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Das Winterhaus

Das Winterhaus

Titel: Das Winterhaus Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Judith Lennox
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nickte. Seine vorstehenden, wäßrigen blaugrauen Augen wirkten glasig.
    »Tja, und deshalb wollte ich Ihnen einen kleinen Vorschlag unterbreiten.« Er nahm eine Zigarre aus einer Dose und knipste ihr Ende ab, ohne Maia aus den Augen zu lassen. »Sie haben doch nichts dagegen, wenn ich rauche, Maia?«
    Sie schüttelte den Kopf.
    »Ich kann dafür sorgen, daß Sie wieder in die Gesellschaft aufgenommen werden. Die Kinderstube zählt auch heute noch, selbst in diesen egalitären Zeiten. Ich kann dafür sorgen, daß Sie Einladungen von den richtigen Leuten erhalten. Ihr kleiner Fauxpas wird bald vergessen sein.«
    »Und der Preis?« fragte sie schroff.
    Er lächelte. Seine Lippen waren feucht und leicht geöffnet. Sie sah die Begierde in seinem Blick. »Sie sind Geschäftsfrau, Maia. Ich bin überzeugt, Sie können den Preis kalkulieren.«
    Er umschloß ihr Gesicht mit seiner Hand und zeichnete mit dem Zeigefinger ihr Profil von ihrer Stirn bis zu ihrem Kinn nach. Er legte seine Fingerspitze auf ihren Mund. Er atmete laut und schnell. Seine Berührung widerte sie an, und sie drehte den Kopf weg.
    Ihre Stimme jedoch war ruhig und kalt. »Sie wollen sagen, Lord Frere, wenn ich Ihre Geliebte werde, verschaffen Sie mir dafür ein Entree in die Gesellschaft?«
    »Ich habe mich bemüht, es nicht ganz so grob auszudrücken – aber ja. Eine gerechte Vereinbarung – in aller Diskretion natürlich.«
    »Und Ihre Frau? Ist sie mit dieser – Vereinbarung einverstanden?«
    »Primrose und ich haben unsere eigene Vereinbarung.«
    Einen Moment lang starrte sie ihn an. Dann sagte sie ruhig: »Lord Frere, selbst wenn mir die Türen aller Häuser in diesem Land verschlossen wären, würde ich nicht zu Ihnen ins Bett steigen. Sie ekeln mich an.«
    Sie wollte noch mehr sagen, aber es gelang ihr, sich zu bremsen. Sie sah die plötzliche Kälte in seinen Augen, und sie erschreckte sie. Doch er reagierte nicht mit der körperlichen Gewalt, die sie fürchtete. Vielmehr sagte er eisig: »Mrs. Merchant, Sie haben soeben einen schweren Fehler begangen, den schwersten vielleicht, den Sie je begangen haben.«
    Sie nahm ihre Abendtasche und eilte zur Tür. Seine kultivierte Stimme hielt sie auf, als sie hinauswollte.
    »Es wird natürlich getuschelt, daß Sie mit Ihrem Geschäftsführer eine Liaison haben. Mit diesem Iren. Es gibt auch noch andere, schlimmere Gerüchte. Ich werde mein Bestes tun, sie zu fördern.«
    Maia rannte aus dem Zimmer und zur Haustür hinaus. Auf der Treppe, die zur Auffahrt hinunterführte, wäre sie beinahe gestürzt. Sie fand ihren Wagen bei den Remisen. Ihre Hand zitterte so heftig, daß sie nicht auf den Anlasser drücken konnte. Sie holte ihre Taschenflasche aus dem Handschuhfach und trank einen tiefen Zug, bis der Whisky ihr ins Blut ging und sie wärmte. Dann ließ sie den Wagen an, legte den Gang ein und drückte das Gaspedal durch. In eine Staubwolke gehüllt, raste sie aus dem Hof von Brackonbury House. Obwohl sie normalerweise eine gute Autofahrerin war, schleuderte sie um die Kurven, daß die Reifen quietschten, wechselte krachend die Gänge, ließ die Kupplung zu schnell heraus. Sie wußte, daß sie zu schnell fuhr, aber sie bremste nicht ab. Als sie an einer Kreuzung die falsche Straße nahm, kam sie durcheinander und fuhr noch schneller, um aus dieser fremden, bedrohlichen Gegend zu entkommen, die die Fens geworden waren. Und beim Fahren trank sie.
    Und dann sah sie ihn plötzlich. Sie fuhr eine schnurgerade, schmale Straße entlang. Keine Häuser säumten die erhobene Fahrbahn, nur die leeren, dunklen Felder und Moorwiesen. Aus der Nacht, vom Licht ihrer Scheinwerfer und des Mondes umrissen, trat die einsame Gestalt und blieb am Straßenrand stehen. Ein Mann – mittelgroß; braune Fuchsaugen; ein lächelnder Mund mit kleinen, spitzen weißen Zähnen.
    Vernon. Maia trat das Gaspedal durch und schrie laut, als der Wagen außer Kontrolle geriet und über die Böschung in den Graben stürzte.
    Das kalte Wasser, das um ihre Füße sickerte, weckte sie.
    Sie machte die Augen auf und sah, daß die Welt kopfstand. Schilf und Binsen drückten gegen die gesplitterte Windschutzscheibe, und das Dach des Bentley hing schief über ihr. Sie war in den Raum zwischen Sitz und Armaturenbrett gerutscht. In der Dunkelheit konnte sie das Wasser nicht sehen, aber sie konnte das feine Zischen hören, als es durch Ritzen in der Karosserie in den Wagen sickerte. In ihrer Angst hätte sie sich am liebsten zusammengerollt und

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