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Das weisse Kaenguruh

Das weisse Kaenguruh

Titel: Das weisse Kaenguruh Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Matthias Praxenthaler
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Bundesbürger medientreu auf bessere Zeiten. Oder, um es konkreter zu sagen, auf endlich wieder steigende Kurse. Der sture Optimismus war weiterhin die ausgegebene Top-Devise im wiedervereinigten Deutschland, und außerdem war man ja noch satt im Plus. Und überhaupt! Eine Krise sitzt der Deutsche – bitteschön – aus. Spätestens seit der Ära Kohl wurde da auch nicht mehr rumgeeiert. Der Dicke hatte das Aussitzen irgendwann zu seinem innenpolitischen Erfolgsrezept erhoben und spielte fortan lieber den großen Staatsmann auf allen Kontinenten, anstatt seinem Volk in dessen immer schlaffer werdenden innenpolitischen Arsch zu treten. So, wie es seineAufgabe gewesen wäre. Und als er endlich weg war, hat sich daran auch nichts geändert. Trotz rauschendem Regierungswechsel 98 wird in Deutschland nämlich weiter ausgesessen. Dem Basta-Gerd sei Dank! Und als der Euro Anfang 201 aus den Ferien in Thailand wiederkam, sah er in den folgenden Monaten die Kurse seiner Aktien einbrechen, täglich mehr und live im Nachrichtensender, und fühlte sich angesichts der aufziehenden dunklen Wolken über seinem Vaterland dazu gezwungen, mal wieder nachzurechnen.

Deal.
    Der Urlaub mit Kim, seiner aktuellen Freundin, war teuer gewesen. Als die Maschine der Thai Air in München landete, befand sich sein Girokonto zwar noch anständig im Haben, und einen dicken Umschlag mit frischen Hundertern hatte er auch noch zu Hause. Aber für mehr als ein paar Monate reichte das nicht. Und für jemanden wie den Euro bedeutete dieser Zustand schlicht und ergreifend, daß er in der nächsten Zeit irgendein Ding drehen mußte. Dringend. Um Geld ranzuschaffen. Um seinen Lebensstandard zu sichern. Weil er sich nicht einschränken wollte. Und vor allem, weil er sonst gezwungen wäre, seine heißgeliebten Aktien zu verkaufen. Was unbedingt verhindert werden mußte. Weil es das Fernsehen doch so gesagt hatte. Und vor allem, weil er dieses Geld noch brauchen würde. Er hatte schließlich einen Traum. Seit Thailand. Er wollte mit Kim aussteigen. So schnell wie möglich. Und das würde kosten …
    Der Euro mußte sich also etwas einfallen lassen. Und weil er selber im Moment keine schlüssige Idee aus Gaunerland auf Lager hatte, die ihm schnelles Geld und damit eine Perspektive versprach, griff er irgendwann zum Telefon, um seine alten Kontakte zu aktivieren. Mit Erfolg. Bereits das vierte Telefonat veränderte alles.
    »Ich bin’s«, meldete sich der Euro.
    »Mensch, der Euro! Habe die Ehre. Wenn das nicht mal Gedankenübertragung ist«, antwortete der Lastwagen-Schorsch. »Dich wollte ich auch anrufen, die Tage.«
    »Hast du etwa was?«
    »Und wie! Spannende Sache. Langfristig. Gibt aber noch einiges zu klären. Und – ich brauche einen Partner.«
    »Klingt nach mir.«
    »Nach wem sonst? Wann und wo?«
    »Klenze in zwei Stunden?«
    »Deal.«
    Der Euro hatte den Lastwagen-Schorsch vor einigen Jahren kennengelernt und seitdem zweimal mit ihm zusammengearbeitet. Das erste Mal gründeten sie eine Weihnachtslotterie, ließen mehrere Tausend Lose drucken und verkauften sie im Namen der »Vereinigten Wohlfahrt« an bayerischen Haustüren für zehn Mark das Stück. Der Hauptgewinn – so behaupteten sie jedenfalls – sollte satte 250 000 betragen, und außerdem würden vom Lospreis nicht weniger als zwei Mark direkt an deutsche Kinder in Not gehen. Mit diesen beiden Top-Argumenten und einem gefälschten Ausweis in der Hand öffneten sie schonungslos die Herzen (und vor allem die Geldbörsen) der gutgläubigen Bevölkerung und verdienten sich innerhalb von sechs Monaten den Arsch wund.
    Und auch ihre zweite gemeinsame Unternehmung war erfolgreich. Der Lastwagen-Schorsch hatte damals für wenig Geld einen fetten Restposten originalverpackter Billiglautsprecher klargemacht, die nun dringend einen Abnehmer suchten. So fuhr er mit einem Lieferwagen und dem Euro als Partner eine Zeitlang durch die Republik und verkaufte diese Boxen aus dem Laderaum heraus an ahnungslose Musikfreaks, die gerade in der Gegend herumlatschten. Ein einmaliges Angebot sei das, erklärten die beiden frech durch das heruntergekurbelte Fenster und konnten diese Behauptungauch beweisen. Mit einem angeblichen Testbericht von Stereoplay, der ihre Boxen als absolutes Spitzenprodukt auswies, überrumpelten sie so unzählige, schnäppchengeile Kunden, verkauften wie blöd, sackten die Kohle ein und verschwanden danach wieder im Nichts ihrer zwielichtigen Existenz.
    Nun trafen sie sich also

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