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Das Winterhaus

Das Winterhaus

Titel: Das Winterhaus Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Judith Lennox
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Leute wie Sie glauben, daß man alles kaufen kann, stimmt's?«
    Sogar jetzt noch konnte sie Vernons Stimme hören. »Komm schon, Maia – du würdest dich für ein bißchen Schmuck und einen Schrank voll Kleider verkaufen.« Auch sie war gekauft worden.
    Maia zuckte die Achseln. »Und ist es nicht so?«
    Maia sah die Mischung aus Stolz und Gier und Intelligenz im Blick der Frau und mußte eine gewisse Verwandtschaft anerkennen. Sie wählte ihre Worte mit Bedacht.
    »Ich suche lediglich nach einer Lösung, die uns beiden nützt. Kommen Sie, Mrs. Chapman – Sie sind doch eine praktisch denkende Frau.«
    Wieder zogen sich die braunen Augen zusammen. »Aber da braucht's schon mehr als ein oder zwei Pfund, das sag ich Ihnen.« Maias Herz begann schneller zu klopfen. Das war der Teil, den sie stets genoß; wenn das Geschäft zustande gekommen war und es darum ging, die Bedingungen auszuhandeln.
    »Ich dachte an zwanzig Pfund«, sagte sie.
    »Zwanzig Pfund!« spie Sarah Chapman verächtlich. »Wenn Sie ein großes Haus und ein Auto und soviel Geld haben, Mrs. Merchant, dann können Sie auch höher gehen. Mir steht das Wasser vielleicht bis zum Hals, aber blöd bin ich nicht.«
    »Dann dreißig.«
    »Kommt nicht in Frage.« Mrs. Chapman begann den Tisch mit einem Zipfel ihrer schmutzigen Schürze zu wischen. »Ich will raus aus dieser Bruchbude hier. Und dafür brauch ich mehr als dreißig Pfund.«
    Maia mußte zugeben, daß diese Person genau wußte, was sie wollte. Wie sie selbst auch. Es machte Sarah Chapman, genau wie ihr selbst, Spaß, die Regeln zu brechen.
    »Ihnen ist klar, daß wir diskret sein müssen. Wenn Sie plötzlich wesentlich besser dastünden, würden sehr schnell Fragen gestellt werden. Und das wäre für uns beide unangenehm.«
    Schweigen. »Dann eine wöchentliche Summe. Das wäre in Ordnung.«
    »Drei Pfund die Woche, zwei Jahre lang«, sagte Maia. »Fünf. Fünf Jahre lang.«
    Maia schüttelte den Kopf. Sie dachte mit Widerwillen, daß sie an diese Frau, diesen Schmutz nicht länger als unbedingt nötig gebunden sein wollte. Sie machte Anstalten zu gehen.
    Als sie die Hand schon am Türknauf hatte, hörte sie Sarah Chapman sagen: »Dann auf drei Jahre.«
    Sie war tief erleichtert. Ihr Mund war so trocken, daß sie kaum sprechen konnte.
    »Ja. Das ist vernünftig. Damit bin ich einverstanden. Ich werde veranlassen, daß Ihnen das Geld bezahlt wird, sobald Sie der Polizei mitgeteilt haben, daß Sie Ihre Anzeige gegen Miss Ferguson in vollem Umfang zurückziehen.«
    »Das wird denen aber nicht gefallen«, meinte Sarah Chapman zweifelnd.
    »Ganz sicher nicht.« Maia lächelte. »Aber Sie sind eine erfinderische Frau. Ihnen wird schon etwas einfallen. Und denken Sie immer daran, Mrs. Chapman, daß Sie unser kleines Geschäft absolut für sich behalten müssen. Wenn nicht, bringen Sie sich selbst genauso in Teufels Küche wie mich.«
    Damit ging sie. Auf dem Rückweg zum Wagen merkte sie, daß ihre Knie ein wenig zitterten. Sie hatte soeben, dachte sie, das wichtigste Geschäft ihres Lebens erfolgreich abgeschlossen.
    Nachdem Neil Mackenzie Robin mitgeteilt hatte, daß ein deutsches Flugzeug die Maschinengewehrstellung bombardiert hatte, die mit Joe und einem anderen Mitglied der Internationalen Brigaden besetzt gewesen war, erklärte er ihr, daß die Bombe direkt getroffen hatte und Joe in Brunete in den Gräben beerdigt worden war. Robin hatte gewußt, was das hieß: Es war nicht genug für ein Begräbnis von Joe übriggeblieben.
    Neil Mackenzie schlug ihr vor, eine Weile frei zu nehmen, aber das lehnte sie ab. Sie hatte zu arbeiten. Sie erledigte ihre Pflichten auf der Station mit einer kurz angebundenen Resolutheit. Ihre Blicke waren eine Herausforderung an die anderen, sie zu kritisieren oder zu bemitleiden. Sie klammerte sich an die Arbeit, weil sie das einzige war, was ihr geblieben war.
    Bei lauten Geräuschen fuhr sie zusammen, und nachts erwachte sie häufig aus grauenvollen Träumen, so daß selbst die wenigen Stunden Schlaf, die ihr gegönnt waren, nicht ungestört waren. Sie konnte nicht essen und magerte ab, und ständig war ihr kalt. Abends hockte sie in ihrem Mantel über ihrem Nachthemd auf ihrem Feldbett in den Stallungen und las immer wieder Joes Brief.
    Wenn sie frühmorgens erwachte, fiel ihr mit einem eisigen Schrecken, bei dem sich ihr Herz zusammenzog und ihr ganzer Körper zitterte, ein, daß Joe tot war. Und immer von neuem wiederholte sich den ganzen Tag über diese Rückkehr zu

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