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Das Versprechen des Opals

Das Versprechen des Opals

Titel: Das Versprechen des Opals Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Tamara McKinley
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sowieso.
    Ihr Schlafzimmer leuchtete in dem diffusen Licht, das durch die Musselingardinen hereinfiel. Miriam legte die Schokoladenschachtel neben die Spieldose auf die Kommode, ließ sich auf das Bett fallen und sank mit einem Seufzer der Erleichterung in die Kissen. Die Briefe würde sie am Abend lesen, wenn sie sicher sein konnte, dass niemand sie stören würde. Jetzt brauchte sie ein bisschen Ruhe. Die Schmerzen machten sie müde; unaufhörlich bohrten und nagten sie an ihr und zogen sie herunter.
    Sie schloss die Augen und wartete darauf, dass die Tabletten wirkten. Die letzten Tage sind wirklich zu viel für mich gewesen, gestand sie sich ein. Vielleicht fordert mich das Schicksal heraus, da ich all das noch bewerkstelligen will, bevor ich abtreten muss. Aber es waren unerledigte Dinge, und ihr ordnungsliebender Sinn erlaubte ihr nicht, sie so zu hinterlassen.
    Seufzend dachte sie an die Briefe von Kate. Sie waren erst angekommen, nachdem der Priester längst die schreckliche Nachricht überbracht hatte, dass keiner der beiden überlebt hatte, und es hatte eine Weile gedauert, bis sie den Mut gefunden hatte, sie zu lesen.
    Kate hatte in diesen Briefen so glücklich geklungen, so aufgeregt und so beeindruckt von diesem unsinkbaren schwimmenden Palast. Sie hatte ihre Kabine beschrieben und den prunkvollen Ballsaal und freute sich auf das Dinner am Kapitänstisch. Wie tragisch, dass das alles in einem eisigen Ozeanhatte enden müssen. Der einzige Trost lag darin, dass sie und George zusammen gestorben waren. Aber dieses Wissen hatte den Schmerz nicht gelindert und die Leere nicht gefüllt, die sie hinterlassen hatten.
    Edward hatte ihr in jenen dunklen Tagen Halt gegeben. Er hatte sich um die Banken und um Anwälte gekümmert und Frank als Verwalter nach Bellbird geholt. Aber seine Tage als wandernder Zureiter waren zu Ende gewesen.
    Vor der Abreise aus Sydney hatten Kate und George ihr Testament gemacht. Ob Kate wusste, dass sie nicht zurückkehren würde? Das fragte Miriam sich. Aber vielleicht lag es eher daran, dass sie alles organisiert haben wollte. Miriam war diese Erklärung lieber, denn Kate war beim Abschied so fröhlich gewesen. Miriam erbte die Farm und Kates Vermögen, aber in ihrem Schmerz hatte sie die Bedeutung der alten Spieldose nicht begriffen, ebenso wenig wie den Brief, den sie in Kates Schreibtisch gefunden hatte.
    Der Brief war an sie gerichtet: Kate schrieb, wie sehr sie sie liebte und wie stolz sie auf sie war. Und auf der letzten Seite stand, sie habe ein Überraschungsgeschenk zu Miriams einundzwanzigstem Geburtstag, den sie nach ihrer Heimkehr feiern wollten. Sie sagte nicht, was es war, aber sie deutete an, dass die Spieldose etwas damit zu tun habe.
    Miriam fand nichts in der Spieldose, und weil sie annahm, dass Kate wegen dieses Geburtstags noch nichts unternommen hatte, schaffte sie den Brief mit Kates anderen Sachen auf den Dachboden, wo sie aus den Augen, wenn auch nicht aus dem Sinn waren. Die Erinnerungen waren noch zu lebendig, der Schmerz über die Trennung noch zu stark. Miriam musste lernen, ihr Leben weiterzuführen, und das konnte sie nur, wenn sie sich auf die Zukunft und auf Edward konzentrierte.
    Miriam döste nur ein wenig, denn ihre Erinnerungen warenübermächtig. Als die Schmerzen schließlich nachließen, stand sie wieder auf und holte Hut und Stiefel. Dazuliegen und morbiden Gedanken nachzuhängen, das ist sinnlos, dachte sie und griff nach ihrem Gewehr. Lieber wollte sie auch hinaus in die Sonne gehen und den wunderbaren Tag genießen.
    Sie vergewisserte sich, dass das Gewehr geladen war. Vielleicht könnte sie ein Känguru erwischen. Sie war schon lange nicht mehr auf der Jagd gewesen, und es würde sicher Spaß machen, es ein letztes Mal zu versuchen. Als sie in den Hof hinaustrat, wäre sie beinahe mit Frank zusammengestoßen, der aus der Sattelkammer kam. »Spann mir Old Blue ein«, befahl sie und ignorierte sein entsetztes Gesicht. »Ich hole den Buggy.«
    »Sie werden nichts dergleichen tun«, knurrte Frank und hielt einen vorübergehenden Stallknecht fest. »Hol den Buggy für Mrs Strong raus, und sieh zu, dass das Rad in Ordnung ist.« Er wandte sich wieder Miriam zu. »Und wenn es nicht in Ordnung ist, fahren Sie nicht.«
    Sie bemerkte sein trübsinniges Gesicht und hatte Mühe, nicht zu lächeln. Der liebe Frank – er benahm sich, als wäre er ihr Vater, dabei betrug der Altersunterschied zwischen ihnen nur ein paar Monate. »Ich hab vorgestern

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