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Das Versprechen

Das Versprechen

Titel: Das Versprechen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: David Baldacci
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Felder schleppte. Da es Oz dazu erheblich an Gewicht mangelte, hatte Eugene rings um seinen Sitz Steine aufgetürmt, sodass die großen Erdschollen unter dem Druck nachgaben und unter dem gleichmäßigen Zug aufbrachen, und die Egge glättete den Acker schließlich wie Zuckerguss auf einem Kuchen. Nach Wochen der Arbeit, des Schweißes und müder Muskeln konnten die vier Atem holen und den guten Mutterboden in Augenschein nehmen, der nun bereit war, die Saat aufzunehmen.
    Dr. Travis Barnes war aus Dickens herübergekommen, um Amanda zu untersuchen. Er war ein stämmiger, ganz in Schwarz gekleideter Mann mit kurzen Beinen, einem Gesicht rot wie ein Schinken und grauem Backenbart. Für Lou sah er aus wie ein Leichenbestatter, der gekommen war, um jemanden beizusetzen, und nicht wie ein Mann, den man gelehrt hatte, Leben zu erhalten. Doch der Doktor erwies sich als freundlich und besaß einen Sinn für Humor, der ihnen allen angesichts seiner traurigen Mission ein wenig Trost spendete.
    Cotton und die Kinder warteten im Vorderzimmer, während Louisa bei Travis blieb, solange die Untersuchung Amandas andauerte. Als der Arzt schließlich wieder zu den anderen ins Vorderzimmer kam, schüttelte er den Kopf und umklammerte fest seine schwarze Tasche. Louisa folgte ihm und versuchte, nicht zu düster zu blicken.
    Der Arzt setzte sich an den Küchentisch und griff nach einer Tasse Kaffee, die Louisa zubereitet hatte. Eine Zeit lang blickte er in die Tasse, als suche er irgendwelche ermunternden Worte, die in der Seihe aus Bohnen und Zichorie trieben.
    »Die gute Nachricht ist«, begann er, »dass es eurer Momma, soweit ich das feststellen kann, körperlich gut geht. Ihre Verletzungen sind alle verheilt. Sie ist jung und stark und kann essen und trinken, und solange ihr die gymnastischen Übungen mit Armen und Beinen fortsetzt, werden die Muskeln nicht allzu sehr erschlaffen.« Er hielt inne und setzte die Tasse ab. »Aber ich fürchte, das sind zugleich auch die schlechten Nachrichten. Denn das bedeutet, das Problem liegt hier.« Er tippte sich gegen die Stirn. »Und dagegen können wir nicht viel tun. Meine Fähigkeiten jedenfalls übersteigt es bei weitem. Wir können nur hoffen und beten, dass sie eines Tages erwacht.«
    Oz nahm es gelassen, sein Optimismus blieb ungetrübt. Lou wertete die Information einfach als weitere Bekräftigung dessen, was sie bereits wusste.
    In der Schule lief es glatter, als Lou anfangs gedacht hatte. Nachdem sie ihre Fäuste hatte wirbeln lassen, akzeptierten die Bergkinder sie viel besser als zuvor. Lou hatte nicht den Eindruck, dass sie jemals enger mit irgendeinem von ihnen befreundet sein würde, aber zumindest hatten die offenen Feindseligkeiten nachgelassen. Billy Davis kehrte mehrere Tage lang nicht mehr in die Schule zurück. Als er dann kam, waren die blauen Flecke, die er Lou zu verdanken hatte, größtenteils verblasst, wenngleich es neue gab, von denen Lou vermutete, dass sie von seinem Vater stammten, dem schrecklichen George Davis. Das reichte aus, dass Lou sich ein wenig mitschuldig fühlte. Und obwohl Billy ihr auswich wie einer Mokassinschlange, die jeden Augenblick zuschnappen konnte, blieb Lou ständig auf der Hut. Sie wusste mittlerweile: Wenn man es am wenigsten erwartete, schlug das Unheil gnadenlos zu.
    Estelle McCoy war im Umgang mit ihnen ebenfalls vorsichtiger geworden. Offensichtlich waren Lou und Oz den anderen um einiges voraus, was das Bücherwissen betraf. Doch sie protzten nicht damit, was Estelle McCoy zu schätzen schien. Sie redete Lou nie wieder mit Louisa Mae an. Lou und Oz hatten der Schulbibliothek eine Kiste mit eigenen Büchern vermacht, und die Kinder waren eins nach dem anderen herangeschlichen, um sich bei ihnen zu bedanken. So herrschte für den Augenblick Ruhe an allen Fronten.
    Lou stand vor der Morgendämmerung auf, verrichtete ihre Hausarbeiten und ging zur Schule. Zu Mittag aß sie ihr Maisbrot und trank gemeinsam mit Oz ihre Milch unter dem Walnussbaum, in den die Initialen und Namen derjenigen eingekerbt waren, die hier schon die Schulbank gedrückt hatten. Lou verspürte nie das Verlangen, sich ebenfalls auf diese Weise zu verewigen, weil es etwas Dauerhaftes symbolisierte, das sie nicht billigen wollte. Nachmittags wartete dann weitere Farmarbeit auf die beiden Kinder, und kurz nach Sonnenuntergang fielen sie erschöpft in die Betten. Es war ein gleichförmiges Leben ohne besondere Vorkommnisse, das Lou im Augenblick sehr zu schätzen

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