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Das verstummen der Kraehe

Das verstummen der Kraehe

Titel: Das verstummen der Kraehe Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Sabine Kornbichler
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Arbeit als Gartenarchitektin aber auch kein Wunder war. Ich stand auf und trat auf die Terrasse. Links von mir erstreckte sich ein großzügig verglastes Badehaus. Das Becken, das sich darin befand, konnte durchaus sportliche Ambitionen wecken.
    Henrike trat neben mich und gab ein sehnsüchtiges Seufzen von sich. »Es gibt durchaus Dinge, auf die ich neidisch bin. So ein Schwimmbad gehört dazu. Stell dir nur vor, du könntest in so einem Ding jeden Morgen deine Bahnen ziehen.«
    »Ich stelle mir den Aufwand vor, um das in Schuss zu halten«, erwiderte ich trocken. »Von den Energiekosten ganz zu schweigen.«
    »Vielleicht ist Tilman Velte deshalb so heiß auf das Erbe.« Sie zwinkerte mir zu.
    Hinter uns klirrten Gläser. Wie auf Kommando wandten wir uns um und gingen zurück. Rena Velte goss Wasser in drei Gläser, die sie auf den Couchtisch gestellt hatte.
    »Schön haben Sie es hier«, sagte Henrike. »Um Ihr Schwimmbad beneide ich Sie. Wir haben uns gerade gefragt, ob es viel Arbeit macht, es in Schuss zu halten.«
    »Wir haben eine Firma, die das übernimmt«, antwortete sie mit weicher, melodischer Stimme.
    »Schwimmen Sie täglich darin?«, fragte ich und verlegte mich zur Einstimmung auf Small Talk, während mein Blick kurz über die gerahmten Fotos auf dem Kaminsims huschte. Eines war ein Hochzeitsfoto, daneben waren Baby- und Kinderfotos. Einen Moment lang kam es mir vor, als habe ich den Jungen schon einmal gesehen.
    »Mein Mann und unser Sohn nutzen es«, antwortete Rena Velte. »Und natürlich die Horden von Kindern, die zu Besuch kommen. Ich bin keine Wasserratte. Mein Metier ist der Garten.« Sie strich sich eine Haarsträhne hinters Ohr, die sich aus ihrem geflochtenen Zopf gelöst hatte. »Falls Sie auch mit meinem Mann sprechen wollen, haben Sie Pech, er ist heute Vormittag unterwegs. Aber wenn es wichtig ist, könnte ich ihn anrufen …«
    »Nein, nicht nötig«, wehrte ich ab, »wir wollten ohnehin mit Ihnen sprechen.«
    »Worum geht es denn?«
    »Es geht noch einmal um diesen Satz, den Sie unfreiwillig belauscht haben.«
    »Den ich falsch belauscht habe«, warf sie prompt dazwischen.
    »Die Frage ist nur, wie das geschehen konnte«, schaltete Henrike sich ein. »Wie kamen Sie auf den Namen Ben Mahlo?«
    »Das habe ich doch schon erklärt. In den Tagen und Wochen vor Fritz’ Geburtstagsessen bin ich ständig über diese Plakate gestolpert.« Sie sah Hilfe suchend zu mir. »Sie hingen ja wirklich überall. Da habe ich immer wieder den Namen gelesen.«
    Henrike tat, als würde sie nachdenken. »Ich versuche gerade, mir das vorzustellen. Sie verbringen einen fröhlichen, ausgelassenen Abend im Kreis Ihrer Freunde, gehen kurz zur Toilette und hören draußen vor der Tür die Stimme von Konstantin Lischka, der mit jemandem redet. Er sagt: Ich habe dich mit XY gesehen. Wie viel ist dir das wert? Nach der jüngsten Version steht XY für Beate. Ursprünglich stand es für Ben Mahlo. Durch eine stinknormale, nicht schallgeschützte Zimmertür dürfte es zu einem solchen Missverständnis eigentlich nicht kommen. Zwar enthalten beide Versionen jeweils drei Silben, aber der Klang ist zu unterschiedlich. Wie erklären Sie sich das?«
    Rena Velte war anzusehen, dass ihr diese Diskrepanz selbst zu schaffen machte. »Dass Konstantin Beate und nicht Ben Mahlo gesagt haben soll, stammt von Beate und nicht von mir. Ich wusste nicht einmal, dass sie und Fritz eine Affäre hatten. Und wie es zu dem Missverständnis kommen konnte?« Sie rieb sich den Nacken und sah in den Garten. »Ich kann es mir nur durch das Stimmengewirr der anderen im Hintergrund erklären.«
    »Wie weit entfernt war die Gästetoilette von dem Raum, in dem das Geburtstagsessen stattfand?«
    »Eigentlich nicht so weit«, antwortete sie zögernd und runzelte die Stirn. Sie schien sich an etwas zu erinnern.
    »Was irritiert Sie?«, fragte ich.
    »Der Flur im Haus der Lenhardts machte einen Knick, eigentlich …« Sie verstummte.
    Ich war versucht, den Satz für sie zu beenden, aber Henrike legte ihre Hand auf meinen Arm und hielt mich zurück.
    »Durch den Knick hätte man eigentlich nicht allzu viel von den anderen hören dürfen«, sagte sie tief in Gedanken.
    »Wen haben Sie gesehen, als Sie aus der Toilette kamen?«, fragte Henrike.
    »Niemanden. Der Flur war leer.«
    »Wie viel Zeit ist zwischen Konstantin Lischkas Äußerung und dem Öffnen der Tür vergangen?«
    »Ich erinnere mich, dass ich einen Moment gewartet habe, bis ich Konstantin

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