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Das verschwundene Mädchen: Roman (German Edition)

Das verschwundene Mädchen: Roman (German Edition)

Titel: Das verschwundene Mädchen: Roman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Martha Grimes
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Playboy.«
    Playboy! Da war dieses Wort wieder. »Wie war er denn? Ich meine, als Playboy?«
    George Queen kratzte sich am Kopf. Die paar Haare, die er noch hatte, waren graue Borsten. »Ach, den Mädchen hinterherlaufen, trinken, in Clubs gehen.« Er senkte die Stimme. »Es hat auch nicht geholfen, dass Fern so furchtbar verknallt in ihn war.«
    Erzähl weiter, dachte ich. Tat er aber nicht. Also half ich ihm auf die Sprünge. »Und seine Mutter? Ich hab gehört, sie war eine Souder?«
    »Ja, das war sie. Hat den alten Devereau geheiratet, nachdem dieser Ralph Slade gestorben war. Rose war ihre Tochter. Davor war Devereau schon mal verheiratet mit … Mist, jetzt weiß ich’s nicht mehr. Na, jedenfalls waren ihre Schwestern die Kinder von der ersten Frau. Die ist wohl auch gestorben. Jedenfalls sind Rose und Morris Halbgeschwister.«
    »Daher kannten Sie ihn also, weil Rose seine Schwester war. Seine Halbschwester.«
    George Queen schüttelte den Kopf. »So gut hab ich ihn auch wieder nicht gekannt. Ben, der kannte ihn. Und Rose natürlich, mehr als Ben.«
    Aha, dachte ich, als ob gerade pfeifend Luft aus mir entwichen wäre oder als hätte ich mich plötzlich auf eins von diesen Pupskissen gesetzt. »Sie meinen, die waren befreundet.«
    George Queen kramte nach irgendetwas in seiner Tasche, Zigaretten vermutlich, fand sie aber nicht. »Hm, also ich weiß nicht, ob die tatsächlich befreundet waren …« Er hielt grübelnd inne.
    »Ist Ihr Bruder Ben denn hier in der Gegend, Mr Queen?« Fragen kostete ja nichts.
    Er schüttelte den Kopf. »Keine Ahnung, wo Ben steckt. Die ganze Knastgeschichte hat ihn ziemlich geschlaucht.«
    Die Knastgeschichte würde mich auch ganz schön schlauchen.
    »Na, vom Mord an Rose ist er jedenfalls freigesprochen, dem Herrgott sei Dank. Und von Fern sicher bald auch.« Er seufzte.
    Abgesehen von diesem Seufzer kam zu Fern Queen keine große Trauerbekundung. Ich glaube auch, dass mit Fern was nicht stimmte, was ganz Schreckliches – so wie bei allen Devereaus vielleicht. Man brauchte sich ja bloß die mordgierige Isabel Devereau anzuschauen. Ich konnte ihnen kaum verdenken, dass sie Ferns Tod nicht bedauerten, schließlich hatte sie ihnen so viel Kummer bereitet. Ich weiß noch, wie der Sheriff sagte, da müsse ein Gen im Spiel gewesen sein, das ihre Mutter Rose übersprungen habe, aber »das Mädchen richtig kaputtgemacht hat«.
    Ich hätte gern gefragt, wie es sich damit verhalten hatte, als Fern ein paar Monate »weg gewesen« war, wusste aber nicht, wie ich das Thema zur Sprache bringen sollte.
    Ich war mir sogar noch sicherer als George Queen, dass Ben Fern nicht umgebracht hatte, denn ich wusste, wer sie getötet hatte: Isabel Devereau. Die Polizei hätte dazu gern einen Augenzeugen gehabt – offensichtlich war meine Aussage nicht beweiskräftig genug, da es sich um Hörensagen handelte. Da wurde auf dem See draußen von der wahnsinnigen Isabel auf einen geschossen, und alles, was der Sheriff dazu sagen konnte, war: »Beweislage nach Hörensagen.«
    Leider suchte sich Mrs Sheba Queen genau diesen Augenblick aus, um ins Zimmer zu kommen, stellte sich, die Hände in die Hüften gestemmt, hin und sah aus, als wollte sie gleich Möbel rücken.
    »Du erinnerst dich doch an Emma, nicht, Sheba? Sie schreibt gerade eine Geschichte für die Zeitung in La Porte.«
    Sie nestelte an einem von den Sofaschonbezügen herum, die wahrscheinlich zum Schutz der Möbel vor den fettigen Köpfen der Leute da waren, nickte dabei zerstreut und setzte sich dann hin. Sie sagte: »George, ich finde nicht, dass Morris Slade ein kindgerechtes Thema ist.«
    George Queen hatte Morris Slade aber gar nicht erwähnt.
    Ihr bohrender Blick schien zu beargwöhnen, ob ich überhaupt ein Kind war. War ich womöglich etwas anderes? Ein Kobold vielleicht? Sheba Queen konnte mich nicht leiden.
    »Wieso nicht? Was hat er denn getan?«, fragte ich in meinem unschuldigen Koboldton.
    »Lassen wir’s gut sein, Fräuleinchen.«
    Wenn es etwas gab, was ich noch mehr hasste, als »Fräuleinchen« genannt zu werden, dann war es, keinen Klatsch erzählt zu bekommen. »Es ist bloß … wenn es was damit zu tun hat, müsste ich es in meinem Bericht bringen …«
    Sie wackelte drohend mit dem Finger. »Das Thema lassen wir jetzt mal schön ruhen.«
    Nein, tun wir nicht. »Mr Queen sagt, Sie wären Morris Slades Lehrerin gewesen, an der Colonel Henry E. Mott High School.«
    Sie fältelte ihren Rock mit zwei dünnen Fingern. Ihr

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