Das Versprechen des Opals
Zehen aussandte, und seine dunkle, gedehnte Sprechweise betörte sie – und endlich verstand sie die atemlose Prosa in all den Groschenromanen, die sie verschlungen hatte.
Als die Pferde von der Koppel geholt und beschlagen waren und alles Gepäck aufgeladen war, stieg die Gruppe auf. Zwei Lasttiere trugen Äxte, Schaufeln, Stemmeisen, Zaundraht und Kalikoballen. Einen Koch nahmen sie nicht mit; jeder Reiter musste sich unterwegs selbst versorgen. Sie würden drei Tage bis zum Twelve Mile Creek brauchen.
Miriam war daran gewöhnt, lange im Sattel zu sitzen, und gern mit den Männern zusammen, die auf Bellbird arbeiteten; sie liebte ihren rauen Humor. Aber diese Reise hatte etwas Magisches, denn während sie weit hinaus in die endlosen Ebenen des Outback ritten, fühlte sie sich mehr und mehr hingezogen zu dem Mann mit den lachenden blauen Augen und der dunklen texanischen Stimme.
Edward Strong ritt mit langem Steigbügel wie die Viehtreiber, aber damit war die Ähnlichkeit auch zu Ende. In das Leder seiner Stiefel waren Verzierungen geprägt, und sie hatten hohe Absätze, anders als die australischen Stiefel, die schlicht und flach waren. Statt der Moleskins trug er lederne Chaps und Jeans mit einem verschnörkelten Ledergürtel, auf dessen Silberschnalle ein dicker Türkis prangte. Seine Hutkrempe war breiter als die der üblichen Buschhüte, der Huthöher, und in einem Hutband aus Schlangenhaut steckte eine Adlerfeder.
Im Lauf der nächsten drei Tage ließ Miriam ihn nicht aus den Augen. Er saß auf seinem großen Wallach und hielt die Zügel locker in der behandschuhten Hand. Es ist, als seien Mann und Pferd aus demselben Holz, dachte sie, als sie am dritten Tag das Lager aufschlugen. Beide hatten einen geschmeidigen, kräftigen Körperbau und eine edle Kopfhaltung. Beide fügten sich in die rostbraune Landschaft des Outback. Miriam begriff, dass sie dabei war, sich zu verlieben – und Kates Warnungen zum Trotz konnte sie nichts dagegen tun.
Twelve Mile Creek war ein flacher, klarer Wasserlauf, der sich wie eine Schlange durch ein sandiges Bett wand, der allmählich versickerte und im Busch verschwand. Auch für das unerfahrene Auge waren die Pferdespuren zwischen denen von Emus, Kängurus und Waranen nicht zu übersehen.
Edward Strongs ruhige Stimme ließ alle anderen Gespräche verstummen. »Ich schätze, sie werden nicht mehr viel länger herkommen. Seht ihr diese Spuren? Da haben die Mustangs mit den Hufen Löcher in den Sand gescharrt, um das Wasser zu trinken, das sich darin sammelt.«
Er schob den Stetson in den Nacken und schaute zum bleigrauen Himmel hinauf. In den letzten drei Tagen hatte es nicht geregnet. »Sie werden weiterziehen, irgendwohin, wo es reichlich Wasser gibt. Den Bach hier wird ’s nicht mehr lange geben, trotz des Regens in letzter Zeit.«
»Wie viele, glauben Sie, kommen her?«, flüsterte Miriam.
Er schaute sie mit seinen blauen Augen an. »Fünfzig bis hundert Stück, schätze ich. Schwer zu sagen bei diesem zerwühlten Boden.« Dann ließ ein Lächeln sein Gesicht aufleuchten, und er wirkte plötzlich sehr jungenhaft. »Schlafen Sie jetzt lieber ein bisschen. Morgen müssen wir früh raus, Ma’am.«
Miriam fühlte, wie sie rot wurde, und wandte sich ab. Es war, als wisse Edward Strong genau, welche Wirkung er auf sie hatte – sie erkannte es am Funkeln in seinem Blick und an dem Lächeln, das seine Mundwinkel umspielte. In dieser Nacht schlief sie nicht gut, und das hatte nichts mit dem harten Boden zu tun.
Das Frühstück bestand aus Brot, das in der Glut gebacken wurde, und Tee, der heiß heruntergestürzt wurde, ehe die Sonne aufging. Dann wurden die Pferde gesattelt, und die Gruppe verließ den Lagerplatz und brach auf, um die anderen Wasserlöcher zu erkunden. Vorsichtig und leise bewegten sie sich durch den Busch. Sie näherten sich dem entlegensten Wasserloch der Farm, als Edward sie anhalten ließ.
»Da«, flüsterte er und zügelte sein Pferd neben Miriam. »Da drüben.«
Miriam spähte in die Richtung, die sein Finger wies, und unterdrückte einen Freudenschrei. Fünfzehn oder zwanzig junge Pferde drängten sich am sandigen Flussufer, scharrten mit den Hufen und senkten die Mäuler ins Wasser. Ihr Fell war staubig, aber die muskulösen Gestalten sahen prachtvoll aus.
»Fangen wir sie jetzt ein?«, flüsterte sie.
Edward lehnte sich herüber, und sein Sattel knarrte. Er schüttelte den Kopf, und seine blauen Augen hypnotisierten sie. »Hätte keinen Sinn.
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