Das Wesen aller Kriege (Die Ratte des Warlords IX-A) (German Edition)
hörbar, bevor es erneut erstarb. Aber auch die kurzen Geräusche waren deutlich genug, damit Kepler feststellen konnte, dass sie die Dachöffnung umrundeten. An der Kante, die gegenüber der Maschine mit der Ratte lag, änderte sich das Muster des Knisterns für einen Augenblick.
Dann verschwand es völlig. Baobhan wollte wohl auch ganz sicher handeln und nicht vom Dach aus schießen. Das Knistern kam nicht wieder, dafür hörte Kepler von draußen gedämpft irgendwelche Geschöpfe der Nacht.
Er wartete. Und löste sich innerlich in der Umgebung auf, so wie die Tarndecke ihn äußerlich mit ihr verschmelzen ließ. Eine Spinne kroch aus ihrem Versteck heraus und begann ihr Netz auszubessern, das zwischen den Streben des Apparats gespannt war. Das kleine Tier beachtete Kepler nicht, obwohl er sich weniger als einen halben Meter entfernt befand.
Weil er ein Teil dieser Welt war und weil diese Welt ein Teil von ihm war.
E r, dem Empfindungen rein physiologisch fremd waren, seit langer Zeit fühlte er zwei Dinge klar, deutlich und stark. Er liebte Afrika inständig und genauso hasste er alle und jeden, der diesem Kontinent wehtat. So war es vor Millionen von Jahren gewesen. So würde es immer bleiben. Weil Afrika die Heimat von Lisa war. Und seine war sie auch geworden. Es war ein Teil seiner Seele.
Kepler sah durch die Dachöffnung. Dieser afrikanische Himmel war ihm nicht fremd, aber seine Andersartigkeit rief tiefes Bedauern in ihm hervor. Er würde gern in die unendlichen Weiten blicken und das seltsame Zwiegespräch mit den Sternen führen, wie es zu tun er in Afrika gelernt hatte. Aber er sah keine Sterne, die er kannte. Er könnte sie finden, aber das würde seine Aufmerksamkeit binden und sie brauchte er. Für einen Scharfschützen war es tödlich, nicht auf seine Umgebung zu achten. Kepler analysierte sie wieder und wieder.
A ls der Morgen graute, war er absolut konzentriert und völlig entspannt. Baobhan würde ihn nicht bemerken und niemals unbemerkt an ihm vorbeikommen.
E r war Scharfschütze. Und das hier war seine Welt, nicht ihre.
Kepler nahm keine Veränderung im Surren des Laserrings wahr. Er hatte jedoch auch nicht damit gerechnet. Baobhan würde an einer Stelle in die Wartungsstation kommen, die von der Ballonhalle aus nicht sichtbar war.
Ein Streifen des Ghillies bewegte sich ein wenig, die Ratte war wohl wieder wach. In einer unendlich langsamen Bewegung legte Kepler die rechte Wange auf den Kolbenschaft und bewegte das Gewehr etwas nach rechts, bis die Mündung des Schalldämpfers auf die Maschine mit der Ratte gerichtet war. Sein rechter Zeigefinger legte sich um den Abzug. Er sah die Syth nicht.
Aber sie musste gleich da sein. Baobhan musste einfach diese Zeit gewählt haben. Es war die einzige des Tages, in der das Licht sich nicht einmal ansatzweise in ihrer Tarnung brechen konnte. Kepler wusste es.
Das flüchtige Klirren überraschte ihn trotzdem. Es war von einer Stelle hinter der Startrampe gekommen, die er nicht einsehen konnte. Er spannte sich an, bewegte sich aber nicht. Dafür nahm er eine Bewegung links von der Startrampe wahr. Sie war verstohlen, aber bedrohlich und kraftvoll.
Im nächsten Moment schritt ein Gool wie ein weiß schimmernder Schatten aus der Dunkelheit hervor. Kepler unterdrückte den Reflex, auf ihn anzulegen und zu feuern, nur seine linke Hand schoss zu seinem Ohr hoch.
Zugleich zerriss ein greller Schrei die Stille. Nach Luft schnappend stand Goii da und starrte auf den Gool. Das Monster hatte den winzigen Schädel einer Drohne, aber der schrille Laut schien ihm einiges Unbehagen zu bereiten, und es verharrte. Goii stolperte zurück und fiel auf die Knie, aber seine Arme hoben sich. Sie zitterten jedoch so stark, dass der Lauf der Lichtbogenwaffe in einem Kreis von einem halben Meter im Durchmesser tanzte. Der Gool sprang vor. Im selben Augenblick feuerte Goii endlich. Der gleißende Blitz riss das rechte Bein des Monsters ab. Aufbrüllend stürzte es, seine roten Augen leuchteten dämonisch auf. Dunkle Blutspur hinter sich her ziehend, pflügte der Gool sich durch den Dreck auf dem Boden. Mit weit ausholenden Bewegungen der Arme und des linken Beins kroch es behände über die auf dem Boden zerstreuten Maschinenteile und umgekippte Computerschränke. Goii fiel erschrocken hinten über und schob sich mit hastigen Fußtritten zurück.
Das kratzende Scheppern der Gool-Krallen auf dem Boden ging plötzlich in schnellen mechanischen Geräuschen des
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