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Das verstummen der Kraehe

Das verstummen der Kraehe

Titel: Das verstummen der Kraehe Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Sabine Kornbichler
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mich positiv überrascht haben.« An Simons Stimme war deutlich zu hören, dass er sich nun wieder auf sicherem Terrain bewegte. »Ich habe mir ein paar Kisten zusammenstellen lassen. Heute Abend koche ich uns etwas, und dann gibt es ein schönes Glas Wein dazu. Hast du Lust?«
    »Könnten wir nicht irgendwo essen gehen und den Wein hinterher bei dir trinken? Ich muss mal raus.«
    »Kein Problem. Ich lasse mir etwas einfallen. Ist mit Rosa alles okay?«
    »Die liegt neben mir und träumt von Eichhörnchen.«
    »Dann lege ich mich in Gedanken zu euch«, sagte er zum Abschied und legte auf, nachdem ich ihm einen Kuss durch die Leitung geschickt hatte.
    Ich verstaute Johann Ehlers’ Notizhefte im Bettkasten, ging ins Wohnzimmer und trug die halb volle Flasche Rotwein, die dort immer noch stand, in die Küche und leerte ihren Inhalt in den Ausguss. Dann schlug ich sie in Zeitungspapier ein und versenkte sie im Mülleimer. Simon sollte sie besser nicht entdecken.
    Eine Stunde später lief ich mit Rosa und Henrikes Personenalarm durch den Park. Erst hatte ich das kleine Gerät in die Ecke gepfeffert, mich dann jedoch besonnen und es in die Hosentasche gesteckt.
    Das Gras war noch feucht vom Regen. Ich sog die frische, würzige Luft tief in meine Lungen. Die dichte Wolkendecke war über Nacht löchrig geworden, an einer Stelle brach die Sonne hindurch. Was hätte ich dafür gegeben, wenn sich die Sorgen in meinem Kopf wie die Wolken durch ein wenig Wind hätten vertreiben lassen.
    Außer mir war zu dieser frühen Stunde am Sonntag nur ein Mann mit seinem Golden Retriever unterwegs. Er grüßte mich im Vorübergehen und gab mir, ohne es zu wissen, das Gefühl von Sicherheit. Seit dem Überfall hatte ich Gesellschaft im Park zu schätzen gelernt.
    Während Rosa mit der Nase am Boden über die Wiese fegte, hielt ich nach Alfred Ausschau. Mindestens acht Krähen hatte ich entdeckt, keine hatte einen Wirbel im Kopfgefieder. Trotzdem pfiff ich und wartete. Alfred blieb verschwunden, sein unvergleichliches Krächzen war verstummt und tönte nur noch in meinem Kopf. Ich versuchte mir Mut zuzusprechen. Vielleicht hatte er eine Krähenfreundin gefunden oder Leute, die ihm mehr Nüsse gaben. Die Vorstellung, er könne verletzt sein und irgendwo verenden, war kaum auszuhalten.
    Zurück auf dem Hof, ging ich direkt ins Büro. Funda hatte am Samstag fast die gesamte Korrespondenz erledigt, die ich ihr am Freitag für die kommende Woche hingelegt hatte. Um eine Mitarbeiterin wie sie würde sich jeder Arbeitgeber reißen. Sie war nicht nur schnell und dachte mit, sie hatte auch ein gutes Ordnungssystem, drückte sich nicht um langweilige Aufgaben und war ein As am Telefon. Ich hatte ihr ein paarmal dabei zugehört, wie sie gekonnt Erben vertröstete oder um Informationen buhlte. Und nicht zuletzt trug sie ganz entscheidend zur guten Stimmung bei. Ich hoffte, sie würde bleiben.
    Auf dem Anrufbeantworter waren schon wieder mehrere Nachrichten. Darunter zwei von Nadja Lischka und Beate Angermeier. Konstantin Lischkas Witwe drängte auf Nachricht, ob die Erbsache allmählich Fortschritte mache. Die Ärztin bat dringend um Rückruf. Ich ahnte, worum es ging: Um mein Wort, dass nichts von ihrem Freundschaftsdienst nach außen drang. Das musste warten. Allmählich hatte ich genug davon, Versprechen zu geben.
    Ich schrieb meiner Mutter einen Zettel, dass ich für ein bis zwei Stunden in einem Nachlasshaus in Untermenzing sei und Rosa im Büro lasse. Wenn möglich solle sie doch mal nach ihr sehen oder sie zu sich holen. Dann nahm ich die Pistole aus dem Tresor, verstaute sie in einem Jutebeutel und machte mich auf den Weg. Ich musste für ein paar Stunden auf andere Gedanken kommen. Im Haus des Waffenbesitzers wollte ich weiter nach einem Erlaubnisschein suchen und dann die Polizei anrufen, damit die Waffe endlich ordnungsgemäß abgeholt wurde.
    Zu dieser frühen Stunde am Sonntag war so wenig Verkehr, dass ich in wenigen Minuten dort war. Nachdem ich vor dem Haus geparkt hatte, öffnete ich das Gartentor, das nur noch in einer Angel hing, und leerte den Briefkasten. Bis auf die Jalousien, die in einem der Nachbarhäuser gerade hochgezogen wurden, war nur Vogelgezwitscher zu hören. Über die Brombeerranken hinweg lief ich zur Haustür, wickelte mir ein Tuch um die Haare, schlüpfte in meinen Overall und streifte Latexhandschuhe über. Dann schloss ich die Tür auf.
    Die Luft roch abgestanden und stickig. Nachdem ich den Jutebeutel mit der

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