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Das Winterhaus

Das Winterhaus

Titel: Das Winterhaus Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Judith Lennox
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trinken, weil es ihr zu peinlich gewesen wäre, es stehenzulassen. Als sie sich umblickte, sah sie, daß die meisten Leute in der Bar Männer waren. Nur wenige Frauen saßen an den Tischen, und sie tranken und rauchten genau wie die Männer. Eine Frau hatte keine Handschuhe an, aber knallrote Fingernägel so wie Maia manchmal, aber sie war nicht so hübsch wie Maia.
    »Ziggy?« sagte Maurice und bot ihr eine Packung Zigaretten an. Helen nahm eine, und er gab ihr Feuer. Sie unterdrückte den Hustenreiz, setzte sich sehr gerade und spielte mit ihrem Glas wie die Frau mit den roten Fingernägeln. Obwohl der Gin abscheulich schmeckte, wirkte er entspannend auf sie. Aus dem Nebenzimmer konnte sie Musik hören. Sie begann mit dem Fuß zu wippen.
    Maurice brachte ihr einen Teller mit Sandwiches und noch einen Gin und erzählte ihr mehr von sich. Eine Kindheit in einem kleinen Badeort am Meer, danach mehrere Jahre in einem Internat in Hampshire. Er hatte die Schule verlassen, als sein Vater gestorben war, hatte sich zum Militär gemeldet, war ausgemustert worden. »Wegen Plattfüßen, können Sie sich das vorstellen«, sagte er und lachte wiehernd.
    Es fiel Helen schwer, sich zu konzentrieren; sie fühlte sich benebelt. Als er innehielt und darauf wartete, daß sie über irgendeinen Witz lachen würde, den sie nicht ganz verstanden hatte, klang ihr Kreischen der Erheiterung ihr selbst fremd und viel zu laut. Nicht einmal stellte er ihr eine Frage über ihre Person.
    Sie aß die Sandwiches und rauchte noch eine Zigarette. Wenn man den Rauch ganz schnell wieder hinausblies, schmeckte es nicht ganz so ekelhaft.
    »Noch einen Drink?« fragte Maurice, und Helen nickte. Der Gin dämpfte das vage Unbehagen, das sie plagte, seit er ihr im Auto die Hand auf den Schenkel gelegt hatte. Sie sah, wie er in die Halle hinausging und mit der Frau am Empfang sprach. Als er den Schlüssel einsteckte, den die Frau ihm gab, sagte sich Helen, daß Maurice sich ein Zimmer genommen haben mußte, um hier zu übernachten. Sie trank ihren dritten Gin, dann führte er sie auf die Tanzfläche. Eine kleine Kapelle spielte die Art träge schleichender Musik, die ihr Vater mißbilligte. »Swing«, nannte Maurice sie. Sie fand sie wunderbar – sie schien ihr direkt in den Körper zu gehen, so daß selbst sie, die tolpatschige Helen, tanzen konnte. Maia hatte ihr vor Jahren in Robins Winterhaus das Tanzen beigebracht. Sie war nur plötzlich wahnsinnig müde. Sie schloß die Augen und stellte sich vor, sie wäre wieder dort, in der kleinen gemütlichen Hütte über dem Fluß.
    Er murmelte: »Hey, schlaf mir nicht ein, Schatz«, und sie sah zu ihm hinauf und schüttelte den Kopf und lachte wieder dieses unnatürliche Lachen. Sie wollte sagen: »Ich finde es nur so schön«, aber sie verhaspelte sich. »Natürlich, Schatz«, murmelte er und zog sie fester an sich. Sein Körper drückte gegen den ihren, und sie spürte seinen Mund in ihrem Nacken. Sein Atem roch unangenehm sauer. Helen stolperte und blieb schwankend in der Mitte der Tanzfläche stehen.
    »Mir ist ein bißchen schwindlig«, sagte sie.
    »Armes Ding. Komm – wir gehen wohin, wo's ruhig ist, hm?«
    Sie glaubte, er wolle sie in den Garten hinausführen, den sie durch das Fenster sehen konnte. Statt dessen jedoch schob er, nein, stieß er sie eine Treppe hinauf, die Hand auf ihrem Gesäß, das Gesicht gerötet von einer Hitze, deren Ursprung sie nicht verstand. Vor einer Tür mit einem Nummernschild aus Messing blieben sie stehen, und Maurice zog den Schlüssel heraus, den die Frau am Empfang ihm gegeben hatte.
    »Das ist doch gemütlich, nicht?« sagte er, als er aufgesperrt hatte und sie ins Zimmer drängte. Sie hörte, wie sich die Tür hinter ihr schloß.
    In dem Zimmer waren ein Stuhl, ein kleiner Tisch, ein Waschtisch und ein Bett. Helen bekam Angst. Sie erkannte mit einem Schlag, daß sie alles falsch verstanden hatte, daß sie ihm den falschen Eindruck vermittelt hatte. Daß er sie für billig hielt.
    »Maurice – es ist vielleicht besser, ich gehe jetzt – es ist sicher schon sehr spät –«, sagte sie nervös.
    »Sei nicht albern. Sei kein albernes kleines Dummchen.« Er küßte sie. Seine Lippen drückten hart auf die ihren, und sein Bärtchen kratzte sie im Gesicht. »Das war doch schön, nicht?«
    Und dann, ehe sie ihn wegstoßen konnte, knöpfte er ihr Kleid auf. Seine Hände umfaßten ihre Taille, glitten über ihren Bauch, suchten nach ihrem Busen. Sie hörte ihn »o Gott«

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