Das Versprechen des Opals
meinst wohl Jake?« Sie kicherte. »Was hat er denn jetzt wieder getan?«
»Gar nichts!«, fauchte Fiona.
»Vielleicht ist das ja das Problem«, brummte Louise.
Fiona schoss in die Höhe. »Nein, ist es nicht«, schimpfte sie. »Er ist verheiratet, Lou. Der Mistkerl ist verheiratet.«
»Ja, ich weiß«, begann Louise. »Aber …«
»Wieso zum Teufel hast du mich dann nicht gewarnt?« Fiona ließ sich wieder auf das Kissen fallen und verschränkte die Arme. Sie kochte vor Zorn.
Louise schaute zu ihr herüber und kicherte wieder. »Du liebe Güte, dich hat ’s aber bös erwischt, was?« Sie wich dem Schlag ihrer Schwester aus. »Er war verheiratet«, sagte sie lachend. »Aber Mim hat mir erzählt, dass er schon seit einer Ewigkeit geschieden ist. Ich weiß nicht, warum du dich so aufregst, Fee. Du bist doch nicht verliebt in ihn oder so. Oder?«
Fiona setzte sich auf und funkelte sie an. »Geschieden? Wieso lässt er mich dann glauben, er wäre noch verheiratet?«
Louise zuckte die Achseln. »Keine Ahnung.«
Fiona sank zurück. »Mistkerl!«, flüsterte sie.
»Langsam, Fee. Du kannst nicht alles haben.« Ihr Kichern erstickte unter dem Kissen, das Fiona auf ihr Gesicht schleuderte. Als sie wieder aufgetaucht war, stützte sie sich auf den Ellenbogen. »Der arme Kerl weiß wahrscheinlich nicht, woran er bei dir ist«, sagte sie und spuckte eine Daunenfeder aus. »Vielleicht braucht er noch ein bisschen Zeit, um sich über alles klar zu werden. Du kannst manchmal ein bisschen … überwältigend sein.«
Fiona lag noch lange wach, als Louise eingeschlafen war. Wenn Jake Connor glaubte, er könne Spielchen mit ihr spielen, dann hatte er sich
geschnitten. Aber es könnte interessant sein herauszufinden, wie weit er mit seinem Täuschungsmanöver gehen würde. Und vielleicht würde es ihn lehren,
nicht mit ihr zu spielen.
Miriam lag im Dunkeln und lauscht den Geräuschen der anderen, als sie zu Bett gingen. Sie hörte das tiefe Grollen von Leos Stimme vor Chloes Tür und nach einem kurzen Streit seine Schritte in der Diele. Wann werden die beiden endlich begreifen, dass sie nicht ohne einander leben können?, dachte sie betrübt. Sie vergeuden ihre Chance, glücklich zu sein. Es war eine solche Verschwendung von Lebenszeit, wenn zwei, die sich liebten, nicht zusammen waren, obwohl zwischen ihnen nur der Stolz stand.
Sie hob den Kopf von den Kissen, als sie Fiona und Jake reden hörte. Dann hallten seine Stiefel auf dem Holzboden, und die Fliegentür knarrte: Er war gegangen. Kurz danach hörte sie die Mädchen reden, kichern, vielleicht streiten. Sie verstand nicht, was sie sagten, aber Fiona schien sehr aufgebracht zu sein.
Sie lächelte. »Ich wette einen Cent gegen einen Dollar, dass es etwas mit Jake zu tun hat«, murmelte sie.
Wie schön es war, wieder einmal ein volles Haus zu haben! Die Familie zankte, und jeder versuchte sich seinen Platz zu sichern, aber das brachte neues Leben unter die alten Dachbalken und ließ die Echos in den dunklen Winkeln verstummen. Es waren zu viele Jahre der Stille gewesen, zu viele lange Perioden der Einsamkeit, in denen sie einen vertrauten Menschen gebraucht hatte, mit dem sie hätte reden können. Frank war ein Freund, ein guter Freund, aber die Familie war etwas anderes, und ab und zu hatte sie sich sehr danach gesehnt, sie alle in ihrer Nähe zu haben.
Miriam schloss die Augen. Es war das letzte Mal, dass sie alle zusammen auf Bellbird waren. Das letzte Mal, dass sie Kraft aus ihnen beziehen und den Geist von Jugend und Vitalität atmen konnte, der sie in den letzten Tagen aufrecht gehalten hatte. Ihre Stunde nahte, und wenn es etwas gab, das sie bedauerte,dann nur, dass sie die Familie zurückließ und alle ohne sie würden weitermachen müssen. Sie würde sie zurücklassen, und sie würden älter und hoffentlich klüger werden. Sie würden ihren Weg allein finden, Erfolge und Niederlagen erleben und ganz sicher auch die Liebe finden in vielerlei Gestalt.
Wie sehr wünschte sie, sie könne bei ihnen bleiben und das alles miterleben, um zu wissen, wie es ihnen erging, und um zu sehen, wie ihre Urenkel das Licht der Welt erblickten. »Du wirst sentimental«, murrte sie und nahm noch eine Tablette. »Du kannst den Löffel ruhig abgeben; sie werden auch ohne dich zurechtkommen.«
Während sie darauf wartete, dass die Schmerztablette ihre Wirkung tat, dachte sie an das Leben und den Tod und die Fähigkeit der menschlichen Psyche, mit allem zurechtzukommen. Die
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