Das Wiegen der Seele (German Edition)
versteckte Botschaft zu Papier zu bringen. Nur mit UV-Licht sind die Inschriften zu lesen und die Zeichnungen zu erkennen. Woher stammen die Blätter überhaupt?“
„Aus Cramptons Safe, ist eine lange Geschichte, aber ich erzähle dir alles, sobald wir uns sehen.“
„Ich fall um, das sind Cramptons Papiere? Na dann ... “
Nettgen setzte sich auf das Sofa. „Und? Was steht drauf?“
„Ralf, ich habe gerade erst den Bericht erhalten. Sobald ich die Blätter begutachtet habe, melde ich mich wieder. Wollte nur, dass du schon mal Bescheid weißt. Die anderen Sachen laufen wie besprochen. Und noch etwas, eigentlich noch interessanter: Die Spurensicherung hat in der Gärtnerei von Bohlenbach einen interessanten Fund gemacht. An einem unscheinbaren Platz in der Nähe des Tatorts, genauer gesagt an der Wand hinter einem Tresen, fanden sie Zeichen und Hieroglyphen. Und – du wirst es nicht glauben – sie sind mit denen von Crampton fast identisch. So viel konnte ich auf den ersten Blick feststellen“ , erklärte Löffler.
„Großer Gott! Das erzählst du mir jetzt erst?“ , meckerte Nettgen.
„Ralf, ich habe die Unterlagen erst jetzt zu Gesicht bekommen, und das bei Burscheidt auf dem Schreibtisch.“
„Schick sie mir rüber!“ , forderte Nettgen. „Die haben doch nicht etwa einen weiteren Mord geplant?“
„Das hoffe ich nicht und das mit dem Schicken geht nicht. Burscheidt hat sie . Er wird sich schon denken, dass wir zwei nach wie vor zusammenarbeiten . Ich kümmere mich unverzüglich nach der Konferenz darum, versprochen. Bin jetzt weg .“
„Ich danke dir. Gib mir bitte sofort Bescheid, wenn du es dir angeschaut hast . “
„Klar, mach ich. Ich melde mich, bis dann . “
„Bis dann, Dietmar“.
Was für eine Neuigkeit! Aber auch eine schreckliche Nachricht, was die Zeichen am Tatort betraf. Die Vergangenheit hatte gezeigt, dass die Hieroglyphen einen Mord ankündigten. Doch wer in Gottes Namen war jetzt noch im Visier des Ordens? Wer war noch am Geheimnis beteiligt? Zu gern hätte sich Nettgen die Zeichen angeschaut und entschlüsselt. Er fluchte laut vor sich hin. Ihm blieb nichts anderes übrig, als auf Löfflers Anruf zu warten.
Vor lauter Aufregung hatte er fast den Zettel von El-Dhamosis vergessen. Was konnte er bloß mit der Unterwelt Essens gemeint haben? Und welche Rolle wohl die Mönche spielten? Und nun noch der Kuttenträger auf dem Video. Nettgen grübelte und grübelte. Priester hatt e es im alten Ägypten gegeben, aber Mönche?
„Unterwelt – Mönche – Unterwelt – Essens – Mönche“, murmelte er laut. Irgendwas musste das doch bedeuten.
In der Wohnung über ihm betätigte jemand die Toilettenspülung. In der Stille vernahm er deutlich, wie das Abwasser durch das Rohr in der Wand nach unten rauschte.
Das wars !
Er verzog das Gesicht zu einem schelmischen Grinsen und rollte die Augen.
„Das ist es!!“, rief Nettgen so laut, dass er bis auf die Straße zu hören war.
„Genau das meinte El-Dhamosis. Die Unterwelt von Essen, das war das gewaltige Kanalsystem. Daher auch die Flucht seines Angreifers in den Schacht am Ruhrufer, der in das Kanalsystem führt!“
Nettgen wusste aus den Ermittlungen in einem Entführungsfall vor ein paar Jahren, dass das Kanalsystem so gewaltig war, dass man tagelang darin herumlaufen konnte, ohne nochmal dieselbe Stelle zu finden. Er erinnerte sich an mächtige Schleusen und Kammern, die so groß waren, dass man bequem hätte einziehen können, wenn es nicht so bestialisch gestunken hätte. Das System war so groß und weitläufig wie das Straßennetz. Er musste sofort etwas unternehmen.
Sein erster Gedanke galt einem guten Bekannten bei der Stadtverwaltung. Er brauchte unbedingt Pläne und Zeichnungen des Kanalnetzes. Außerdem war ihm der Bekannte noch einen Gefallen schuldig, da er für ihn ein Zimmer gemietet hatte, als er mit seiner Flamme in einem Hotel eine Nummer schieben wollte. Da er seine Ehefrau nicht persönlich kannte, war es Nettgen egal gewesen , dem Mann den Rücken zu decken. Er suchte aus dem Telefonbuch die Nummer der Verwaltung und setzte sich an den Küchentisch.
„Stadtverwaltung Essen, mein Name ist Lisa Sauer, was kann ich für Sie tun?“, erklang eine freundliche Stimme am anderen Ende der Leitung.
„Ja, guten Tag. Mein Name ist Nettgen. Ich hätte gerne Herrn Küpper gesprochen, Manfred Küpper“, antwortete Nettgen.
„Einen Moment bitte, ich verbinde.“
„Hallo? Hier Küpper . “
„Hallo
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