Das Washington-Dekret: Thriller (German Edition)
Leiter der Delegation nickte ernst, nahm das Heft in Empfang und reichte es einem Assistenten, der es seinerseits sofort in eine Aktentasche steckte.
»Gleichzeitig ist es von immenser Bedeutung, dass die internationale Gemeinschaft Untersuchungen in größtmöglichem Umfang anordnet. Dies ist ein nie dagewesener Fall von Amtsmissbrauch, ein Fall für die Vereinten Nationen, die Frage ist nur, ob das möglich ist. Derzeit können sich ausländische Diplomaten in den USA nicht frei bewegen. Dies ist eine einzige Katastrophe.«
»Sie stehen unter dem Schutz der Vereinten Nationen. Wir werden alles Nötige veranlassen.«
»Ich werde heute Abend meinen Abschied einreichen. Vielleicht ist es an der Zeit, Sie darüber zu informieren, dass ich beabsichtige, in der Britischen Botschaft politisches Asyl um zu ersuchen. Ist man damit einverstanden?«
»Selbstverständlich«, antwortete der Delegationsleiter. »Aber in der gegenwärtigen Situation kann man nicht garantieren, dass die diplomatischen Spielregeln eingehalten werden.«
»Wir werden sehen.« Sunderland drückte dem britischen Diplomaten die Hand. »Nun werde ich die Herren sich selbst überlassen, sodass Sie Gelegenheit haben, die Situation zu erörtern. Vielleicht haben Sie schon die Möglichkeit, sich einen Eindruck von meinen Aufzeichnungen zu machen. Eine entsetzliche Lektüre, aber die Wahrheit muss bekannt werden. Es gibt weiteres Beweismaterial, aber dazu werden wir noch kommen, hoffe ich. Nun muss ich mich jedoch anderen Aufgaben zuwenden. Wir sehen uns um halb vier im großen Saal.«
Er gab den übrigen Mitgliedern der Delegation die Hand und verließ den Raum.
Jetzt hab ich dich!, dachte Wesley und betrachtete versonnen die Videogeräte. Aber sofort wurde er von Zweifeln gepackt. Bisher wusste er doch nichts mit Sicherheit. Vielleicht hatte Sunderland tatsächlich die Wahrheit enthüllt. Vielleicht stand doch Jansen hinter alldem. Auf der gegenwärtigen Grundlage war es schwer, irgendetwas auszuschließen. Es war zum Verzweifeln.
Dann wechselte Wesley von einer Überwachungskamera zur nächsten, er wollte sehen, wohin Sunderland ging.
Beim dritten Klick war er wieder in seinem eigenen Büro. Dieses Mal stand John Bugatti vor der Verbindungstür zu Sunderlands Büro, die nicht mehr geöffnet worden war, seit Wesley den Raum von Sunderlands Sekretärin übernommen hatte.
Freundchen, die ist abgeschlossen, dachte er, als Bugatti die Klinke drückte. Aber die Tür ging auf, und ihm wurde eiskalt.
Wesley war mit einem Satz wieder an Burtons Schreibtisch und drückte den Knopf der Gegensprechanlage zu seinem eigenenBüro. »Tu’s nicht, John!«, rief er. »Geh durch mein Archiv raus, du kennst das doch, und dann in den Presseraum. Und bleib dort, die Pressekonferenz findet draußen statt. Du findest ein Versteck. Bleib dort, klar?« Natürlich war ihm klar, dass John ihn nicht hören konnte. Er klickte mehrfach auf den Knopf der Anlage, aber sie war tot. Er spurtete wieder zu den Monitoren. Sein Büro war leer. Er wechselte zur Kamera im Zwischenkorridor zum Presseraum, aber da war Bugatti auch nicht.
»O Gott! John, du Idiot!«, sagte er laut und wechselte zur Überwachungskamera in Sunderlands Büro. Bingo. Da stand Bugatti und wühlte in den Schreibtischschubladen. Er klickte zurück zum Korridor zwischen Roosevelt Room und Sunderlands Büro und musste tatenlos zusehen, wie Sunderland um die Ecke bog und auf sein Büro zusteuerte.
Wesleys Herz klopfte so stark, dass er es in den Schläfen spürte, als er wieder zur Kamera im Büro des Vizepräsidenten wechselte. Sunderland betrat den Raum und entdeckte Bugatti sofort.
Wesley konnte sehen, dass gesprochen wurde, hörte aber nichts.
Fluchend suchte er nach der Leitung, die das Signal seines ID-Schilds in der Sofaritze auffing. Er bückte sich, und dort an der Unterseite der untersten Metallbox war sie angebracht, er musste nur noch den Kontakt einstöpseln.
Und dann wurde Wesley Zeuge von Sunderlands Niedertracht. Er musste mit ansehen, wie ein feiner Mensch und ehrenhafter Journalist endete, der der Story seines Lebens auf die Spur gekommen war.
In aller Seelenruhe ging Sunderland zum Eckschrank, holte eine alte Militärpistole heraus, entsicherte sie, richtete sie auf Bugatti und drückte ab.
Durch den lauten Knall übersteuerte das Mikrofon in der Sofaritze. Überdeutlich sah Wesley den Rauch und wie derrückwärts getaumelte Bugatti langsam an der Wand herunterrutschte und eine blutige
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