Das waren schöne Zeiten
die bittere Enttäuschung, daß sich diese schwer mit Hypotheken belastete Farm während der Kriegsjahre nicht verkaufen ließ. Er hatte den Kauf optimistisch abgeschlossen und genau zum falschen Zeitpunkt. Von da ab war er hoffnungslos durch seinen Vertrag gebunden. Es blieb ihm nichts anderes übrig, als, so gut er konnte, die Zinsen für die Hypothek zu bezahlen, zu versuchen, mehr zu produzieren, und später, als sein Bruder im Krieg war, zusätzlich auch noch dessen Farm weiterzuführen.
Abenteuerliche Zeiten
Mit all der vielen unaufschiebbaren Arbeit auf der Farm war es für Walter unmöglich, auch noch Zeit für die üblichen Basteleien an dem immer noch recht primitiven Haus zu finden. Sie als >Basteleien< zu bezeichnen, ist eine starke Untertreibung, da es sich dabei wahrhaftig um die dringendsten Notwendigkeiten handelte. Am unumgänglichsten war die Frage eines Badezimmers. Wie ich schon berichtete, gab es kein Bad im Haus, obwohl die vorherigen Besitzer ein kleines Zimmerchen auf der Rückseite angebaut hatten, das offenbar diesem Zweck dienen sollte. Doch war das Projekt auf halbem Weg fallengelassen worden. Davon abgesehen bestand unsere gesamte Wasserversorgung aus zwei Vierhundert-Gallonen-Tanks, welche sogar in diesem regenreichen Gebiet nicht allzu lange vorhielten.
Wir ließen uns eine Badewanne schicken, ein galvanisiertes Ding aus Eisen, mit grotesk verschnörkelten Beinen. Aber was damit anfangen? Dann kam die Erleuchtung. Wir beschlossen, sie vorerst in ein Zelt zu stellen und den Bach oberhalb des Hauses so umzuleiten, daß er durch Rohre in die Badewanne floß. Selbstverständlich fanden wir keine Möglichkeit, die Flut zu regulieren, denn das Installieren eines Wasserhahns am Rohr lag jenseits der Fähigkeiten meines Mannes und auch der von Mr. Griffiths. Also floß das Wasser ununterbrochen durch die Badewanne. Wann immer man ein Bad zu nehmen wünschte, stieg man in die Wanne, verstöpselte den Abfluß, zog den Stöpsel wieder heraus, wenn sie überzulaufen begann, und wiederholte den Prozeß, so oft es nötig war oder so lange man eben die eisige Kälte des Gebirgsbaches aushielt.
»Warum habt ihr bloß keinen Klempner kommen lassen?« wurde ich später oft gefragt, wenn ich davon erzählte. Bevor wir im Busch lebten, war das ebenfalls unsere optimistische Vorstellung gewesen. Jeder, den ich darüber befragte, reagierte mit offenem Hohn, einschließlich der am schnellsten zu erreichende Klempner. Wer würde für so einen lächerlichen kleinen Auftrag schon die vielen Meilen undiskutabler Straßen zurücklegen? Und selbst, wenn sich sagenhafterweise ein Handwerker dazu bereit erklärt hätte, würde es uns ein Vermögen gekostet haben. Somit war diese Frage gelöst: Für den Sommer sollte das Zelt als Badezimmer dienen; vor dem Winter hofften wir genug Geld beisammenzuhaben, um einen Klempner bis in unsere Wildnis herauflocken zu können.
All das muß jedem der tüchtigen jungen Farmer der Gegenwart wie der pure Schwachsinn vorkommen. Die meisten hätten die Sache vermutlich ohne viel Umstände selbst erledigt, und wahrscheinlich hätte es sogar damals jemand gegeben, der uns hätte helfen können. Aber zu dieser Zeit kannten wir noch nicht viele Nachbarn, und unser unbändiger Wunsch nach Unabhängigkeit bestimmte uns, diese verrückte Improvisation eines Badezimmers vorzuziehen.
Solange wir allein waren, funktionierte es recht gut, wenn sich auch gelegentlich peinliche Momente ergaben. Wir hatten uns schnell mit einem Viehhändler angefreundet, bei dem Walter seine erste Schafherde gekauft hatte. Eines Tages, als ich gerade genüßlich in der Badewanne saß, vernahm ich zu meinem nicht geringen Entsetzen eine muntere Stimme vom Tor her: »Walter, wo steckst du bloß? Ich will einen Besen fressen, wenn du nicht in dem Zelt dort ein Nickerchen machst! Na, warte, ich komme jetzt und hole dich ’raus!«
Ein schriller Quietscher aus dem Zelt: »Nein, nein! Kommen Sie bloß nicht näher! Dies ist unser Badezimmer, und ich nehme gerade ein Bad!«
Solch peinliche Situationen entstanden massenhaft während des Sommers, wenn sich unangemeldete Besucher einstellten. Schließlich lösten wir das Problem, indem wir auf ein großes Stück Pappdeckel »Besetzt« malten und es an die Zeltwand steckten, so oft es erforderlich war. Wenn auch unsere Badezimmerimprovisation ihre Nachteile hatte, so doch auch den Vorteil, daß wir nie, selbst wenn das Haus voller Leute war, mit dem Wasser
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