Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Das Versprechen des Opals

Das Versprechen des Opals

Titel: Das Versprechen des Opals Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Tamara McKinley
Vom Netzwerk:
nennen kann.« Sein Gesicht war dem ihren ganz nah, und sie spürte, dass er sie magnetisch anzog. »Deine Mum und dein Dad halten nichts von mir, und das ist ihr gutes Recht. Ich bin ein Nomade, Miriam. Ein Mann, der nichts lieber tut, als frei durch das Land zu reiten. Deine Familie hat andere Pläne für eine Lady wie dich.«
    Er fasste ihr Kinn mit Daumen und Zeigefinger und zog sie zu sich heran, bis ihre Gesichter nur noch einen Atemhauch weit voneinander entfernt waren. Miriam sah die winzigen Sommersprossen, mit denen seine Nase gesprenkelt war, und die verschiedenen Blautöne, die in seinen Augen funkelten wie in einem Prisma. »Es ist mir egal, was sie denken«, flüsterte sie. »Oder welche Pläne sie haben. Ich will bei dir sein.«
    Er gab ihr einen federleichten Kuss und wich wieder zurück. Dann stand er auf, schlug mit dem Hut gegen sein Bein und setzte ihn auf. »Aber mir ist es nicht egal«, sagte er mit Entschiedenheit und schaute über die Weide hinaus. »Es bringt nichts ein, wenn man versucht, die Dinge zu ändern, Miriam. Ich bin noch nicht bereit, mich niederzulassen.«
    Miriam strich sacht mit der Fingerspitze über die Kurve ihrer Lippen. Noch immer fühlte sie seinen Kuss. Es war, als habe er ihr sein Brandzeichen aufgedrückt. »Du fühlst also etwas?«, fragte sie beharrlich.
    Endlich drehte er sich um und schaute auf sie herab.
    »O ja«, flüsterte er.
    Dann wurde er plötzlich sehr geschäftig. Er nahm ihre Hände, zog sie hoch und wandte sich ab. »Aber wir werden beide darüber hinwegkommen«, sagte er fest, und dann ging er davon.
    Sechs Monate waren vergangen. Kate saß auf der Veranda und schrieb die letzten Briefe, damit sie rechtzeitig vor Weihnachtenankamen. Sie schrieb immer noch oft nach Hause und blieb mit ihrer weit verstreuten Familie in Verbindung. Alle ihre Geschwister waren inzwischen verheiratet, nur ihr kleiner Bruder nicht – der war Priester geworden. Es war traurig, dass Mum und Dad nicht mehr lebten, denn sie wären stolz auf sie alle gewesen.
    Die Slums von Dublin lagen weit hinter ihnen; sie alle waren Kates Beispiel gefolgt und in die Welt hinausgezogen. Drei ihrer Schwestern waren in Amerika, zwei in Kanada, und ein Bruder hatte sich einen Namen als Tischlermeister in London gemacht. Eine weitere Schwester hatte einen Italiener geheiratet und lebte glücklich in Venedig, wo sie ein Hotel führte und eine große Kinderschar aufzog.
    Sie schob den Stapel Briefe zur Seite, lehnte sich zurück und dachte an die Jahre, die vergangen waren, seit sie ihr Elternhaus verlassen hatte, und an die Veränderungen, die diese Jahre mit sich gebracht hatten. Vom Hausmädchen zur Partnerin in einem Geschäft, vom ledigen Mädchen zur Ehefrau und Herrin über die Bellbird-Farm – das Leben hatte ihr so viel geschenkt.
    Der Reichtum hatte vieles leichter gemacht, nachdem Isaac gestorben war und ihr alles hinterlassen hatte, aber die Einsamkeit hatte er nicht vertrieben, und nach Henrys plötzlichem Verschwinden hatte sie ihre ganze Liebe seiner Tochter Miriam geschenkt. Dann war George in ihr Leben getreten, und sie erkannte, dass sie bis dahin nie wirklich geliebt hatte – nicht so tief, so vertrauensvoll –, und nur eins betrübte sie und erfüllte sie mit einem tiefen Schmerz, der nie ganz verging: dass sie keine gemeinsamen Kinder hatten.
    Ihr Blick wanderte über die Weiden, die Stallungen und Koppeln. Bellbird war ihre Zuflucht geworden, ihre Heimat, aber so geordnet und glücklich ihr Leben auch war, sie spürte noch immer den Lockruf des Abenteuers. Es gab noch so vieleOrte, die sie erkunden, so viele Reisen, die sie noch machen wollte, und in den letzten Wochen hatte sie begriffen, dass Bellbird zu einem Gefängnis zu werden drohte. Also hatte sie begonnen, Pläne zu schmieden, geheime Pläne, die sie enthüllen würde, sobald sie fertig wären.
    Sie schlang die Arme um ihre Taille und lächelte. Wie überrascht George sein würde, wenn sie ihm zeigte, was sie sich ausgedacht hatte – und wie aufregend es sein würde, Gelegenheit zu haben, in der Großstadt einzukaufen: Sie brauchte eine neue Garderobe, und nichts tat sie lieber als Kleider und Schuhe und Hüte kaufen. Tagaus, tagein in Arbeitskleidung zu schuften war schön und gut, aber manchmal sehnte sie sich doch danach, wie eine Frau auszusehen.
    Aus dem Augenwinkel gewahrte sie eine Bewegung. Es war Mim; sie schleppte Wassereimer zu den Stallungen, mit gesenktem Kopf und hängenden Schultern.
    Kate seufzte.

Weitere Kostenlose Bücher