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Das verstummen der Kraehe

Das verstummen der Kraehe

Titel: Das verstummen der Kraehe Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Sabine Kornbichler
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genauer angesehen, die an der Wand hängen?«
    »Du meinst die Todesanzeigen, Cartoons und all das Zeug?«
    Henrike nickte.
    »Ich habe stundenlang davorgestanden und nach Hinweisen gesucht.«
    »Hast du auch druntergeschaut?«
    »Klar.«
    »Was ist mit den Rückseiten?«
    Ich sah sie irritiert an.
    »Hast du jeden einzelnen Schnipsel von der Wand genommen und nachgesehen, was auf den Rückseiten steht?«
    »Nein, habe ich nicht.«
    »Weißt du, ob die Leute von der Kripo das getan haben?«
    »Das glaube ich kaum. Die hätten sich bestimmt nicht die Mühe gemacht, alles wieder hinzuhängen.«
    »Dann wissen wir ja, was wir morgen tun.«
    »Was tut ihr morgen?«, fragte Arne von der Tür her.
    Ich wandte mich zu ihm um. »Das, was wir immer tun«, antwortete ich mit einem Lächeln. »Nachlässe sichern und entrümpeln. Ich schreibe dir gleich noch eine Adresse in Untermenzing auf, morgen am späten Vormittag werde ich mit meiner neuen Mitarbeiterin dort weiter den Nachlass sichten. In der Garage stehen ein altes Auto und ein Motorrad. Hast du kurz Zeit, um dir beides anzusehen?«
    »So gegen elf?«
    »Wunderbar.« Ich zeigte auf den Teller in seiner Hand. »Das sieht gut aus. Ist das für uns?«
    Er zog einen kleinen Tisch heran und stellte den Teller darauf. »Lachs-Sashimi mit selbst verfeinerter Sojasoße. Probiert mal.«
    Wir nahmen uns kleine Holzspieße, stachen sie in den rohen Fisch, tunkten ihn in die Soße und kosteten. Rosa fühlte sich ebenfalls aufgefordert zu probieren und näherte ihre Nase dem Teller. »Platz«, sagte ich leise und schob sie zurück.
    Arne setzte sich auf die Armlehne von Henrikes Stuhl und ließ eine ihrer Haarsträhnen durch seine Finger gleiten. »Simon sagte, dass du ein neues Auto brauchst, Kris. Ich habe gerade einen Golf hereinbekommen. Nur drei Jahre alt, Topzustand, guter Preis. Was meinst du? Magst du ihn dir mal anschauen?«
    Bevor ich antworten konnte, kam Simon aus der Küche. »Der Wagen ist übrigens dunkelgrün, genau wie deine alte Gurke.«
    »Und du hast ihn dir bestimmt schon angesehen, oder?«
    »Nur um eine Vorauswahl zu treffen. Das spart dir Zeit.« Grinsend lehnte er sich in den Türrahmen.
    Er trug über einer khakifarbenen Hose das orange Poloshirt, das ich ihm im Sommer geschenkt hatte. Ich mochte den starken Kontrast zu seinen dunklen Haaren. Und wenn ich ehrlich war, mochte ich auch sein Engagement für meinen fahrbaren Untersatz. Trotzdem würde ich mich nicht von meiner alten Gurke trennen, solange sie noch fuhr.
    »Kann es sein, dass in der Küche etwas anbrennt?«, fragte ich.
    »Nein«, antworteten beide Männer wie aus einem Mund. Einen Versuch war es wert gewesen. Henrike schmunzelte.
    »Könnten wir das Thema wechseln, wenn ich verspreche, es mir zu überlegen?«
    Die beiden zogen sich zwei Korbsessel heran und setzten sich zu uns. »Erzähl mir von der Testamentsvollstreckung. Simon sagte, die hätte mit diesem Lischka-Fall zu tun? Ich habe den damals verfolgt.«
    »Warum?«, fragte Henrike wie aus der Pistole geschossen.
    »Dieser Fritz Lenhardt hatte kurz vor dem Mord an dem Journalisten einen alten restaurierten Porsche bei mir gekauft. Zu dem Zeitpunkt musste er die zwei Millionen für den geplanten Hauskauf von seinem Freund bereits verloren haben. Aber er hat mit keinem einzigen Wort versucht, den Preis runterzuhandeln. Er hat sich in den Wagen verliebt und wollte ihn haben. Beim Autokauf zeigt sich der Charakter eines Menschen, ob er kleinlich ist, geizig, großzügig oder protzig. Fritz Lenhardt war großzügig.«
    »Und was soll das beweisen?«, fragte Henrike.
    »Ich kann mir noch immer gut vorstellen, dass er unschuldig war.«
    »Das Gericht war anderer Meinung.«
    »Das Gericht hat sich an dem vermeintlichen Motiv festgebissen. Aber der Mann war wohlhabend. Er hat mit seinem Institut vermutlich viel Geld verdient, die Summe, die er drangeben musste, hat ihn nicht in die Knie gezwungen.« Arne zuckte die Schultern und nahm einen Schluck aus seinem Weinglas.
    »Manche können aber einfach nicht verlieren, egal ob zweihunderttausend oder zwei Millionen.«
    »Vielleicht ging es auch weniger ums Geld als vielmehr um die Tatsache, dass er von seinem Freund betrogen worden war«, gab ich zu bedenken. »Hätte er ihm nicht so blind vertraut, hätte er auf eine Auflassungsvormerkung bestanden.«
    »Freundschaft hin oder her«, sagte Simon, »bei Geschäften dieser Größenordnung sichert man sich ab.«
    »Mir ist dieser Fall damals lange nicht

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