Das Versprechen des Opals
der die ganze Last der Welt auf seinen Schultern trägt«, sagte sie nach verlegenem Schweigen.
»Ich bin ein ziemlich nervöser Mann«, antwortete er schroff. »Wenn Sie gekommen sind, um mich mit Fragen zu löchern, sag ich sofort gute Nacht.«
»Empfindlich.« Sie zündete sich eine Zigarette an und blies den Rauch von sich. »Mir liegt zufällig was an Mim, das ist alles. Sie können mir nicht vorwerfen, dass ich wissen will, was hier vorgeht.«
Er stützte die Ellenbogen auf die Knie und betrachtete sie. Sie war sehr schön, selbst in ihrem unterdrückten Zorn. »Ich musste Mim versprechen, bis morgen den Mund zu halten«, sagte er. »Und ich werde mein Versprechen halten. Sie müssen sich gedulden.«
»Wie schön, Jake«, sagte sie und blies eine neue Rauchwolke. »Da besuche ich Bellbird wie jeden Sommer und finde einen fremden Mann vor, der sich mit meiner Großmutter verbündet hat, und Sie erwarten, dass ich nicht neugierig bin? Was hates mit Mims Sturz auf sich und mit irgendeiner verdammten Spieldose?«
Jake stand auf. Er schob die Hände in die Taschen und lehnte sich an das Geländer. Nur mit Mühe konnte er ein Lachen unterdrücken. »Da, Sie fangen schon wieder an. Ich glaube, ich gehe jetzt besser.«
Sie trat zu ihm und legte ihm leicht die Hand auf den Arm. »Nein, nicht«, sagte sie leise. »Es tut mir Leid. Ich sollte nicht versuchen, Sie zu überreden, Ihr Versprechen zu brechen, aber es ist so frustrierend, nicht zu wissen, was hier vorgeht.«
Sie schwiegen eine Weile. Jake spürte, wie nah sie neben ihm stand; ihr Parfüm mischte sich mit den Düften der Nacht, und er bekam Herzklopfen. »Es tut mir ja auch Leid«, sagte er schließlich. »Ich verstehe, dass es Ihnen auf die Nerven geht. Aber ich versichere Ihnen, dass Mim nicht betrogen oder manipuliert wird. Sie hat einfach etwas zu klären, und ich bin zufällig derjenige, der ihr vielleicht dabei helfen kann.«
Ein entsetzliches Gekreisch und Geheul unterbrach ihr Gespräch. Es kam aus dem Schatten neben dem Haus. Beide beugten sich über das Geländer, und dann begriff Jake.
»Anscheinend hat Eric sich jetzt zu viel zugetraut«, sagte er. Staubwolken umwirbelten die beiden kämpfenden Kater.
»Wer zum Teufel ist Eric?« Fiona spähte in die Dunkelheit.
»Mein Kater«, sagte Jake grimmig. Ratlos blieb er am Geländer stehen. Als er merkte, wie erstaunt Fiona ihn anstarrte, errötete er verlegen. »Zu Hause hat Eric die Oberhand in unserer Gegend, aber ich glaube, diesmal hat er sich den falschen Gegner ausgesucht.«
»Ich werde verrückt«, ächzte Fiona. »Sie haben Ihren Kater mit hierher gebracht?«
Jake senkte den Kopf. Wahrscheinlich hatte sie Recht. Abersie kannte Eric nicht, und ihn zu Hause zu lassen – das kam wirklich nicht in Frage.
Eric erschien unten an der Treppe, hoch erhobenen Hauptes, aber mit blutigen Ohren. Steif beinig vor Aufgeblasenheit stolzierte er die Treppe herauf und musterte sein Publikum, als wolle er sagen: Das wäre geklärt! Wie wär ’s mit einem kleinen Applaus?
Fiona kicherte und bückte sich, um ihn zu streicheln.
Jake wollte sie warnen, aber es verschlug ihm die Sprache, als er sah, wie bereitwillig der Kater ihre Aufmerksamkeiten entgegennahm. Er begann zu schnurren und rieb sich an Fionas Beinen. Jake stand fassungslos da.
Fiona wollte den Kater auf den Arm nehmen.
»Da wäre ich vorsichtig«, sagte Jake scharf. »Eric gestattet Ihnen nur ein gewisses Maß an Freiheiten. Dann beißt er.«
»Du würdest mich doch nicht beißen, mein Kleiner, oder?«, gurrte Fiona und wühlte die Nase in sein Fell.
Eric starrte Jake mit seinen gelben Augen unverschämt an und schloss sie dann in ekstatischem Behagen.
Jake beobachtete Fiona. Der Mond spiegelte sich in ihren Augen, und ihre zarte Haut schimmerte. Das Leben war schon kompliziert genug, aber Jake hatte so eine Ahnung, dass es noch komplizierter werden würde, wenn er zu lange auf Bellbird bliebe.
ZEHN
M iriam war früh aufgestanden. Sie hatte mit dem Koch verabredet, dass die Männer am Abend ein besonderes Essen bekommen sollten, bevor sie mit Fiona den Lunch vorbereitete. Die Gästebetten wurden mit frisch gewaschenem Leinen bezogen, und Fiona überzog auch das Bett auf der Veranda neu, während Jake seine Sachen und den Kater in die leere Viehtreiberhütte hinüberschaffte. Die Hütte hatte schon bessere Tage gesehen, aber obwohl sie leer stand, seit zehn Jahre zuvor die neue Schlaf baracke gebaut worden war, war sie trocken und
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