Das waren schöne Zeiten
überraschend, wie ausgerechnet die am wenigsten interessanten oder originellen Leute ganz sicher waren, sie würden sich eines Samstagmorgens im Herald wiederfinden. Auch betrachtete man es als eine nicht sehr damenhafte Art, Geld zu verdienen. Es war ganz und gar nicht der Brauch, daß die Frauen von Farmern überhaupt für Geld arbeiteten, es sei denn in ihrem Melkschuppen, wo sie oft genug das Tagewerk eines Mannes übernahmen und damit beträchtliche Löhne sparten.
Ganz gewiß kam niemand auf den Gedanken, mir wegen meiner schriftstellerischen Tätigkeit irgendwelche Schmeicheleien zu sagen. Kam man überhaupt darauf zu reden, dann höchstens in einem entschuldigenden Ton, und wenn ich einmal glaubte, ganz besonders witzig gewesen zu sein, hörte ich Bemerkungen wie diese von meinen Nachbarinnen: »Ich konnte wirklich kaum ein Lächeln unterdrücken, als ich Ihre kleine Story las.« Ganz allgemein beurteilte man mein neues Interesse als etwas leicht Anrüchiges, ganz bestimmt aber maß man ihm keinerlei Wichtigkeit bei. Eine Nachbarin ließ mich das überdeutlich erkennen, als sie mich eines Vormittags anrief. Sie war eine unverbesserliche Klatschbase, sobald sie einen erst einmal an der Strippe hatte, und ich fürchtete ihre Anrufe. Zu dieser Zeit bezog ich bereits regelmäßige Zahlungen für meine Artikel, weshalb ich mit festen Terminen arbeitete und wie gewöhnlich in Eile war, als das Telefon klingelte. Mrs. M. erkundigte sich munter: »Ich störe Sie doch nicht? Arbeiten Sie? Ich habe gerade Lust auf einen netten kleinen Schwatz!« Nun, ich setzte ihr auseinander, daß ich an einem Artikel schreibe, der noch im Lauf des Tages mit der Post abgehen müßte, worauf sie völlig gelassen meinte: »Ah, gut! Ich dachte schon, ich halte Sie auf. Hätte ja sein können, daß Sie gerade beim Backen sind, nicht wahr? Also...« Und sie begann ihren netten kleinen Schwatz, der an die zwanzig Minuten dauerte.
Ich aber brachte den Mut nicht auf, ihr zu sagen, daß mein Artikel wirklich wichtig war. Oft habe ich mich gefragt, warum ich immer befangen werde, wenn ich meine schriftstellerische Arbeit als Grund für Zeitnot angebe, während ich ohne die geringste Verlegenheit erkläre, daß ich nun mein Geschirr spülen müsse.
So also gestaltete sich unser Leben während der berüchtigten dreißiger Jahre. Trotz Wirtschaftskrise und schwerer Zeiten fühlten wir uns recht froh. Wenn unsere zwei >Großen< in den Ferien zu Hause waren, erlebten wir alle glückliche Tage, Stuart half bereits seinem Vater, und Jenny nahm mir viel von meiner Arbeit im Haus ab. Sie brachten ihre Freunde mit, was gleichbedeutend mit vielen wilden Ritten und Abenteuern war. Ich kochte inmitten des ganzen Aufstandes riesige Mahlzeiten, quetschte mich um den Küchentisch herum, um an den Herd zu gelangen, und wich Ping-Pong-Bällen aus. Das Haus hallte wider von fröhlichem Gelächter, und ich war in späteren Jahren immer glücklich gewesen, wenn mir die >Kinder< versicherten, daß sie nie etwas von unseren Geldsorgen und vielen heimlichen Sparmaßnahmen bemerkt hätten.
Natürlich half es, daß wir alle mehr oder weniger im gleichen Boot saßen, wie man so sagt. Niemand hatte Geld, um es für kostspielige Vergnügungen auszugeben. Man machte sich seinen Spaß selbst und hatte dabei keineswegs das Gefühl, etwas zu entbehren. Damals waren die Ansprüche wesentlich bescheidener. Die meisten Frauen waren nicht imstande, ein Auto zu fahren. Obwohl ich es konnte, fuhren wir kaum öfter als einmal im Monat nach Te Awamutu oder Hamilton. Ohnehin war Jezebel äußerst schwer in Gang zu bringen, weil sie so selten benützt wurde. Wir pflegten vorsichtshalber die Zugpferde vorzuspannen, die wir meist brauchten, um Jezebel die steile Stelle auf der Weide hinaufzuziehen. Dann wurden die Pferde ausgespannt und Old Jezebel rollte munter den Busch hinunter, worauf dann der Motor widerwillig ansprang, wenigstens meistens.
Sehr oft meldeten wir den Wagen nicht einmal an, bis die Straße im Oktober wieder trocken war. Es war und blieb eine Schinderei, durch den Schlamm unserer Einfahrtsstraße auf die nun beschotterte Pekanui Road zu gelangen. Ich haßte es, spät in der Nacht nach Hause zu kommen, an unserer Abzweigung auszusteigen und die Ketten an den Reifen zu befestigen. Da fand ich es immer noch einfacher, schlicht zu Hause zu bleiben. Es ging mir nicht schlechter als meinen Nachbarinnen, wahrscheinlich kam ich sogar noch öfter weg, weil ich fahren
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