Das Wiegen der Seele (German Edition)
Kopf rauschen und in den Adern begann es zu kochen. Er fühlte sich auf einem schmalen Grad zwischen klarem Bewusstsein und Wahnsinn balancieren.
„Machen sie schon“, meinte Burscheidt und nickte leicht mit dem Kopf. „Ich kann nichts mehr für sie tun . “
Nettgen schaute ihn an. Am liebsten hätte er ihm eine verpasst, doch zum Glück beherrschte er sich. Er öffnete den Verschluss seines Halfters, zog die Waffe heraus und ließ das Magazin mit einem Knopfdruck herausschnellen . Getrennt voneinander reichte er Burscheidt die Waffe und das Magazin. Dann griff er in die Hosentasche und suchte seine Marke.
„Nun machen sie schon Nettgen. Geben sie mir ihre Dienstmarke“ , forderte Burscheidt.
Nettgen gab sie ihm und blickte ihn vernichtend an.
„Kommissar Nettgen, ich enthebe sie hiermit vorläufig von ihrem Dienst. Sie sind bis auf weiteres suspendiert!“ Burscheidt senkte den Kopf und fügte leise hinzu: „Ich habe getan, was ich konnte. Es tut mir l eid, auch das mit dem Professor.“
Nettgen kochte vor Wut. Sein Gesicht war eine Grimasse aus Hass und Zorn. Er verabschiedete sich mit einem Kopfnicken, nicht ohne den Herrschaften noch viel Erfolg zu wünschen.
Er fuhr mit dem Dienstwagen zur Dienststelle und ging zu seinem Mustang. Er machte sich Vorwürfe, dass er nicht ans Telefon gegangen war. Durch seinen Fehler war der Professor regelrecht hingerichtet worden.
Sein Handy klingelte. Diesmal nahm er den Anruf sofort entgegen.
„Nettgen“ , sagte er unwirsch.
„Hallo Ralf, hier ist Dietmar . “
Nettgen freute sich, Löfflers Stimme zu hören, auch wenn ihm das in seinem momentanen Zustand nicht direkt anzuhören war.
„Dietmar! Was freue ich mich, dich zu hören. Wie geht es dir? Du weißt, was passiert ist?“
„Ja und es tut mir l eid. Habe es eben erfahren. Auch, was sie mit dir gemacht haben. Ralf, es tut mir wirklich l eid . “
„Schon gut. Schön, dass du wieder da bist. Bist du wieder im Dienst?“ , wollte Nettgen wissen.
„Ja, ab morgen.“
„Das freut mich. Es tut mir l eid, dass ich mich noch nicht gemeldet habe, aber es war zu viel lo s. Sie zu, dass du mit denen vom BKA kooperierst. Bleib am Ball!“
„Ich weiß, kein Problem, du kennst mich doch. Du glaubst gar nicht, wie froh ich bin, wieder hier zu sein. Der ägyptische Knast setzt einem ganz schön zu.Was meinst du, gehen wir ein Bier trinken? Wir haben wahrscheinlich beide viel zu erzählen und mach dir keinen Kopf wegen den Ermittlungen.“
„Das glaube ich auch. Aber sei mir nicht böse Dietmar, ich will im Moment nur meine Ruhe haben. Tu mir bitte einen Gefallen und halte mich auf dem Laufenden.“
„Okay, verstehe. Klar informiere ich dich, ist doch Ehrensache!“
„Danke, bist ein guter Kumpel. Ich wünschte, ich wäre auch so einer, dann wäre Neuhausen jetzt nicht tot und du wärst nicht fast in Ägypten verrottet.“
„Jetzt mach dir mal keine Vorwürfe, Ralf. Ich hab's überlebt und für Neuhausen hättest du wahrscheinlich sowieso nichts tun können. Fahr nach Hause – oder zu Maria? Jedenfalls ruh dich aus. Ich melde mich, sobald ich was weiß. Bis bald.“
„Danke, bis bald.“
Dann beendete Nettgen das Gespräch. Er war einfach nicht in der Verfassung, einen Smalltalk zu halten.
Er startete den Motor seines Altertümchens , der wie ein Panzer aufheulte und asthmatisches Husten aus dem Auspuffrohr stieß. Dann machte er sich auf den Heimweg. Zuhause stellte er sich vor das Fenster und starrte auf die Straße, die Hände tief in den Hosentaschen vergraben. Er konnte das alles einfach nicht fassen. Nach und nach wurde ihm erst richtig bewusst, was geschehen war .
Kapitel 1 8
Nettgen versuchte zu schlafen, doch er wälzte sich ständig ruhelos hin und her. Er bekam einfach kein Auge zu, so sehr er sich auch anstrengte. Nach mehrmaligen Überlegungen stand er schließlich auf, zog sich an und verließ die Wohnung. Er wollte nur ein wenig frische Luft schnappen und sich die Beine vertreten. Er ging die Straße entlang, bog links ein und folgte vorbei an Häuserreihen einem Weg, der vor einem Spielplatz endete. Hier legte er eine kurze Pause ein. Er fühlte sich schon viel ausgeglichener und ihn überkam ein leichter Anflug von Müdigkeit.
Es war inzwischen Mitternacht, als er nach rund fünfundvierzig Minuten wieder zu Hause ankam und die Flurtreppe zu seiner Wohnung hinaufstieg. Als er jedoch vor seiner Haustür in seiner Hosentasche nach dem Schlüssel kramte, war seine
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