Das Wahre Spiel 01 - Der Königszug
wir alle geopfert. Es ist noch nie probiert worden. Wer will behaupten, daß es nicht gelingen könnte?«
Ich lächelte spöttisch. »Wenn ich Mavin wäre, würde ich bei einem solchen Versuch versuchen, mich in ein Watschelschwein zu verwandeln.«
»Das wird sie nicht tun, wenn du oder Mertyn ihr etwas bedeuten. Denn wenn sie es täte, würdest du sterben – und Mertyn auch. Ebenso alle anderen, die sie liebt.« Er war so hart wie Metall. Zum ersten Mal begriff ich, daß er es wirklich ernst meinte. Er glaubte vielleicht nicht daran, aber er hatte vor, alles zu unternehmen, damit es probiert werden konnte. Ich wandte mich angewidert von ihm ab. Er tat, als bemerke er meine Reaktion nicht. »Unglücklicherweise hast du keine Ahnung, wo Mavin sich aufhält oder ob sie überhaupt noch lebt. Das heißt, wir können dich nicht dazu benutzen, sie zu finden. Mertyn indes weiß es vielleicht, und von ihm wissen wir, wo er sich aufhält.«
Ich verließ ihn, außerstande, mir sein Gerede länger anzuhören, diese gelassene Darstellung schurkischer, bösartiger und verräterischer Gedanken. Es bedeutete Talisman auf Königsblut Eins, wenn Mertyn mich nicht liebte, Talisman auf Königsblut Zehn, wenn er es tat. Wir waren thalani, und ich hatte es nie gewußt. Liebte er mich? Da dies der Zustand war, der zur größten Verzweiflung und Verwirrung führte, tat er es unzweifelhaft. Wäre Yarrel bei mir gewesen, hätte er mich des Zynismus beschuldigt. Was ich fühlte, war aber vollkommene Verzweiflung, die sich nicht verringerte, als ich auf meinem Bett einen Brief Mandors fand. Er war nicht lang.
Mertyns Zuneigung zu Dir hat ihn verleitet, Dich zu beschützen, und ich wurde in dieses Ungeheuer verwandelt. Also laßt uns seine Liebe zu Dir dazu benutzen, mich zurückzuverwandeln …
Du bist kein Spieler und wirst niemals ein Spieler sein. Ein Bauer bist Du, und mir gehörst Du, zu meiner Verfügung im Spiel, wann ich es will. Mavin wird kommen, oder Du wirst sterben …
Ich lachte, bis mir die Tränen über die Wangen liefen. So, Mandor hatte sich eine solche Gemeinheit nicht ausgedacht, wenn man Huld glauben wollte! Bei den sieben Höllen und hundert Teufeln, sehr wohl hatte er es getan! Jede nur denkbare Schlechtigkeit, jeder nur mögliche Schmerz, den er mir zufügen konnte, waren ihm in den Sinn gekommen, und er wurde von seinem rakshasa getrieben, mich damit zu binden, mit einem nach dem anderen, bis ich tot war. Allerdings – wenn ich tot war, konnten sie mir nichts mehr anhaben, also verließ ich das Zimmer, so leise ich konnte, und schlich mich durch die verlassene Halle zu der Wendeltreppe, die in den Turm hochführte. Die Treppe führte an Mandors Gemächern zu der Turmbrüstung, die über den Felsen am Flußufer lag, so hoch wie zwanzig Mann. Eine andere, rasch wirkende Methode fiel mir nicht ein, und ich betete, daß niemand mich beschuldigen würde, ich hätte mich aus Ehrlosigkeit umgebracht.
An Mandors Tür hielt ich einen Augenblick lang inne. Hulds erhobene Stimme schallte heraus, beinahe schreiend, und ich konnte ihn deutlich verstehen. »Mandor, ich sage dir noch einmal, daß er nichts weiß, was dir helfen könnte, überhaupt nichts. Glaubst du denn, ich würde dich anlügen, wenn es noch irgendeine Hoffnung gäbe? Entehrst du dich denn nicht selbst durch dieses üble Spiel mit jemandem, der dich liebte? Du entehrst mich!«
Aha, dachte ich, der Dämon erfüllt zwar Mandors Willen, aber er schöpft keine Befriedigung daraus. Ich stieg weiter die Treppe hoch, an den kleinen Luken vorbei, und trat durch die niedrige Tür auf das eiserne Dach, das mit Schiefer gedeckt war. Die Gestalt an der Brüstung fiel mir erst auf, als ich schon ein Bein darüber geschwungen hatte, um in die unten wartende Erlösung zu springen. Doch da war es bereits zu spät. Riesige Arme packten mich und hielten mich fest, während mich Augen durch gemalte Flügel hindurch anfunkelten. Ein Seher. Er stieß einen lauten Ruf aus. Bewaffnete Männer tauchten auf. Ich wurde die Treppe hinuntergetragen, bis zu Huld, der plötzlich mit dem Prinzen vor Mandors Tür stand.
»Das war dumm von dir, Junge«, sagte er.
»Nein«, erwiderte ich. »Der Tod ist leichter zu ertragen als das Häßliche, das Ihr vorhabt.«
Der riesenhafte Seher hinter mir schob sich vorbei, um sich zu Mandors Füßen niederzuknien. Ich bemerkte an der Art, wie er es tat, daß er Mandor so sah, wie der Prinz früher gewesen war. Seltsam. Einer, der in die
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