Das Wing 4 Syndrom
ihn. „In der Zone hat niemand mir gesagt, worin die Schwierigkeiten bestehen.“
„Sie sind hier!“ Der Wind nahm ihr den Atem, und ihre Stimme war zu einem kaum hörbaren Flüstern herabgesunken. „Die Humanoiden. Sie sind noch nicht auf Kai, aber im Weltraum, in der Nähe von Malili. Wir hatten Angst, sie würden dein Schiff aufhalten.“
Er war stehengeblieben, um besser hören zu können, aber sie zog ihn besorgt weiter. Die dünne Schneedecke knirschte unter ihren Stiefeln, und der purpurne Himmel vor ihnen wirkte plötzlich drohend.
„Ich habe nicht viel von dem Admiral bekommen …“
„Das … das hat jetzt vielleicht nichts mehr zu bedeuten.“ Sie trottete immer noch beharrlich weiter, und das Atmen fiel ihr schwer. „Wir müssen … mit dem zurechtkommen, was wir haben.“
Sie erreichten eine steinerne Bank, die in die Mauer der Villa eingelassen war, und Keth brachte Cyra dazu, dort auszuruhen. Unter besorgten Blicken auf den Weg, den sie zurückgelegt hatten, flüsterte sie: „Wir haben alles versucht, Keth, alles, was in unserer Macht stand. Jetzt sind wir mit dem Rhodar fertig und haben eine weitere Strahlungsquelle aufgefangen, die sich bewegt. Es muß ein Humanoidenschiff sein. Es näherte sich mit tachyonischer Geschwindigkeit vom Drachen, als wir es orteten.“
„Das Schiff, bei dessen Bau Bosun sie beobachtet hat?“ Der Wind fühlte sich jetzt noch kälter an. „Wenn man ihm geglaubt hätte …“
„Das ist jetzt nicht mehr wichtig.“ Sie schauderte im eisigen Wind. „Wir haben es versucht, Keth. Ich bin zu Brückenmann Greel gegangen. Er war einmal ein Freund, damals auf der Akademie, vor langer Zeit. Er wollte mich einmal heiraten. Seine Sentimentalität hinderte ihn daran, uns wegen Mord anzuzeigen. Ich brachte ihn dazu, daß er deinem Vater zuhörte.“
Sie schüttelte den Kopf.
„Er hat gar nicht richtig zugehört. Er sagte, er hätte nie viel von den Humanoiden gehalten. Er hat nicht einmal versucht, die Rhodardemonstration zu begreifen. Er war trotz allem, was ich sagte, halb davon überzeugt, daß dein Vater ein Schwindler ist, wie ihn die Schiffswache nennt. Ein Schwindler und ein Mörder.
Um meinetwillen hat er das Zusammentreffen arrangiert. Ein paar Raumingenieure und jüngere Flottenbeamte, die sich alle verpflichtet hatten, uns nicht zu melden. Der Zoor-Ingenieur stellte mehr Fragen über das Rhodar, als wir beantworten wollten, aber sonst war keiner sehr beeindruckt.
Obwohl Greel versprochen hatte, uns zu schützen, gab jemand der Schiffswache einen Tip. Sie haben Schwester Vesh am Tag nach dem Zusammentreffen verhaftet. Sie sind ziemlich unsanft mit ihr umgesprungen, aber sie war schlauer als sie. Sie schaffte es, uns eine Nachricht in das Versteck zu schmuggeln, so daß wir noch Zeit zur Flucht hatten.
Und jetzt sind wir hier. Greel ist nach Northdyke weitergezogen und hat uns für den Augenblick in der Hütte des Wachmannes bleiben lassen, aber das geht nicht mehr lange. Wenn die Schiffswache unsere Spur wiederfindet, weiß er offiziell nicht, daß wir hier sind.“
Mit zitternden, kalten Fingern griff sie wieder nach seinem Arm.
„Das ist der Grund, Keth, warum wir dich zurückrufen mußten. Weil wir alles getan haben, was wir können. Jetzt gibt es niemanden mehr, der auch nur über uns lachen würde, und die Brücke hat sich bereits für das Sommerende vertagt. Sie ist jetzt nicht mehr beschlußfähig, bis sie wieder in Northdyke zusammentritt. Und von dem neuen Regenten haben wir auch nichts zu erwarten. Er ist ein pensionierter Kommodore der Schiffswache, der wahrscheinlich mehr Angst vor uns als vor den Humanoiden hat.“
Vor Kälte zitternd erhob sie sich von der Bank.
„Wir brauchen dich, Keth.“
Sie fanden seinen Vater in dem Tunnel unter der Hütte des Wächters. Als sie eintraten, stand er auf und stand so stocksteif da, als erwartete er einen formellen Schutztrupp-Gruß.
Keth ergriff seine Hand, seine gelbe Gesichtsfarbe erschreckte ihn.
„Nun, Skipper!“ Er versuchte zu lächeln, aber Keth sah bloß die blaue Narbe unter den weißen Stoppeln auf seiner Wange. „Wir brauchen dich jetzt.“
Einen Augenblick lang brachte Keth kein Wort hervor. Seine Kehle war wie zugeschnürt, und in seinen Augen brannten Tränen. Jetzt, da er die Geschichte von seiner Mutter und der Narbe gehört hatte, begriff er viele Dinge und konnte sie verzeihen. Er hätte seinen Vater umarmen können, aber dieser unbeugsame Mann wollte keine
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