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Das Versprechen

Das Versprechen

Titel: Das Versprechen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: David Baldacci
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schlängelten sich durch das unterernährte Fleisch, und das Gesicht war verschrumpelt wie eine Winterkartoffel.
    Louisa hob die Decke hoch und sah das nasse Laken darunter. »Wann ist die Fruchtblase geplatzt?«
    Sally atmete mühsam. »Kurz nachdem Billy losgegangen ist, um Sie zu holen.«
    »Kommen die Wehen schnell hintereinander?«, fragte Louisa.
    »Es kommt mir vor, als wäre es ein einziger Schmerz«, ächzte die Frau.
    Louisa tastete den geschwollenen Bauch ab. »Hast du das Gefühl, das Baby will kommen?«
    Sally klammerte sich an Louisas Hand. »Mein Gott, das hoffe ich inständig, ehe es mich umbringt.«
    Billy kam mit ein paar Laken herein, legte sie auf den Stuhl, warf einen kurzen Blick auf seine Ma und flüchtete dann aus dem Zimmer.
    »Lou, hilf mir mal, Sally ein wenig zur Seite zu schieben und hochzuheben, damit wir frische Laken aufspannen können.« Sie machten sich ans Werk und bewegten die von Schmerzen gepeinigte Frau so behutsam wie möglich. »Und jetzt hilf Jesse mit dem Wasser. Und nimm dies gleich mit.« Sie reichte Lou eine Anzahl Stofflappen, die aufeinander gestapelt waren, dazu eine dünne Schnur. »Wickel die Schnur in der Mitte um die Lappen und leg alles in den Herd. Dann back es, bis die Ränder sich braun färben.«
    Lou tat, was Louisa ihr aufgetragen hatte, und ging Jesse in der Küche zur Hand. Sie hatte das Mädchen noch nie in der Schule gesehen, ebenso wenig den etwa siebenjährigen Jungen, der sie beide mit ängstlichen Augen beobachtete. Jesse hatte eine breite Narbe im Gesicht, die sich halb um das linke Auge herumzog. Lou wollte gar nicht erst darüber nachdenken, wie das Mädchen wohl zu diesem Wundmal gelangt war.
    Der Herd war schon heiß, und das Wasser kochte nach wenigen Minuten. Lou schaute mehrmals nach dem Bündel Lappen, das sie ins Backfach des Herdes gelegt hatte, und es dauerte nicht lange, da hatten die Ränder sich braun verfärbt. Indem sie die Hände mit ein paar Lumpen schützten, schleppten die zwei Mädchen die Töpfe und Stoffbündel ins Schlafzimmer und stellten und legten alles neben dem Bett ab.
    Louisa wusch Sally dort, wo das Baby herauskommen würde, mit Seife und warmem Wasser und deckte sie wieder zu.
    Sie wandte sich im Flüsterton an Lou. »Das Baby ruht sich jetzt ein letztes Mal aus, und Sally tut es auch. Kann noch nicht sagen, wie es wird, aber es ist wohl keine Querlage.« Lou blickte sie verständnislos an. »Wo das Baby quer im Bauch liegt. Ich ruf dich, wenn ich dich brauche.«
    »Wie viele Babys hast du schon auf die Welt geholt?«
    »Zweiunddreißig in siebenundfünfzig Jahren«, antwortete Louisa. »Ich erinner mich an jedes einzelne.«
    »Sind alle am Leben geblieben?«
    »Nein«, sagte Louisa leise und wiederholte: »Ich ruf dich, wenn ich dich brauche.«
    Jesse war in der Küche. Sie stand an einer Wand, hatte die Hände gefaltet und den Kopf gesenkt, und ein Teil ihres ungleichmäßig geschnittenen Haars bedeckte die Narbe und teilweise auch das Auge.
    Lou warf einen Blick auf den Jungen im Bett.
    »Wie heißt du?«, wollte Lou von ihm wissen. Er antwortete nicht. Als Lou einen Schritt in seine Richtung machte, stieß er einen Schrei aus, zog sich die Decke über den Kopf und zitterte am ganzen Leib. Lou erschrak so sehr, dass sie schnellstens das verrückte Haus verließ.
    Draußen schaute sie sich um, bis sie Billy drüben beim Stall entdeckte, wo er durch das offene Tor lugte. Sie überquerte leise den Hof und blickte ihm über die Schulter. George Davis war nicht mehr als fünf, sechs Schritte von ihnen entfernt. Die Stute lag auf dem mit Stroh bedeckten Boden. Aus ihr ragten, vom kokonartigen weißen Geburtssack umhüllt, ein Vorderbein und eine Schulter des Fohlens. Davis zog an dem glitschigen Bein und fluchte. Der Stallboden bestand aus Holzbrettern und nicht aus nackter Erde. Im Schein einiger Laternen sah Lou glänzendes Werkzeug reihenweise an den Wänden lehnen.
    Da sie Davis’ derbe Sprache und das Leiden der Stute nicht ertragen konnte, zog Lou sich zurück und setzte sich auf die Veranda. Billy folgte ihr und ließ sich neben ihr nieder. »Eure Farm ist ganz schön groß«, stellte Lou fest.
    »Pa stellt immer Männer ein, die ihm helfen. Aber wenn ich erwachsen bin, braucht er das nicht mehr. Dann mach ich die Arbeit.«
    Sie hörten, wie George Davis im Stall einen wilden Fluch ausstieß, und zuckten beide erschrocken zusammen. Billy senkte verlegen den Blick und scharrte mit seinem dicken Zeh im

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