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Das weiße Krokodil

Das weiße Krokodil

Titel: Das weiße Krokodil Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: C. C. Bergius
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und erneut vorsichtig in die Runde blickte. Minuten verharrte es in dieser Stellung, und Tie-tie, der sich kaum zu rühren wagte, weil er befürchtete, das Krokodil zu verscheuchen, atmete erleichtert auf, als es sich schwer auf den Bauch fallen ließ und sich umständlich so zurechtlegte, daß seine Schnauze und Schwanzspitze dem See zugewandt waren. Aber auch in dieser für Krokodile charakteristischen Ruhelage schaute es noch eine Zeitlang mißtrauisch umher, bis es wie gähnend seine zähnestarrende Schnauze öffnete und, ohne sie wieder zu schließen, in einen allem Anschein nach schnell einsetzenden Schlaf fiel.
    Tie-tie wußte vor Aufregung nicht, was er tun sollte. Auf seiner weiten Wanderung hatte er schon vieles zu sehen bekommen, nie aber ein Krokodil, dessen Länge über sechs Meter betrug und dessen mächtiger Körper makellos weiß war, wenn man von einigen schmutziggrauen Flecken absah, die sich zwischen den Längsreihen seiner Rückenschilde befanden. Und an eben diesen Stellen pickte der langschnäbelige Trochylus, der sich unmittelbar nach dem Herausheben aus dem Wasser auf das Krokodil gesetzt hatte, unbesorgt herum.
    Die Hennen noch immer unter den Armen haltend, schaute Tie-tie auf das sich ihm bietende Tieridyll hinab. Die Unbekümmertheit des Vogel faszinierte ihn beinahe noch mehr als das imposante Aussehen des weißen Krokodils. Seines Krokodils, zu dem er sich auf unerklärliche Weise hingezogen fühlte.
    Und dann sah er etwas, das ihm einen solchen Schrecken einjagte, daß er die Hühner beklommen an sich drückte. Der verwegene Trochylus trippelte über den Kopf des Krokodils bis zur äußersten Spitze des weit aufgerissenen Maules, in das er nach einem schnellen neugierigen Blick kurz entschlossen hineinsprang, um die am Zahnfleisch befindlichen Schmarotzer des Raubtieres fortzuklauben.
    »Um Himmels willen!« rief Tie-tie, der das Schlimmste für den Vogel befürchtete.
    Sein Ausruf hatte eine ungeahnte Wirkung. Das Krokodil klappte blitzschnell seine Schnauze zu und stürzte sich ins Wasser; den behenden Trochylus aber, der schon beim ersten Laut fortgesprungen und davongeflogen war, hatte es nicht erwischt.
    Das soll mir eine Lehre sein, dachte Tie-tie, als er betrübt hinter dem weißen Krokodil herblickte, dessen Kiellinie zwei auseinanderlaufenden Silberfäden glich. Ich ahnte ja nicht, daß Krokodile so ängstlich sind. Wenn es immer so schnell flüchtet, werde ich wenig Freude an ihm haben. Ich muß versuchen, ihm zu bedeuten, daß es vor mir keine Angst zu haben braucht. Aber wie? Vielleicht hätte ich mich von Anfang an ein wenig bemerkbar machen sollen.
    Seit dieser Minute grübelte Tie-tie unentwegt darüber nach, wie er das weiße Krokodil an seine Anwesenheit gewöhnen könne. Bei den Affen schien ihm dieses Problem nicht so schwierig zu sein. Er begab sich deshalb frischen Mutes zur Pagode zurück, wo er ›Tang‹ und ›Ting‹ in der Nähe des Einganges anleinte und mit Wasser versorgte, das er vom See in einem Topf heraufholte, den Yen-suns fürsorgliche Frau ihm geschenkt hatte. Gewiß nicht zum Tränken der Hühner, in deren Gesellschaft er einige jener Früchte verzehrte, die am Abend zuvor auf ihn herabgeschleudert worden waren. Er tat es selbstverständlich nicht, ohne den Himmel um Entschuldigung dafür zu bitten, daß er sich angesichts des zu erwartenden langanhaltenden Spektakels dazu entschlossen habe, die morgendliche Umwanderung der Pagode erst nach der Nahrungsaufnahme durchzuführen.
    Das nicht gerade sehr saubere, ihm aber schon seit langem als Sonnenschutz dienende Tuch über den Kopf gelegt, aß er einige Bananen, Rambuttans und Mangopflaumen, und nachdem er sich so gestärkt und zum Abschluß noch den Saft einer Cocanac getrunken hatte, erhob er sich, um seine Gebetsmühle zu holen und mit dem Umschreiten der Pagode zu beginnen. Ein wenig graute ihm davor. Der Weg fiel ihm besonders schwer, weil es so schön gewesen war, am Fuße der Steintreppe sitzend über den ruhig daliegenden See zu blicken und dem zarten Klang der vom Morgenwind bewegten Silberglöckchen zu lauschen, die an den Dachtraufen der Pagode hingen und jahrein, jahraus ihr sphärenhaftes Lied ertönen ließen. Doch er hatte sich nun einmal vorgenommen, den Affen beizubringen, daß er ihr Freund sei und unter keinen Umständen eine Hand gegen sie erheben würde. So setzte er denn seine Gebetsmühle in Bewegung und machte sich auf den Weg.
    Schon nach wenigen Schritten trat ein, was er

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