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Das Weisse Kleid Des Todes

Das Weisse Kleid Des Todes

Titel: Das Weisse Kleid Des Todes Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Julia Spencer-Fleming
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aufmachen.«
    Clare und Russ traten zur Seite. Gemeindemitglieder in winterlicher Kleidung und Wanderstiefeln drängten dicht an dicht durch den Mittelgang. »Ich muss die Verabschiedungsarie hinter mich bringen«, sagte sie, »aber ich will dabei sein, wenn Sie mit ihr reden.«
    »Hab ich mir schon gedacht.«
    Clare machte ein freundliches Gesicht, schüttelte Hände, stieß kleine Rufe der Überraschung aus, bedankte sich bei allen, die freiwillig ihre Hilfe für die Weihnachtsvorbereitungen anboten, und ließ Russ nicht aus den Augen, der Alyson und deren Mutter in der Bank abfing. Er sprach mit ihnen. Alyson schüttelte den Kopf. Mit einer ruckartigen Bewegung deutete er Richtung Tür. Alyson sagte etwas zu ihrer Mutter, die mit den Händen flatterte wie ein verschreckter Vogel. Russ beugte sich nach vorne. Als er einen Schritt zur Seite trat, packten beide Shatthams ihre Sachen und folgten ihm durch den Mittelgang zum Pfarrbüro.
    Clare wusste noch gar nicht, dass es in ihrer Gemeinde so viele Leute gab. Es kam ihr vor, als hätte sie fünfhundert Mal Hände geschüttelt und mindestens ebenso oft Bemerkungen zu dem gestrigen Sturm gehört, bevor auch der Letzte zum Portal hinaus war und sie endlich mit steifen, schmerzhaften Schritten durchs Mittelschiff zurück und zum Sitzungsraum hinken konnte.
    Diesmal saß Russ mit dem Rücken zum Fenster, umgeben von strahlendem Sonnenschein aus einem klaren Himmel, sodass sein Gesicht teilweise im Schatten lag. Alyson lehnte, lässig eine Haarsträhne um zwei Finger drehend, in dem Stuhl gegenüber.
    Clare schloss die Tür, um das Stimmengewirr und das Klappern von Kaffeetassen im Pfarrgemeindesaal auszusperren. »Guten Morgen, Alyson, Mrs. Shattham.«
    »Reverend Clare«, antwortete Barbara Shattham, »Chief Van Alstyne sagt, er braucht noch mehr Informationen zu diesem toten Mädchen. Und dass wir auf Sie warten würden.«
    Russ stand auf, um sehr langsam einen Stuhl heranzuschieben. Clare betrachtete ihn mit hochgezogenen Brauen. »Ich weiß, Ihnen müssen die Füße wehtun, nach dem, was Sie gestern Abend durchgemacht haben«, erklärte er.
    »Ah.« Sie verstand. »Ja, vielen Dank.« Demonstrativ humpelnd begab sie sich zum Tisch und setzte sich.
    »Wo ist denn Ihr Mann, Mrs. Shattham?«
    Die andere Frau runzelte die Stirn. »Daheim. Er fühlt sich nicht so gut. War gestern beim Skilanglaufen und hat es übertrieben.«
    Clare warf Russ einen schnellen Blick zu, der Barbara Shattham nicht aus den Augen ließ.
    »Haben Sie ihn dabei begleitet?«
    »Diese Sportart macht mir keinen Spaß.« Sie wandte sich an Clare. »Reverend Fergusson –«
    »Kam er früh oder spät nach Hause?«
    »Wie?«
    »Von seinem Langlauf. Kam Mr. Shattham früh oder spät nach Hause?«
    »Ich weiß nicht! Am späteren Abend. Sieben oder acht. Was soll das alles?«
    Jetzt sah Russ zu Clare. Sie nagte versonnen an ihrer Lippe. Konnte es sein, dass Mitch Shattham ihr Angreifer gewesen war? So viel sich trotz dieses dicken Schneeanzugs sagen ließ, hatte er ungefähr die richtige Größe und Statur. Wie weit würde er wohl für seine kleine Prinzessin gehen?
    »Gestern Abend, bei meiner Rückkehr aus Albany«, wandte sich Clare an die Shatthams, »da war eine telefonische Nachricht für mich hinterlassen worden. Sie wussten doch, dass ich nach Albany fahre, Mrs. Shattham?«
    Barbara Shattham blinzelte. Ihr Gesicht wirkte ernst. Dann nickte sie.
    »Und Sie haben Alyson erzählt, was bei den Fowlers los war. Dass ich die Liaison zwischen Wes und Katie McWhorter entdeckt hatte.«
    »Ja. Schließlich betraf sie das ja auch.«
    Clare sah Alyson direkt an. »Aber du warst nicht erstaunt, als deine Mutter dir sagte, Wes habe letztes Jahr eine Freundin gehabt, nicht wahr? Du wusstest schon Bescheid.«
    Alysons Finger zupften an ihrem zusammengedrehten Haar. »Nein, wusste ich nicht.« Schlicht. Einfach. Lächelnd. Ein Kind, das nie wegen heimlichen Naschens oder versäumter Hausaufgaben bestraft worden war.
    »Katie hat drei Mitbewohnerinnen, die dich anhand eines Fotos identifizierten. Du hast sie Anfang des Semesters besucht«, sagte Russ mit ruhiger Stimme. »Also, wir können alle zu einer Gegenüberstellung bitten –«
    »Eine Gegenüberstellung? Sie meinen, so als ob meine Tochter verhaftet wäre?«
    Alyson riss den Mund auf und ließ ihre Haare los.
    »Sie könnte es freiwillig machen. Oder erst nach ihrer Verhaftung.« Er starrte das Mädchen an. »Sie könnte uns aber auch sofort erzählen, was

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