Das verstummen der Kraehe
nach waren es wirklich nur böse Zungen.«
»Hatte die Kripo die Witwe damals in Verdacht?«
Er nickte. »Genau wie die anderen, aber sie hat jeden Zweifel ausräumen können.«
»Was ist mit den Veltes?«
»Tilman Velte und das Mordopfer kannten sich aus der Schule. Tilman Velte hat viele Jahre lang für eine Großbank gearbeitet, bis er dort ohne jedes Aufsehen entsorgt wurde, nachdem aufgeflogen war, dass er mit Kundengeldern an der Börse spekuliert hat. Die Bank hat die Sache unter den Teppich gekehrt, sodass Velte eine blütenweiße Weste hatte, als er sich als Unternehmensberater niederließ. Bei seiner selbstständigen Tätigkeit scheint es nie wieder zu irgendwelchen Unregelmäßigkeiten gekommen zu sein. Er gilt als seriös.
Seine Frau, Rena Velte, hat sich mit sehr viel Enthusiasmus und Kreativität als Gartenarchitektin in Gräfelfing etabliert. Sie gestaltet die Gärten der Wohlhabenden und kann sich über mangelnde Kundschaft nicht beschweren. Die beiden haben einen siebenjährigen Sohn. Sie hatten noch einen zweiten Sohn, der kam allerdings mit schwersten Behinderungen zur Welt und ist im Alter von sechs Monaten gestorben. Angeblich hatte Rena Velte eine kurze Affäre mit dem Mordopfer.«
»Tatsächlich?« Ich holte mir diese sanfte, etwas verhuscht wirkende Frau vor mein inneres Auge. »Sie hat auf mich einen eher konservativen Eindruck gemacht.«
Er sah mich schmunzelnd an.
»Okay, okay«, lenkte ich ein, »das eine hat mit dem anderen nicht unbedingt etwas zu tun. Ich weiß.« Ich holte tief Luft. »Was ist mit den Angermeiers?«
Martin Cordes nahm einen Schluck Kaffee und blätterte weiter. »Christoph Angermeier betreibt mit seiner Frau ein sehr erfolgreiches Kinderwunschinstitut, das die beiden gemeinsam mit Fritz Lenhardt gegründet haben. Es hat das Gerücht kursiert, Angermeier habe eine seiner Patientinnen sexuell genötigt. Tilman Velte habe jedoch bezeugt, dass sein Freund zur fraglichen Zeit gar nicht in der Praxis, sondern mit ihm unterwegs war. Was immer man davon halten mag.«
»Klingt, als hätte hinter der Fassade Sodom und Gomorrha geherrscht. Fritz Lenhardt ein Mörder, der Journalist Konstantin Lischka ein Betrüger und Schürzenjäger, der nicht einmal die Finger von der Frau seines Freundes lassen konnte. Tilman Velte hat mit Kundengeldern spekuliert. Und Christoph Angermeier stand im Verdacht der sexuellen Nötigung …«
»Ich bin noch nicht fertig. Beate Angermeier kennt angeblich nur ihre Arbeit als Humangenetikerin im Kinderwunschinstitut. Sie gilt als Workaholic. Laut Information einer ehemaligen Arzthelferin hatte sie trotzdem eine Affäre mit Fritz Lenhardt, bevor der zum Mörder wurde.«
Was das anging, hatte sie mir also die Wahrheit gesagt. Trotzdem hakte ich nach. »Sind Sie sich da sicher?«
»Die Arzthelferin war sich sicher.«
»Wie hat Theresa Lenhardt auf diese Nachricht reagiert?«
»Ich habe es ihr nicht gesagt. Wozu hätte ich ihr das Herz schwer machen sollen? Es hätte nichts geändert.«
»Es hätte ein weiteres Motiv für den Mord geliefert. Immerhin hätte Christoph Angermeier sich auf diese Weise an Fritz Lenhardt rächen können.«
»Indem er einen Mord begeht und seinen Freund und Kollegen dafür büßen lässt? Das ist mir zu weit hergeholt.«
»Fritz Lenhardt hat bis zu seinem Tod seine Unschuld beteuert. Und seine Frau hat ihm geglaubt.«
»Sie wollte auch glauben, dass er sie nie betrogen hat.«
»Hat Theresa Lenhardt Ihnen erzählt, was sie kurz vor ihrem Tod von Rena Velte erfahren hat?«
Er nickte.
»Die Beamten von der Kripo haben damals nach einer Verbindung zwischen dem Mord an Konstantin Lischka und dem Verschwinden meines Bruders gesucht. Aber es gab nicht einmal den kleinsten Hinweis. Und dann steht plötzlich dieser Satz im Raum. Sind Sie im Zuge Ihrer Recherchen auf den Namen meines Bruders gestoßen?«
»Nein. Wie haben die Erben auf Rena Veltes Aussage reagiert?«
Ich blies Luft durch die Nase und sah zum Fenster hinaus. »Beate Angermeier behauptet, der Satz habe gelautet: Ich habe dich mit Beate gesehen . Konstantin Lischka habe Fritz Lenhardt mit dessen Affäre zu erpressen versucht. Sie wisse es deshalb so genau, weil ihr Liebhaber ihr noch am Geburtstagsabend davon erzählt habe. Rena Velte habe den Satz nur falsch verstanden.«
»Aber diese Version glauben Sie nicht.«
»Ich finde sie nicht schlüssig. ›Ben Mahlo‹ und ›Beate‹ – klingt das in Ihren Ohren etwa so ähnlich, dass man sich
Weitere Kostenlose Bücher