Das waren schöne Zeiten
Handumdrehen brachte er die Deichsel zwischen seine Hinterbeine, und Walter rief mir zu: »Schnell! Sieh zu, daß du hinten ’rauskommst! Er wird das Ding gleich in Stücke schlagen.«
Aber ich kletterte nicht heraus, weil ich es aus irgendeinem Grund immer vorgezogen habe, >bei der Stange zu bleiben<, und Jack schlug auch nicht das Ding in Stücke. Wunderbarerweise begriff er seinen Schnitzer und daß das Ding, nach dem er geschlagen hatte, dort hingehörte, weshalb er es vorzog, still zu stehen und abzuwarten, was passieren würde. Er ließ sich brav auf die richtige Seite der Deichsel bringen und schlug nie wieder danach aus. Für uns war es ein Glücksfall, ein Pferd von solch sanfter und anpassungsfähiger Natur zu besitzen, bemüht, alles recht zu machen, mit einem mutigen Herzen und absolutem Vertrauen zum Menschen.
Wenn Walter kutschierte, ging alles gut. Nachdem er mehrmals die Pekanui-Road hinuntergefahren war, erklärte er: »Du mußt es lernen. Also versuch es heute einmal.« Mir war nicht recht wohl zumute, aber ich schämte mich, es einzugestehen. Die Pferde waren schnell und feurig; bald bekam ich viel zuviel Tempo, um die haarnadelscharfe Kurve vor uns bewältigen zu können. Hätte Walter mir nicht in die Zügel gegriffen — wofür er sich später entschuldigte, aber ich ihm dankbar war — , wären wir mit Sicherheit abgestürzt. Das war mir eine gute Lehre, Pferde auf schlechten Straßen niemals schnell werden zu lassen.
Aber die Pekanui war mir immer noch lieber als die Straße nach Oparau; zum Teil, weil es kaum Verkehr darauf gab, und zum Teil, weil sie meist aufgeweicht war, was die Pferde automatisch bremste. Außerdem fuhren wir verhältnismäßig selten die fünfundzwanzig Meilen nach Te Awamutu. Für gewöhnlich machten wir den Weg zu Pferd; doch meine Fahrten nach Oparau waren fast jede Woche fällig, um einzukaufen und die Post abzuholen, und meine Abenteuer waren dabei zahlreich. Es gab einen steilen Hügel, etwa zwei Meilen außerhalb des Dorfes, mit einem ungewöhnlich starken Gefälle und einer Haarnadelkurve am Fuß. Immer wieder gingen mir die Pferde auf diesem Berg durch und rasten die Straße hinunter, das Zaumzeug um ihre Köpfe, ungeachtet der Bremse und meines verzweifelten Reißens an den Zügeln. Ich habe nie gewagt mir vorzustellen, was passieren würde, wenn mir in dieser Kurve etwas begegnen sollte. Glücklicherweise kam es nie dazu.
Zurückblickend erkenne ich sehr wohl, daß ich wahrhaftig Anfängerglück hatte, aber einen großen Teil davon verdanke ich der Intelligenz der Pferde. Es hat mich immer überrascht, wenn Frauen sagten: »Ich könnte einfach nicht mit Pferden fertig werden«, und dann später ganz leicht lernten, ein Auto zu steuern. Für mich war der Umgang mit Pferden einfacher. Man konnte ihnen ziemlich oft zutrauen, daß sie einem aus einer heiklen Situation heraushalfen. Als ich Jahre später Autofahren lernte, war ich fast geneigt, die Tatsache zu bedauern, daß ein Wagen alles dem Chauffeur überläßt. Walter, der beste Mann mit Pferden, hegte später ebenfalls dieses Mißtrauen gegen Autos. »Ein Pferd würde so etwas niemals machen«, hörte ich ihn einmal sagen, als die Wagenräder auf einem grasigen Hügel durchdrehten. Oder ein andermal: »Ein Pferd hätte diese Kurve wie nichts genommen...«
Wie ich schon sagte, es gab damals verhältnismäßig wenig Frauen im Buschgebiet, die kutschierten; doch schon bald lernte ich die berühmte Ausnahme kennen. Es war eine Frau, die mit allem fertig wurde und die irischen Witz und Fröhlichkeit mit Ausdauer und außergewöhnlichem Mut vereinigte.
Ich traf mit Helen Bell zum erstenmal zusammen bei einem Versuch, drei Pferde vor mir her die Straße nach Oparau zum Hufschmied zu treiben. Ich hatte damit angefangen, ihnen voranzureiten, aber das ging meiner jugendlichen Ungeduld zu langsam, weshalb ich beschloß, sie vor mir herlaufen zu lassen. Voller Vertrauen in meinen braven, geliebten Kismet und Minx, das Pony, das ich ritt und das ohnehin schneller als die anderen war, hielt ich es für eine blendende Idee.
Womit ich allerdings nicht gerechnet hatte, waren die zahllosen Pfade und Böschungen hinauf und durch den Farn, und daß die Pferde jeden einzelnen davon finden und voller Begeisterung entlang galoppieren, dann einen Haken schlagen, weiter oben auf die Straße zurückkommen und nach Hause laufen würden. Ich muß ihnen auf diesen verzwickten Umwegen etwa eine Stunde lang nachgejagt sein und war
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