Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Das Weisse Kleid Des Todes

Das Weisse Kleid Des Todes

Titel: Das Weisse Kleid Des Todes Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Julia Spencer-Fleming
Vom Netzwerk:
in diesem Land ist es schwer, ein gesundes weißes Kind zu finden. Da darf man keine Mimose sein. Und auch nicht zimperlich in der Wahl seiner Mittel.«
    »Und außerdem taucht die Mutter vielleicht gar nicht auf.« Geoff und Clare sahen Karen an.
    »Kar, diese Einstellung ist unrealistisch. Wir müssen eine strategische Position beziehen, um zu gewinnen, nicht Däumchen drücken und hoffen, dass dieses Mädchen ein für allemal auf Tauchstation bleibt.«
    Es war noch ein Croissant übrig, und Clare riss es sich unter den Nagel. Was diese Wahl wohl über ihre Persönlichkeit aussagte?
    »Sicher. Du hast ja Recht. Ich bin überzeugt, Cody ist derjenige, welche. Ich weiß einfach, dass er für uns bestimmt ist.« Karen strahlte. Clare hoffte, ihr geradliniges, entschlossenes Verhalten würde nicht in einer Enttäuschung enden. Wenn Leidenschaft und Hingabe ein gutes Elternpaar auszeichneten, dann waren die Burns immerhin das Beste, was Cody passieren konnte.
    »In diesem Fall sollten wir uns darauf einstellen, das Nötige zu tun, damit uns Cody niemand mehr wegnimmt«, sagte Geoff.

    Russ betrachtete resigniert den alten Automaten auf dem Gang zwischen dem Kühlraum des Leichenschauhauses und dem Büro des Pathologen, wo er unwillig seinen Samstagnachmittag verbrachte. Der Automat hatte eine verglaste Vorderfront und verkündete in Fünfzigerjahre-Schrift: Buffeteria – Kalt – Warm – Schmackhaft – Praktisch! Für einen Dollar in Münzen bekam man ein Sandwich, das angeblich mit Pute, Schinken oder Käse belegt war, und für fünfzig Cent Aufpreis konnte man das Menü um Hühnerbrühe vervollständigen, die aus einer Düse rechts neben den Sandwiches floss.
    Alles schmeckte, als wäre es irgendwann letzten Sommer gemacht und seither liegen lassen worden. Der Gedanke an ein undefinierbares Sandwich und an Brühe, die mehr Salz als Hühnchen enthielt, war verdammt wenig verlockend, aber es ging auf ein Uhr zu, und wenn Russ nicht etwas in den Magen kriegte, dann würde er zusammenklappen. Sehnsüchtig dachte er an das Mittagessen bei seiner Mutter, als Dr. Dvorak durch die schwere Flügeltür des Leichenschauhauses kam.
    »Sie wollen doch nicht allen Ernstes diesen Fraß zu sich nehmen?«, sagte der Pathologe.
    Russ schnaubte. »Es ist doch Ihr Automat.«
    Dvorak kämpfte sich aus seinem Laborkittel und hängte ihn über den Arm. »Der gehört dem Staat, mein Bester. Wurde wahrscheinlich nur aufgestellt, um dem Krankenhaus einen kontinuierlichen Patientennachschub zu sichern.« Er marschierte durch den kurzen Gang zu seinem Büro. Russ schloss sich ihm im Gleichschritt an. »Ich sage Ihnen, Chief, ich glaube, in sieben Jahren hab ich niemanden dieses Ding nachfüllen sehen.« Dvorak öffnete seine Bürotür aus solidem Holz und Milchglas, genau wie die von Russ. »Eigentlich hätten Sie gar nicht herkommen müssen. Im Augenblick habe ich nur einen vorläufigen Befund. Wir werden auf den Toxikologiebericht der State Police warten müssen.«
    Dvorak nahm an einem Schreibtisch Platz, der wesentlich aufgeräumter war als der von Russ. Der bereits farbkodierte vorläufige Befund wanderte auf einen Stapel ähnlicher Akten, der ordentlich aufgeschichtet an der Tischkante lag. Ein großer Stehkalender war mit Einträgen und Notizen in exakter Schrift gefüllt. Ein lederner Behälter voll gespitzter Stifte und ein Marmorständer für einen Federhalter, der die Aufschrift des New Yorker Pathologenverbandes trug, hielten die Ecken des Kalenders fest. Passend zu dem Behälter gab es ein in Leder gerahmtes Foto von Dvorak, dem kräftig gebauten, bärtigen Mann, mit dem er liiert war, und ihren beiden Bordercollies.
    Der Leichenbeschauer, der auch als Pathologe für das Kreiskrankenhaus arbeitete, war ein gedrungener Mann in den Fünfzigern, mit kurz geschnittenem, grau meliertem Haar und hellblauen Augen, die Russ über den Rand einer Trifokalbrille kritisch musterten.
    »Aber ich musste doch dableiben«, erwiderte Russ. »Eine unbekannte Tote, möglicherweise ermordet? Sie haben Glück, dass ich nicht schon bei der Autopsie daneben hockte.«
    Dvorak sah ihn schief an. »Hm. Soweit ich mich entsinne, haben Sie das zum letzten Mal getan, als –«
    »Erinnern Sie mich bloß nicht daran. Was haben Sie herausgefunden?«
    »Nur das Grundsätzliche. Den Zähnen nach war sie so zwischen sechzehn und vierundzwanzig. Bekam mit einem schweren, stumpfen Gegenstand einen Schlag auf den Hinterkopf, was zur teilweisen Zerschmetterung des

Weitere Kostenlose Bücher