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Das Winterhaus

Das Winterhaus

Titel: Das Winterhaus Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Judith Lennox
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Schuhe mit hohen Absätzen. Auf die hohen Absätze verzichtete sie nie, weil sie mit ihnen größer wirkte, aber jetzt wünschte sie beinahe, sie hätte ein langes Sackkleid an und Gummischuhe.
    Er grinste. »War das alles, was Sie mir sagen wollten, Sie Schatz? Oder kann ich sonst noch was für Sie tun?« Er legte seine Hand auf ihre Schulter; unwillkürlich wich sie zurück. Der Hund hockte keuchend an der Tür.
    »Sie wollen es sich also nicht noch einmal überlegen?«
    Er sagte leise: »Kommt drauf an, was Sie mir bieten, Darling.« Seine kurzen Stummelfinger krochen langsam von ihrer Schulter zu ihrer Brust. Ohne zu überlegen, senkte sie den Kopf und schlug ihre Zähne in sein Handgelenk.
    Bei seinem Aufschrei sprang der Hund knurrend auf. Robin jedoch sah ihre Chance, und als Eddie Harris hastig seine Hand zurückriß, rannte sie um den Hund herum und lief durch die Tür auf die Straße hinaus.
    Dr. Mackenzies Reaktion, als sie ihm am Abend von dem Vorfall erzählte, bestürzte sie.
    »Was, Sie haben den Hauswirt aufgesucht? Eddie Harris? Sie sind ganz allein zu ihm gegangen, um diesen hirnlosen Idioten zu überreden, die Miete herunterzusetzen?«
    »Was hätte ich denn sonst tun sollen?« entgegnete Robin, sich verteidigend. »Jemand mußte es doch versuchen.«
    Er schlug mit der Faust auf den Tisch. »Aber nicht Sie, Robin! Und schon gar nicht allein!«
    Plötzlich war auch sie zornig. »Ich bin kein Kind, Neil. Ich fühle mich meiner Arbeit verpflichtet.«
    »Sie arbeiten für mich«, sagte er kalt. »Wenn Sie noch einmal eine solche Dummheit machen, wird das nicht mehr der Fall sein. Haben Sie verstanden?«
    Sie sah ihn wütend an.
    Er fügte mit einem gereizten Seufzer hinzu: »Dieser Mann ist ein Tier – ich habe schon mehr als einmal den Schaden wiedergutmachen müssen, den er angerichtet hatte. Verstehen Sie denn nicht, Robin – das Schlimmste hätte passieren können –«
    »Aber dieses arme Kind!« rief sie, sich des Mädchens in der Küche erinnernd. »Könnten Sie nicht wenigstens etwas für sie tun, Neil?«
    »Nicht, wenn die Kleine einen Geburtsschaden hat. So etwas kommt vor, und es ist tragisch, aber es gibt gewisse Dinge, die man nicht heilen kann.«
    »Wenn Sie sehen könnten, wie sie lebt!«
    »Was wäre denn Ihrer Meinung nach besser für sie, Robin? Wenn sie im Armenhaus untergebracht wäre? Oder in einem Waisenhaus? Eine andere Möglichkeit gibt es nicht für sie. Das arme kleine Ding ist wahrscheinlich dort, wo es ist, am besten aufgehoben. Es mag schmutzig sein, aber wenigstens ist sie bei ihrer Familie. Die geistig behinderten Kinder der Reichen werden häufig in sogenannte Heime verfrachtet und für immer vergessen – manche Menschen glauben nämlich, diese Krankheiten seien erblich, und schämen sich der armen Kinder. Ich habe einige dieser Heime gesehen, Robin, und sie sind schlimmer als das, was Sie heute morgen gesehen haben.«
    Dr. Mackenzie begann seine Akten in einen Schrank zu räumen. »So, gehen Sie jetzt. Und vergessen Sie nicht, was ich gesagt habe. Bleiben Sie objektiv. Mischen Sie sich nicht in Dinge ein, die sich nicht ändern lassen.«
    Es war einfach, dachte sie anfangs, in Vernons Büro zu sitzen und Vernons magerer und strenger Sekretärin, Miss Dawkins, Briefe zu diktieren oder zweimal am Tag durch das Kaufhaus zu wandern und die Verkäuferinnen zu erschrecken, wenn sie mit dem Finger über die Verkaufstische strich, um festzustellen, ob sie staubfrei waren.
    Zu einfach. Nach einigen Wochen erkannte Maia, daß man sie auf ein Abstellgleis geschoben hatte, daß Merchants altbewährtes Triumvirat sie ebenso erfolgreich ausschloß, wie einst Vernon sie von Macht und Einfluß ausgeschlossen hatte. Während sie gelangweilt in ihrem Büro saß, trugen die Abteilungsleiter und die Einkäufer ihre Probleme weiterhin zu Liam Kavanagh. Ihre Montagsbesprechungen mit dem Buchhalter, dem Geschäftsführer und dem Chefeinkäufer waren nichts als Theater, das sie ihr vorspielten, um sie bei Laune zu halten. Die Briefe, die sie unterzeichnete, waren nur ein kleiner Teil der Korrespondenz, die Miss Dawkins erledigte; die überwiegende Zahl der Briefe, die Maias Sekretärin jeden Tag tippte, war von Liam Kavanagh diktiert.
    Als sie Mr. Underwood und Mr. Twentyman deswegen Vorhaltungen machte, versuchten diese ein, zwei Tage lang, sie zu besänftigen. Doch die Probleme, mit denen sie zu ihr kamen, waren so lächerlich, die Fragen, die sie mit ihr zu besprechen vorgaben, so

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