Das Versprechen des Opals
dirigierte.
»Dann solltest du ihn lieber retten, ehe er sie ausziehen und waschen und auf sein Zimmer bringen lässt.«
Mit leisem Lachen und verträumtem Blick legte Chloe ihrer Tochter den Arm um die Schultern. »Es ist schön, dich zu sehen. Ich habe nicht geglaubt, dass du rechtzeitig zu Mims Geburtstag wieder da sein würdest – von dieser Ausstellung ganz zu schweigen.«
Fiona lächelte, als sie den familiären Kosenamen ihrer Großmutter hörte. Miriam hatte ihn selbst erfunden, als sie noch ganz klein war und ihren Namen nicht aussprechen konnte. Er hatte sich eingebürgert und war über die Generationen weitergegeben worden. »Ich wollte beides nicht verpassen«, sagte sie mit Entschiedenheit. »Die Sommer auf Bellbird sind immer noch etwas Besonderes für mich. Außerdem waren die Fotoaufnahmen in Brasilien erledigt, und ich musste nach Hause kommen, um die Filme ordentlich entwickeln zu lassen.«
»Hoffentlich zahlt National Geographic dir genug dafür«, sagte Cloe. »Ich kriege dich ja kaum noch zu sehen.«
Fiona bemerkte, dass nackte Füße unter Chloes smaragdgrünem Kaftan hervorlugten; ihre Mutter hatte wieder einmal vergessen, Schuhe anzuziehen, aber weil sie an deren verträumte Haltung in allen Dingen gewöhnt war, ignorierte sie das Versäumnis und kommentierte es nicht. Als Künstlerin konnte Chloe sich leisten, exzentrisch zu sein – tatsächlich förderte es sogar ihr Ansehen. »Du solltest Dad retten«, erinnerte Fiona sie.
»Ihr Lieben«, dröhnte er und breitete zur Begrüßung die Arme aus, »kommt und gebt mir einen Kuss, bevor ich ganz zerschmelze!«
Fiona kicherte und küsste ihn auf die Wange, und er drückte sie wie ein Bär an seine Brust. Sie war an sein theatralisches Auftreten gewöhnt; wahrscheinlich hatte es etwas mit seinen Vorfahren aus der Boheme zu tun. »Hallo, Dad.«
»Leo, Darling«, flüsterte er ihr ins Ohr. »Dad klingt so alt.Ich darf mir doch nicht die Blöße geben, alle Leute hier wissen zu lassen, wie gebrechlich ich in Wirklichkeit bin.« Sein Lächeln verriet, dass diese Ermahnung nicht ernst gemeint war. Er küsste sie auf die Stirn. »Du duftest wunderbar«, murmelte er. »Was hast du da im Haar?«
Sie kicherte. »Brasilianisches Shampoo.« Diese Bemerkung war typisch für ihn, und deshalb konnten sie und Mum ihm letzten Endes doch immer wieder verzeihen. In den Augen ihrer Schwester Louise war er ein schmutziger alter Mann, aber Fiona und ihre Mutter wussten, dass er die Frauen ehrlich liebte. Er sah sie gern, kaufte gern für sie ein, hörte gern ihren Klatsch. Aber vor allem liebte er ihren Duft, ihre Sanftheit und sogar ihre Fähigkeit, die Krallen zu zeigen, wenn sie zum Angriff übergingen. Sein angeborenes Verständnis für das Weibliche in all seinen Formen war der Grund, weshalb er ein so großer Künstler war.
Fiona trat zurück, als er Cloe umarmte und küsste. Sie waren ein schönes Paar. Chloes Haarkaskaden hoben sich leuchtend von seiner silbrigen Mähne ab, und ihre Kurven schmiegten sich geschmeidig an seine Gestalt.
»Wo ist denn deine Schwester mit ihrem grässlichen Ehemann?«, fragte er und schaute sich im Raum um.
»In der Bar, glaube ich.« Geistesabwesend nahm Chloe ihr Champagnerglas und sah sich um. »Ralph ist ein Bankkollege über den Weg gelaufen.«
Sie benutzte seinen Taufnamen, wie sie es hinter seinem Rücken alle taten. Rafe klang viel zu flott für einen solchen Trottel.
»Ohne Zweifel redet er übers Geschäft«, murrte Leo. »Hat der Mann eigentlich keine Seele? Ich schwitze Blut und Wasser, um diese verdammte Ausstellung auf die Beine zu stellen, und er redet lieber über die Bank.« Schnaubend knallte er sein Glas auf einen Tisch. »Ich werde ihn da rausholen.«
Fiona legte ihm beruhigend die Hand auf den Arm. Leo war nicht der Taktvollste, wenn es um seinen Schwiegersohn ging. »Ich gehe«, sagte sie entschlossen. »Du musst hier bleiben und dein Publikum bezaubern.« Sie beugte sich zu ihm und fügte mit leiser Stimme hinzu: »Und lass die Blonde in Ruhe – sie ist mit Shamrock Holdings verheiratet.«
Er strich sich das Haar zurück und zog eine Grimasse. »Genug gesagt. Geh deine Schwester holen, und wir machen noch eine Flasche Champagner auf. Die Galerie zahlt.«
Fiona sah, dass Chloe sich bei ihm unterhakte und er sie durch die plaudernde Menge führte. Es hatte keinen Sinn, sich zu wünschen, dass sich zwischen ihren Eltern noch einmal etwas änderte; sie schienen jetzt glücklicher, einander
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