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Das Wiegen der Seele (German Edition)

Das Wiegen der Seele (German Edition)

Titel: Das Wiegen der Seele (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Dirk Ullsperger
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„Besten Dank!“, presste er hervor.
    Minuten später erreichte er die Fächer und suchte die Nummer zweiundsiebzig, die er im nächsten Gang schließlich fand. Nettgen zögerte, bevor er den Schlüssel in das Schloss steckte. Seine Anspannung war fast mit Händen zu greifen. Endlich steckte er den Schlüssel ein und versuchte langsam, ihn zu drehen. – Und er passte! Ein schwaches Knacken zeigte an, dass das Schloss entriegelte. Kaum vorstellbares Glück an einem so miserablen Tag! Vorsichtig öffnete er die Schließfachtür. In dem dunklen Fach konnte Nettgen auf den ersten Blick nichts erkennen. Kurz darauf ertastete er jedoch auf dem Boden des Schließfaches einen dunkelbraunen Umschlag. Schnell zog er seine Handschuhe über und nahm ihn heraus. Bevor er ihn vorsichtig öffnete, zögerte er kurz. Hatte er endlich den Schlüssel zum Rätsel in der Hand? Er hoffte, in dem Umschlag irgendetwas wie ein Geständnis, ein Testament oder etwas Ähnliches zu finden. Am liebsten wäre ihm natürlich der Auftrag eines Drahtziehers, um seine Theorie zu bestätigen. Aber so einfach war es nicht. Stattdessen bestand der Inhalt nur aus einem einzigen, zusammengefalteten Zettel.
    Was ist denn das schon wieder für ein Gekrakel , dachte er enttäuscht, drehte das Papier in alle Richtungen und betrachtete die Zeichnung auf dem Bogen aus jedem Winkel. Es schien ein mit Bleistift durchgepaustes Symbol zu sein, welches mit einer Inschrift versehen war. Der gräuliche Farbton war so schwach, dass er Mühe hatte, die Grundrisse zu erkennen und die Inschrift lesen zu können. Er klappte den Umschlag wieder zu und strich mit der flachen Hand über den Schließfachboden. Sonst war das Fach leer. Er steckte den Umschlag ein, verschloss das Fach wieder und machte sich auf den Rückweg. Den Weg vom Bahnhof bis zurück zu seinem Wagen grübelte er darüber nach, was dieses komische Papier nun schon wieder zu bedeuten hatte. Warum hatte Ab Abduram dieses Stück Papier in einem Schließfach deponiert? Was konnte daran so wichtig sein? Er verschob diese Überlegungen auf später. Ihm war jetzt nicht danach, sich den Kopf darüber zu zerbrechen, und außerdem war er enttäuscht, denn der Inhalt des Faches kam seinen Erwartungen in keinster Weise nach.
    Entmutigen lassen wollte sich Nettgen heute jedoch kein zweites Mal. Der Tag konnte nur noch besser werden. Er beschloss, den Abend so fortzusetzen, wie er ihn ursprünglich geplant hatte und machte sich auf den Weg zu Maria Crampton. Dabei hoffte er die ganze Zeit, dass er sie auch zu Hause antreffen würde. An einem Tag wie heute hätte ihn das Gegenteil jedoch auch nicht mehr gewundert.
    Schließlich fand er sich auf dem Grundstück der Familie Crampton ein – und mit ihm die Nervosität. Was wollte er hier eigentlich? Was würde Frau Crampton denken, wenn er auf einmal mit Blumen auftauchte? Er konnte ihr ja schlecht sagen: Hey, hier bin ich und es hat mich voll erwischt.
    Na ja, immerhin konnte er ihr ja die gute Nachricht überbringen, dass sie den Mörder ihres Mannes geschnappt hatten. Der war zwar tot, aber immerhin – das war doch wohl ein paar Blumen wert. Dieser Gedanke machte ihn etwas gelassener. Er klingelte an der Haustür.
    Es dauerte eine Weile, bis er Schritte vernahm. Es kam ihm vor wie eine Ewigkeit, in der die Nervosität wieder kam. Ein Fluchtreflex überkam ihn. Den kannte er selbst aus seinen schwierigsten Einsätzen nicht, aber bevor er auf dem Absatz umdrehen konnte, öffnete sich die Tür und Maria Crampton stand vor ihm.
    Bei ihrem Anblick verschlug es ihm die Sprache. Er hatte Mühe, einen vernünftigen Satz zustande zu b ringen .
    „Guten ... guten Abend, Frau Crampton. Entschuldigen S ie die ... die späte Störung . “
    „Kommissar Nettgen“, sagte sie lächelnd.
    Nettgen hatte den Eindruck, als freue sie sich über seinen Besuch. Aber in so einem Moment konnte ihm natürlich auch das Adrenalin die Wahrnehmung trüben.
    „Es freut mich, S ie zu sehen. Kommen S ie doch herein!“, bestätigte sie seine Vermutung. Er atmete auf.
    Sie trat ein Stück zur Seite, sodass Nettgen die Halle betreten konnte. Als sie die Tür schloss, reichte Nettgen ihr die Blumen. Er stand dabei wie ein Schuljunge, starr und ohne ein Wort zu verlieren. Darüber ärgerte er sich. Sie war bestimmt nicht die erste Frau in seinem Leben, aber sie war anders, hatte irgendwie Klasse. Fehlte nur noch, dass er rot wurde. Prompt bemerkte er, wie Wärme in seine Wangen schoss. Voller

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