Das waren schöne Zeiten
geizen mußten.
Trotz aller Ablenkungen gönnte sich Walter kaum je eine Pause in seiner unmenschlich harten Arbeit für die Farm. Selbst heute noch denke ich ungern an die Tage nie endender Plackerei, an all die Aufgaben, die weit die Kräfte eines einzelnen Mannes überstiegen, an die ewige Geldknappheit, die uns daran hinderte, Arbeiter einzustellen, selbst wenn nicht die durch die Kriegsjahre verursachten Schwierigkeiten in dieser Hinsicht bestanden hätten. Es gab Augenblicke der Entmutigung, in denen ich mir sagte: Wie soll das bloß enden? Werden wir jemals auch nur die bescheidenste Sicherheit kennenlernen?
Selbstverständlich sprach ich es nicht aus, noch erlaubte ich mir je an einen endgültigen Mißerfolg zu denken. Das Schlimme war, daß Walter, der bis dahin nur die gute, fruchtbare Erde der Ostküste und der Poverty Bay gekannt hatte, sich überhaupt keine Vorstellung machen konnte, wie viele Fallgruben noch auf uns warteten. Das war natürlich zu einer Zeit, da sogar Farmer, die schon viele Jahre in dieser weltvergessenen Ecke ansässig waren, ebenfalls keine Ahnung hatten, wie man solche Schwierigkeiten überwindet. Damals hatte man die Notwendigkeit von Kunstdünger, sorgfältiger geplanten Einzäunungen und der Bekämpfung des Farns mit dem Pflug noch nicht erkannt. Als es endlich soweit war, hatten wir Strathallan verlassen.
Die Farm bestand aus etwa sechshundert Morgen, von denen zu jener Zeit nur ungefähr hundertfünfzig als gutes Weideland zu betrachten waren. Ein paar Morgen mehr waren durch Brand gerodet und danach wieder von Farn und Unkraut überwuchert worden, doch der Rest war ungefällter Busch. Im zweiten Jahr ließen wir unter enormen Kosten einen Teil von diesem Busch fällen. Viele Hände regten sich, um uns bei der Aussaat auf dem sehr steilen und schwer begehbaren Land zu helfen.
Es waren gerade einige Freunde aus meiner Universitätszeit zu Besuch, und ich erinnere mich noch, wie selbstlos und selbstverständlich sie bei der schwerer Arbeit zugriffen. Wir hängten uns die schweren Taschen mit der Saat um die Schultern und kletterten über dicke Stämme und riesige Baumstümpfe und säten bergauf, bergab den kostbaren Samen aus. Eine von meinen damals anwesenden Freundinnen erzählt heute noch, wie Walter ihr ausdrücklich und in vollem Ernst einschärfte, auf die Saat gut aufzupassen. »Aber wir hatten genug damit zu tun, auf unsere Knochen aufzupassen«, gestand sie später.
Wie immer bei durch Brand gerodetem Buschland, war der Ertrag phantastisch. Herrliches, saftiges Gras und weiße Rüben von grandiosem Umfang wuchsen darauf. Wir glaubten schon auf eine Goldmine gestoßen zu sein und überwinterten mit Erfolg eine Anzahl einjähriger Schafe. Im folgenden Jahr zeigte sich der Pferdefuß. Farn kam überall durch, Unkraut machte sich breit. Die bescheidene Schafherde, die wir uns anschafften, war viel zu klein, um damit fertig zu werden. Sie fraßen das junge Gras ab und ließen das meiste Unkraut unberührt. Immer und immer wieder mußte Walter die grausame Erfahrung machen — eine Erfahrung, die sich im Lauf der folgenden zwölf Jahre viele Male wiederholte wie mühselig und unter großen Kosten gerodetes Land unaufhaltsam wieder von Farn und Unkraut verschlungen wurde. Vielen von unseren Nachbarn erging es damals nicht anders.
Die Arbeit hörte nie auf. Die Einzäunung war unzureichend und in schlechtem Zustand. Walter erkannte bald, daß er kleinere Weideplätze anlegen mußte, wenn er sein Land überhaupt behalten wollte. Zäune errichten ist in bergigem Land eine schwere Arbeit für einen Mann allein. Freilich half ich ihm dabei, unzählige dicke, knorrige Stämme für Pfosten und Latten durchzusägen, aber um Löcher für die Pfosten zu graben oder beim Bau oder Aufstellen der Zäune zu helfen, dazu reichten meine Kräfte doch nicht aus. Wann immer es möglich war, arbeitete er mit Mr. Griffiths zusammen; aber wir wußten, daß es sich nur um eine vorübergehende Notlösung handelte, denn unser Nachbar war entschlossen, zu verkaufen und leichter zu bearbeitendes Land zu erwerben.
Doch vorher noch erkrankte seine Frau. Damals erlebte ich zum erstenmal, was es hieß, an einem solch abgelegenen Platz krank zu werden, und ich habe es niemals mehr vergessen. Der Arzt aus Kawhia kam und ordnete an, die Patientin sofort zum Krankenhaus in Waikato zu transportieren. Das bedeutete eine lange und anstrengende Fahrt über die Pekanui Road mit dem Pferdefuhrwerk. Mrs.
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