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Das Wing 4 Syndrom

Das Wing 4 Syndrom

Titel: Das Wing 4 Syndrom Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jack Williamson
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Er hob das Kind hoch, damit es den duftenden Becher Keth an die Lippen halten konnte. Die Flüssigkeit, die so dick wie Blut war, brannte wie rotes Feuer, und der brennende Geschmack veränderte alles. Plötzlich war er – Leleyo!
    Nicht länger fremd, war dieser riesenhafte Baum viele Generationen lang Mutter und Vater und Freund gewesen. Seine Geschichte war die Geschichte seines Volkes. Keth kannte plötzlich ihre ersten unsicheren Jahrhunderte, die harte Suche nach dem Knoten, der Materie und Geist verband, die langen Mühen, das Leben des Planeten und das Leben der Menschheit zu schönerer Harmonie neu zu gestalten. Er kannte die jüngsten Plagen der Kai-Invasion, wußte um das erhoffte Kommen der Humanoiden, war ihnen in heiterer Gelassenheit dafür dankbar, daß sie die von der Zone ausgehende tödliche Strahlung aufgehalten hatten. Und wußte, daß der Baum wieder sicher war.
    Nicht länger ein Fremder, gehörte er hierher. All seine mühsamen Jahre auf Kai waren zu einem unglückseligen Traum verblaßt, und er verspürte Mitleid für den einsamen jungen Mann, der er einmal gewesen war, so oft verletzt, weil er nicht dorthin paßte, weil er nicht verstehen konnte und nicht verstanden wurde. Und weil er es nie gelernt hatte zu heben.
    Nicht länger Fremde waren diese Menschen, die seinesgleichen waren: die winzige, blondhaarige Eyna Oong, die sich so darüber freute, ihren Becher mit ihm zu teilen, und jetzt glücklich von demselben blutenden Ästchen trank, ehe sie den Becher aufs neue füllte; Oya Ila, die solche Freude an ihrem neuen Baby hatte, Reo und Molu, die so stolz darauf waren, daß sie Anteil daran gehabt hatten, es zu formen; Ilo Auli, den die Ankunft seines Sohnes so glücklich machte, der so froh war, einen Enkel begrüßen zu können.
    Keth hielt der kleinen Eyna die Hand hin, um einen weiteren brennenden Tropfen zu erhalten, und drehte sich dann mit seinem Vater herum, um sich der Feier für die Rückkehr des Frühlings anzuschließen. Jetzt kannte er ihre Tänze, und jeder Schritt und jeder Schwung war ein Symbol für irgendein denkwürdiges Ereignis in der großartigen Geschichte seines Volkes.
    Ein Leleyo jetzt, war Keth doch zugleich noch er selbst. Die Wärme der Zugehörigkeit hatte seine Gänsehaut geglättet, und er verspürte den Wind nicht länger. Auch sein Hals schmerzte nicht mehr. Das Stechen seiner Blasen und der Schmerz seiner Schürfwunden hatte aufgehört. Und plötzlich wußte er, daß auch die Blutfäule ihm nicht länger feindlich war, sondern nur noch Unerwünschtes auflöste.
    Als er sich nach Nera Nyin sehnte, wußte er, daß sie zur Zone gegangen war, um dort den Humanoiden zu begegnen. Man mußte ihnen die Sicherheit geben, daß die Leleyos nie ihr Erstes Gebot bedrohen, sie überzeugen, daß die Leleyos selbst ihre Dienste nie brauchen würden.
    Als er Mitleid für Ryn Kyrone und Cyra Sair und Chelni Vorn empfand, wußte er, daß sie jetzt glücklich waren – obwohl dieses Wissen in ihm eine unruhige Frage aufwarf. Ryn und Cyra hatten zu erbittert gegen die Humanoiden gekämpft, und Chelni hatte sie zu geringschätzig verlacht.
    Wie waren sie verändert worden?
    Nachdem man ihre Körper kopiert und ihr Bewußtsein irgendwie geraubt hatte, um den Humanoiden und ihrer Invasion den Weg freizumachen – was konnte da noch für irgendeine Art von Glück zurückgeblieben sein?
    Ohne daß ein Wort gesprochen würde, trat Ilo Auli in den Kreis der Tänzer und nickte ihm und seinem Vater zu, sie sollten ihm folgen. Wenn ihn das Schicksal seiner Freunde wirklich so beunruhigte, würden die Humanoiden es ihm gestatten, sie an ihrem augenblicklichen Aufenthaltsort auf dem Planeten Kyronia zu besuchen.
    Sie brachen wieder schwarze Knospen, um das brennende Blut des Baumes zu schmecken, und dann standen sie Hand in Hand dicht an seinem mächtigen grünen Stamm. Sein Vater kannte den Weg, weil er an Bord der verschollenen Kyrone gewesen war.
    Diesmal war der Sprung leicht.
    Irgendwie sah Keth ihr Ziel: einen mit Steinen gepflasterten Platz, auf dem Humanoiden wie lautlose schwarze Ameisen aus Metall umherhuschten. Ilo Aulis Hand verstärkte ihren Druck ganz leicht, um ihm zu sagen, wenn sie bereit waren. Keth stieß sich nach vorn. Der Luftdruck klickte in seinen Ohren, und sie standen auf dem Pflaster, mitten unter den Humanoiden.

 
41
 
Leyoleyo Das Rassenbewußtsein, in das die einzelnen Leleyos vermittels des Feyobaums und der geheiligten Rituale von Feyolili eingebettet

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