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Das Wiegen der Seele (German Edition)

Das Wiegen der Seele (German Edition)

Titel: Das Wiegen der Seele (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Dirk Ullsperger
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nach und positionierten sich um den Sessel.
    Die Polizisten blickten in ein Gesicht, aus dem alle Farbe gewichen war. Es war blutleer, die Züge schlaff. Die Lippen waren zu einer schmalen, grauen Linie zusammengepresst. Die weit aufgerissenen Augen starrten trüb und glanzlos geradeaus. Das Gesicht ließ einen letzten Eindruck von Furcht und Entsetzen erkennen.
    „Er ist es“, meinte Nettgen und senkte seine Waffe. „Das ist Hasan Ab Abduram . “
    Löffler befand sich inzwischen neben ihm. Er senkte resigniert den Kopf, blickte zu den Kollegen des Sondereinsatzkommandos und sagte frustriert: „Danke, das war es dann wohl für euch. Ihr könnt abziehen. Schickt uns noch die Spurensicherung . “ Sein Atem ging flach.
    Wie Nettgen betrachtete auch er die Leiche mit tiefer innerer Unzufriedenheit.
    Jemand hatte Ab Abduram mit einem sauberen Schnitt die Kehle aufgeschlitzt. Er musste reichlich Blut verloren haben, denn der ganze Sitzbezug war mit geronnenem Blut durchtränkt. Er saß kerzengerade auf dem Sessel und umkrallte starr die Armlehnen. Löffler beugte sich vor und blickte in den Hemdausschnitt. Die ersten zwei Knöpfe waren geöffnet, ein Teil einer Tätowierung ragte aus dem Ausschnitt heraus. Er knöpfte das Hemd weiter auf und öffnete es nach beiden Seiten.
    „Was ist das? “, fragte er verdutzt.
    Auch Nettgen betrachtete die Tätowierung auf der Brust und schüttelte irritiert den Kopf.
    „Keine Ahnung“, meinte er. „Sieht jedenfalls ziemlich interessant aus . “
    Sie blickten auf eine Tätowierung, die mit bunter Tinte gefertigt war. Zu sehen war ein Kreuz, auf dessen Spitze ein Schakalkopf thronte. Am Fuß des Kreuzes war ein roter Kreis zu sehen, in der Mitte ein allsehendes ägyptisches Auge . Die Pupille war feuerrot und starrte auf die Betrachter. Zwei kleine Dreiecke hingen seitlich am Kreuz. Dadurch ähnelte das Ganze einer Waage.
    Nettgen wusste nicht, was er denken sollte. Es gab für ihn nur zwei Möglichkeiten: Entweder war der Fall hiermit erledigt und die Akte Crampton geschlossen. Das hätte auch bedeutet, dass die vermutete Mordserie hier ihr Ende hatte. Andererseits war heute der Achtzehnte. Was, wenn Ab Abduram das Opfer war, auf das die Hieroglyphen am Tatort hingedeutet hatten? Wenn sie einfach zu spät gekommen waren? Vielleicht war er nur ein weiteres Glied in einer Kette von Verbrechen. Immerhin waren in diesem Raum keine Hieroglyphen oder Ähnliches zu finden, nichts, was auf weitere Morde hingedeutet hätte.
    „Anscheinend versuchte er sich nicht zu wehren. Ich vermute, er wurde hinterrücks überrascht“, meinte Nettgen.
    In diesem Moment klopfte es an die offenstehende Zimmertür und eine piepsige Stimme rief: „Die Gerichtsmedizin ist da . “
    Nettgen und Löffler drehten sich um, erblickten den Besucher, schauten sich an und schlugen innerlich die Hände grinsend über dem Kopf zusammen. Sie betrachteten einen etwa einen Meter fünfzig großen Mann, der locker durch eine Katzenklappe gepasst hätte. Wegen seiner Brille wirkten die Augen viermal so groß, da sich regelrechte Lupengläser in dem schwarzen Brillengestell befanden. Er näherte sich Nettgen und streckte ihm die Hand entgegen. Nettgen ergriff sie und schüttelte sie unvoreingenommen, stellte jedoch fest, dass der Mediziner patschnassgeschwitzte Flossen hatte und zog seine Hand zügig wieder an sich. Während er sich die Hände an der Diensthose trocknete, lächelte ihn der Mediziner an.
    „Mein Name ist Dr. Richards von der Gerichtsmedizin Essen. Ich bin heute nur in Vertretung hier . “
    „Hallo“, erwiderte Nettgen. „Kommissar Nettgen . “
    “ Kommissar Löffler, guten Tag “ , grüßte Löffler vom Fenster her und tat, als müsse er Spuren suchen. Er hatte Nettgens Handtrocknungsaktion mitbekommen und keine Lust, in dieselbe Falle zu tappen.
    „Na, wo ist denn die Leiche? “, fragte der Mediziner.
    „Na, was denken S ie wohl, wer von uns vieren hier mausetot ist? “, entgegnete Nettgen genervt und zeigte auf den Sessel.
    Dr . Richards stellte sich direkt vor den Leichnam. Ohne Gummihandschuhe pulte er in der offenen Wunde herum. Er klappte die Hautlappen zur Seite und leuchtete mit einer kleinen Taschenlampe hinein. Danach nahm er sich den rechten Arm und ließ ihn wieder fallen. Er schaute in den Mund und leuchtete in die Augen. Nettgen und Löffler betrachteten dieses makabere Schauspiel und tauschten trotz der Situation belustigte Blicke aus. Nettgen hatte Mühe damit,  ernst zu

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