehrlinge, die er in den vergangenen zwanzig Jahren ausgebildet hatte, war zu einem wahren Meister aufgestiegen. Das ärgerte Edovar besonders. War er ein so schlechter Lehrer gewesen? Oder hatte er kein Auge für wahres Talent, weil er zu sehr mit seiner Arbeit beschäftigt war? Egal, es war nicht mehr zu ändern.
    Draußen auf der Straße waren die Jungen mit Leiter, Ölkännchen, Kienspan und Fackel unterwegs und zündeten die Straßenlaternen an. An mehreren Stellen flackerte es bereits gelb durch die einsetzende Abenddämmerung.
    Edovar rieb sich die Augen, sah aus dem großen Fenster auf die Straße und freute sich an der hügeligen Landschaft, die sich als Silhouette gegen den dunkler werdenden Himmel abhob. Er hatte es immer als Gnade empfunden, dass seine Schmiede am oberen Rand des Dorfes stand, dort, wo die Dorfstraße eine Kurve beschrieb und den Blick auf die Berge freigab. Abgesehen von der herrlichen Aussicht konnte Edovar, häufiger jedoch einer seiner Lehrlinge, die gern verträumt aus dem Fenster starrten, die Kunden schon von Weitem den Berg heraufkommen sehen. So konnte ihnen Edovar die fertigen Auftragsarbeiten zeigen, sobald sie die Schmiede betraten.
    Der Silberschmied sammelte die Stichel ein, die auf dem Tisch herumlagen, und verteilte sie mit sicherer Hand in die Fächer einer langen Ledertasche, die er zusammenrollte, mit einer Schnur zuband und in eine Schublade legte.
    Eine Schicht aus Metallspänen und Staub überzog den Tisch, den Boden, ja, alle Flächen in der Schmiede.
    »Ob ich die Lehrlinge jemals dazu bringen werde, sauber zu machen?«, murmelte Edovar vor sich hin und ging mit dem Silberteller zur Vitrine.
    Er öffnete die Tür, ließ sich wie immer Zeit, sein jüngstes Werk noch einmal ausgiebig zu bewundern, und legte es
behutsam in das dafür vorbereitete Fach. Hier, an dem einzigen Ort, an dem absolute Sauberkeit herrschte, lagen noch weitere Stücke, deren Wert den meisten Menschen wohl den Schlaf geraubt hätte, weil sie sich vor Einbrechern gefürchtet hätten.
    Nicht so Edovar.
    Er hatte für die Vitrine einen stolzen Preis bezahlen müssen. Eine magische Formel schützte sie gegen jeden, der ihren Inhalt stehlen wollte. Das Holz, aus dem sie gemacht war, ließ sich mit keiner Axt spalten, das Schloss an der Tür mit keinem Meißel zerstören. Der einzige Schlüssel, mit dem sich die Vitrine öffnen ließ, befand sich in Edovars Gewahrsam und funktionierte nur gemeinsam mit den richtigen Zauberworten. Die Vitrine und der Spruch waren jeden Heller wert, den Edovar dafür bezahlt hatte.
    Trotzdem mochte Edovar die Zauberei nicht und hatte es in den meisten Fällen abgelehnt, magische Gegenstände herzustellen – abgesehen von einigen wenigen Ausnahmen, die lange zurücklagen und die Edovar geflissentlich aus seinem Gedächtnis gestrichen hatte.
    Nachdem er den Teller weggeschlossen hatte, ließ der Silberschmied sanft die Schultern kreisen, um die steifen Muskeln zu lösen. Er wollte sich in seine kleine Wohnung im ersten Stock zurückziehen, ging aber, einem plötzlichen Impuls folgend, noch einmal zum Fenster. Er streckte sich und verzog das Gesicht, als er seine Gelenke knacken hörte. Der Teller würde morgen fertig sein, doch der Abgesandte des Kaisers sollte erst in einer Woche kommen, um ihn zu holen. Vielleicht sollte ich die Zeit nutzen, um einmal richtig sauber zu machen, dachte er und holte einen kleinen, gekräuselten Silberspan unter einem Fingernagel hervor. Dann könnte ich den Abgesandten guten Gewissens in die Schmiede führen.

    »So ein Blödsinn«, schimpfte er murmelnd. Der Abgesandte würde ohnehin nur Augen für den Teller haben. Egal, wie blitzblank die Schmiede war, er würde nur so lange bleiben, wie er brauchte, den Teller zu begutachten und die Arbeit zu bezahlen.
    Edovar blickte noch einmal durch das Fenster in die Abenddämmerung. Er wollte gerade die Läden schließen, als eine Bewegung auf der Straße seine Aufmerksamkeit auf sich zog.
    Die Straßenlaternen brannten schon, und die dunkle Gestalt, die den Berg hinaufritt, nahmen sogar Edovars schwache Augen war. Dieser Tage waren Reisende in Ostshandar ein seltener Anblick, denn die Soldaten des Kaisers, die in jeder Kleinstadt stationiert waren, hatten den Befehl, die Straßen freizuhalten, und nahmen ihren Auftrag

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